Die Frau an Seiner Seite
den Grundstein für eine Freundschaft. Wenn Hannelore einmal einen Menschen in ihr Herz geschlossen hatte, dann war sie eine treue Seele. Es war stets Hannelore, die sich regelmäßig telefonisch bei der in Berlin geborenen Künstlerin meldete und Verabredungen traf. Die einst von Hans-Werner Henze und Herbert von Karajan entdeckte Sopranistin erzählte Hannelore gerne von ihrem bewegten Künstlerleben, das diese außerordentlich faszinierte. Auf großes Interesse stieß auch Edda Mosers Tätigkeit als Professorin für Gesang an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln sowie als Leiterin internationaler Meisterkurse. Würde Hannelore noch leben, wäre sie sicherlich ständiger Gast des »Festspiels der deutschen Sprache« im historischen Goethe-Theater von Bad Lauchstädt, das Edda Moser im Jahr 2006 initiierte. Die bekannte Künstlerin gehörte zwar nicht zum harten Kern in Hannelores Freundschaftsnetz. Gleichwohl bedeutete ihr die Ausnahmekünstlerin eine ganze Menge; sie schätzte neben Mosers künstlerischer Virtuosität vor allem ihre menschlichen Qualitäten und ihre große Fürsorglichkeit.
Von anderer Qualität war die enge freundschaftliche Beziehung zu der Österreicherin Adele Sungler. Die beliebte Heimatdichterin und viel gelesene Autorin historischer Werke war nicht nur zur Urlaubszeit in Sankt Gilgen eine beliebte Gesprächspartnerin und Begleiterin für unzählige Unternehmungen in der Region Salzburg. Mit Adele ging Hannelore shoppen, ins Theater, in Konzerte. Die um viele Jahre ältere Freundin erhielt vor allem während der ungeliebten Urlaubswochen Einblick in vieles, was Hannelore überhaupt nicht passte, wozu sie sich gezwungen fühlte und was sie hasste wie die Pest. Dazu zählten an erster Stelle die zahllosen Fototermine des Ehepaars Kohl. Für die Presse musste Hannelore liebevoll Tiere streicheln und die zufriedene Ehefrau mimen. Dabei konnte von einer glücklichen Familienidylle längst keine Rede mehr sein.
Zu erwähnen ist schließlich noch die in Frankreich lebende Deutsche Anke de Scitivaux, die viele Jahre als Producerin und rechte Hand von Peter Scholl-Latour im ZDF-Studio Paris arbeitete. Zu ihrer Zeit als First Lady von Rheinland-Pfalz war Hannelore ihr gern gesehener Gast. Die beiden Frauen pflegten eine Freundschaft, die auch zu gemeinsamen Urlauben führte. In einer Mail begründete Anke de Scitivaux ihre Absage, mir als Zeitzeugin für ein Interview zur Verfügung zu stehen. Gleichwohl war sie bereit, einige Zeilen über Hannelore zu formulieren: »In ihrer Doppelrolle für Außenstehende vielleicht nicht immer erkennbar, war sie in ihrer Freundschaft von außerordentlicher Präsenz, Treue und großer Fürsorge. Sie war eine kluge Frau, die es verstand, mit Worten Wunden zu heilen, die leise Töne liebte und das Warten-Können beherrschte, die sich mit kritischen Situationen arrangieren und emotionale Krisen relativieren konnte, die stets – obwohl selbst sehr verwundbar – Stärke zeigte. Ich habe sie bewundert, ich habe sie geliebt. Es war ein großes Glück, sie zu kennen und sie wird mir unvergesslich bleiben.«
In den Monaten vor ihrem Tod setzte Hannelore fast nur noch auf ihr Freundschaftsnetz. Sie organisierte generalstabsmäßig Besuche einzelner Freundinnen in Ludwigshafen oder fuhr spontan und sehr kurzfristig spätabends oder in der Nacht zu ihnen. Dank ihres großen Organisationstalents war sie in den schweren Wochen und Monaten ihres gesundheitlichen Angeschlagenenseins praktisch kaum noch allein. Größere Reisen waren zwar nicht mehr möglich, aber Kurztrips zur nächtlichen Stunde vor allem in den Umkreis waren bei Hannelore sehr beliebt. Geschickt nutzte sie die Freizeit und die Mobilität ihrer Freundinnen. Sie bat regelmäßig, ja sie bettelte um Besuche in Oggersheim. Das Telefon war ihr wichtigstes Kommunikationsmittel in diesen schweren Monaten und der unverzichtbare Zugang zur Außenwelt. Tag für Tag, oft mehrere Tage an einem Stück, hielten sich Freundinnen abwechselnd in Ludwigshafen auf, erlebten die abgedunkelten Räume, die abgesenkten Raumtemperaturen. Diese bedrückenden Umstände waren oftmals kaum auszuhalten – aber für alle eine Herausforderung, die klaglos bewältigt werden musste. Die Freundinnen berichten übereinstimmend über stundenlange Spaziergänge im Dunkeln, über nächtliches Schaufenstergucken in Mannheim oder Heidelberg. Dort gab es auch zwei Restaurants, die die Frauen hin und wieder besuchten, da die Tische dort nur
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