Die Frau an Seiner Seite
Probleme die First Lady von Rheinland-Pfalz zu bewältigen hatte, wurde von der breiten Masse kaum wahrgenommen. Neben Helmut Kohl wussten nur ganz wenige Vertraute von den Ängsten und der Überwindung, die öffentliche Auftritte Hannelore kosteten. Gerne hätten die Parteistrategen der Landes-CDU die Sympathieträgerin viel öfter eingesetzt. Aber sie dosierte ihre Auftritte ganz gezielt. So gibt es zum Beispiel auch keine Werbefilme, in denen Hannelore eine Rolle spielte. Und das begrenzte Fotomaterial durfte für Wahlkampfbroschüren nur dann benutzt werden, wenn sie ihr Okay gegeben hatte. Was Journalisten und Fotografen am meisten ärgerte, war Hannelores kategorische Ablehnung von Homestories. Das Privatleben in Ludwigshafen schottete sie total ab. Es gab keine Interviews, die in der Privatwohnung geführt wurden. Es gab keine Besuche von Journalisten und Fotografen im Ludwigshafener Eigenheim. Wie eine Löwin stellte sie sich vor ihre Kinder, die von niemandem fotografiert oder interviewt werden durften. Die Fotos, die die intakte Familien-Idylle im Hause Kohl zeigten, waren zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung bereits etliche Monate alt. Diese Grundsatzentscheidung, niemandem zu gestatten, ihre Kinder zu fotografieren, hielt Hannelore über Jahrzehnte durch. Gleichzeitig lehnte sie es ab, Fragen zu ihren beiden Buben Walter und Peter zu beantworten. Eine Einstellung, die von vielen Journalisten als falsch und übertrieben angesehen wurde. Sie verstanden nicht, warum die Trennung des privaten vom öffentlichen Leben so streng gehandhabt wurde.
Für Hannelores konsequente Haltung gab es in den Jahren der terroristischen Bedrohung durch die RAF sicherlich gute Gründe. Für die Zeit davor und danach fehlte den Medienmenschen jegliches Verständnis. Viele, auch angesehene Journalisten, hielten Hannelores Bemühen für krankhaft. Stets achtete sie vehement darauf, dass niemand die Grenze zum Privaten überschritt. Obwohl Hannelore von Journalisten durchweg gut und vor allem weit besser als ihr Mann behandelt wurde, war ihr diese Berufsgruppe bis auf ganz wenige Ausnahmen verhasst. Das Feindbild des Journalisten pflegte sie bis zu ihrem Tod und übertrug diese Einstellung auch auf ihre Kinder. Sie begründete ihre fanatische Abneigung Journalisten gegenüber mit üblen Erfahrungen, die sie während der ersten Jahre der Ministerpräsidenten-Ära ihres Mannes gemacht habe. Es gab einige Beispiele, die Hannelore oft erzählte, wie sie von Journalisten schlicht hintergangen wurde. Vertrauensmissbrauch blieb bei ihr hängen und für alle Zeit unvergessen. Auch hasste sie den Zynismus und die Arroganz im Politik- und Medienbetrieb. Hannelore fand erst in den Neunzigerjahren einen eigenen Weg, sich gegenüber Journalisten zu behaupten und deren Arbeit anzuerkennen. Sie pflegte auf ihre Art Kontakte vor allem zu Journalistinnen, die sie erst einmal kennenlernen wollte, bevor ein einziger Satz über sie veröffentlicht wurde. Wer allerdings je ein kritisches Wort über ihren Mann oder gar über sie geschrieben oder gesendet hatte, musste mit der Höchststrafe rechnen: der Nichtbeachtung. Auch dieses Prinzip behielt sie bis zu ihrem Tod bei. Um Hannelore in der Ministerpräsidentenzeit für ein Interview zu gewinnen, bedurfte es eines langen Atems. Es konnten Monate und sogar Jahre vergehen, bevor die Einwilligung zu einem Gespräch vorlag. Mancher Mainzer Landeskorrespondent verzweifelte an ihrer Art des langen Vertröstens, an dessen Ende oftmals eine eindeutige Absage stand. Warum die First Lady für eine Entscheidung so lange Zeit benötigte, bleibt ihr Geheimnis. Über ihre »Zickigkeit« können sich ganze Journalistengenerationen bis heute noch aufregen.
Die Berichterstattung über die Frau an der Seite des Ministerpräsidenten war für alle ein schwieriges Geschäft. Dabei ging es inhaltlich so gut wie nie um Politik. Diese Thematik schloss Hannelore ebenso aus wie die bereits erwähnten Fragen zu den Kindern. Auskunft gab sie hingegen gerne über ihr soziales Engagement, bei dem es damals schon um Hirnverletzte in Rheinland-Pfalz ging. Auch über ihre zweimal wöchentlich in Ludwigshafen durchgeführten Sprechstunden berichtete sie stolz. Hannelores sprichwörtliche Geduld und ihre Begabung zuzuhören, stieß bei den Betroffenen, die mit ihren Problemen zu ihr kamen, auf große Achtung. Sie spürten, wie ernst sie genommen wurden, und dass es Sinn machte, bei Hannelore vorzusprechen. Verzweifelte Mütter suchten
Weitere Kostenlose Bücher