Die Frau an Seiner Seite
Hannelore gewaltig. Sie sah die Notwendigkeit des Personenschutzes ein und hoffte, dass ihre Familie unversehrt blieb.
Es waren nicht allein Sicherheitsgründe und schon gar nicht Wichtigtuerei, als sich das Ehepaar Kohl entschloss, ein geeignetes Grundstück für ein größeres Haus zu suchen. Es sollte für repräsentative Aufgaben, Einladungen und Empfänge gebaut werden, wie es das Amt des rheinland-pfälzischen Regierungschefs erforderte. Zwar war das Eigenheim in der Tiroler Straße noch nicht ganz bezahlt, aber der Verkauf brachte einen guten Gewinn, der als Grundkapital für den geplanten Neubau eingesetzt werden konnte. Bei der Suche nach einem Bauplatz landete Hannelore im Ludwigshafener Stadtteil Oggersheim. In einem ansehnlichen Bungalow-Viertel wurde sie fündig. Als auch Helmut grünes Licht gegeben hatte, konnte sie sich mit Feuereifer auf das neue Projekt stürzen. Wieder übernahm sie die komplette Planung und Bauaufsicht. Wieder verhandelte Hannelore mit dem Architekten und legte ihrem Mann die fertigen Baupläne zur Zustimmung vor. Und wieder musste eine Einliegerwohnung für Irene Renner bei den Planungen berücksichtigt werden. Hannelores Mutter steuerte auch diesmal zur Finanzierung des Bauprojekts erheblich mit bei. Nach der Neu-Gründung der Firma Mey & Edlich war die Miterbin Irene Renner mit einem kleinen Anteil Kommanditistin geworden. Dafür kassierte sie jährlich immerhin zwischen 20 000 und 30 000 D-Mark. Diesen glücklichen Umstand konnten die Eheleute Kohl bei der Finanzierung ihres neuen Bungalows mitberücksichtigen.
Hannelore sorgte dafür, dass die verschiedenen Bereiche innerhalb des neuen Hauses sauber voneinander getrennt waren: der Privattrakt mit Schlafzimmern, Bad und Toiletten für Eltern und Kinder befand sich im ersten Stock. Mutter Irene bekam ihre Einliegerwohnung mit eigenem Eingang, Schlaf-, Wohnzimmer, Kochnische und Bad im Hochparterre. Es war Hannelores Idee, Küche und Esszimmer sowie ein großes repräsentatives Wohnzimmer mit angeschlossenem Arbeitszimmer in das Parterre zu legen. Bei alledem mussten Sicherheitsmaßnahmen berücksichtigt werden. Seit Helmuts Amtsübernahme als Regierungschef in Mainz galten für die Privatwohnung Vorschriften, die zwingend einzuhalten waren. Als besonderen Luxus leistete sich das Ehepaar Kohl auf dem relativ kleinen Grundstück einen Swimmingpool, den vor allem Hannelore bis zu ihrem Tod regelmäßig nutzte. Wenige Meter vom Haus entfernt wurde eine Unterkunft für Polizeibeamte errichtet, die rund um die Uhr das Anwesen der Kohls bewachten und jeden Besuch registrierten.
Ganz in ihrem Element dirigierte Hannelore das Baugeschehen, überwachte wieder jedes einzelne Gewerk. Wie bei jedem anderen Hausbau wurden Fertigstellungstermine überschritten und Kosten überzogen. Dies dürfte das Finanzbudgets der Familie Kohl nicht unerheblich strapaziert haben, es wäre nicht überraschend, wenn die Kohls sich dafür hätten verschulden müssen. Die Kreditwürdigkeit ihres Mannes schien zwar grenzenlos, doch zu Hannelores Finanzgebaren gehörte das von den Eltern übernommene Prinzip, nur das Geld auszugeben, das man auch besaß. Diesmal musste sie davon abrücken und bemühte sich bei der Prüfung des Budgets, Sparmaßnahmen dort einzuleiten, wo sie die geringsten Einschnitte verursachten.
Im Herbst 1971 war das Bauprojekt endlich abgeschlossen, dem Umzug in das neue Haus stand nichts mehr im Wege. Auch diesmal hatte die Bauherrin wieder ihre innenarchitektonischen Fähigkeiten unter Beweis stellen und die Ausstattung des Bungalows nach eigenen Vorstellungen gestalten können. Es lag nicht nur an Helmuts Vereinnahmung durch sein Ministerpräsidentenamt, sondern auch an seinem geringen Interesse, auf die Ausstattung Einfluss zu nehmen. Gerne überließ er seiner Frau jeden Handlungsspielraum, das neue Eigenheim optimal mit ihrer persönlichen Note wohnlich so einzurichten, wie es ihr gefiel.
Was Hannelore Anfang der Siebzigerjahre mit dem Bungalowbau in Oggersheim zu Ende brachte, hatte über viele Jahre Bestand. Mancher Staatsgast erinnert sich noch heute an hochbrisante Gespräche und richtungweisende Entscheidungen, die in den von Hannelore gestalteten Räumlichkeiten stattfanden. Vor allem während Kohls Kanzlerschaft wurde der Oggersheimer Bungalow zur wichtigen Adresse für mächtige Staatslenker der Welt. Hier fielen zum Teil historische Entscheidungen. In der Darstellung der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland wird man
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