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Die Frau an Seiner Seite

Die Frau an Seiner Seite

Titel: Die Frau an Seiner Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heribert Schwan
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Rat bei ihr, wenn sie mit der Erziehung nicht zurechtkamen. Arbeitslose beknieten sie um einen neuen Job. Auch damals stand das Thema Arbeitslosigkeit ganz oben, die Verzweiflung der Betroffenen bekam Hannelore hautnah mit. Sie wusste durch eigenes Erleben nach dem Krieg, was ein solches Schicksal bedeutete. Sensibel behandelte sie auch Schulprobleme, für die sie wegen ihrer eigenen schulpflichtigen Kinder ein besonders offenes Ohr hatte. Die junge Landesmutter versprach wenig, half aber umso effektiver. Es reichte ihr nicht, die Informationen weiterzuleiten und die Ministerialbürokratie auf Unzulänglichkeiten aufmerksam zu machen. Sie suchte praktische Lösungen, die rasch Abhilfe schufen. Für juristische Fragen standen ihr Experten der Staatskanzlei zur Verfügung. Im Zweifel ließ sie sich aber gerne von ihrem gesunden Menschenverstand leiten. Ohne Bezahlung und ohne Sekretärin leistete sie Hilfe und Unterstützung für Betroffene: Arme, Kranke, verschuldet oder unverschuldet in Not geratene Menschen. Beinahe, ganz im Stillen, ohne Presse, Rundfunk und Fernsehen, tat sie für die Öffentlichkeitsarbeit der Mainzer Kohl-Regierung mehr, als man auf den ersten Blick erkennen konnte. Es sprach sich herum, dass sich der Weg nach Ludwigshafen zur Frau des Ministerpräsidenten lohnte. Mit Dankesbriefen überschüttet, empfand die Fürsprecherin für gestrandete, geschädigte und bedürftige Bürger Gefallen an diesem sozialen Dienst. Er verschaffte ihr ein Stück Befriedigung über den Alltag einer alleinerziehenden Mutter mit all ihren eigenen großen und kleinen Sorgen hinaus.
    * * *
    Das Amt des Ministerpräsidenten ihres Mannes brachte der First Lady nicht nur Belastungen und neue Herausforderungen. Seit Mai 1969 gab es auch eine Reihe von Annehmlichkeiten. Dazu zählten nicht nur Freikarten zu karnevalistischen Fernsehsendungen wie »Mainz wie es singt und lacht« oder Einladungen zu Festen und Feiern in der Landeshauptstadt oder Winzerfeste in den wunderbaren rheinland-pfälzischen Weinanbaugebieten, sondern auch Abendessen in den besten Restaurants des Landes. Allerdings machte Hannelore von den meisten dieser Angebote viel zu selten Gebrauch. Kinder, Mutter, Hund und Haus hielten sie zu häufig davon ab, als Frau an seiner Seite Auftritte mit Helmut richtig zu genießen, Ess-, Trink- und Diskussionskultur ausgiebig zu pflegen. Hannelore war keine Feinschmeckerin, legte weniger Wert auf ausgefallene Speisen, sondern bevorzugte Hausmannskost, trank zwar gerne Champagner in Maßen, aber auch Bier, Pfälzer Riesling und französischen Rotwein. Sie fand wenig Gefallen an ausgiebigem Trinkgelage, und ganz im Gegensatz zu ihrem Mann achtete sie ganz besonders auf ihre Figur. Gesunde Ernährung für sich und ihre Kinder war ihr äußerst wichtig. Dabei orientierte sie sich an wissenschaftlichen Erkenntnissen. Auch in dieser Beziehung lebte sie ihren Kindern Disziplin im Essen und Trinken vor. Was möglichst nicht an die Öffentlichkeit durfte, war ihre Leidenschaft für das Rauchen. Im Hause Kohl sorgte der Pfeifenraucher Helmut über viele Jahre für einen permanenten Tabakgeruch, während Hannelore versuchte, ihren Zigarettenkonsum auf ein Minimum zu beschränken. Während der Schwangerschaft hatte sie vollends auf den Rauchgenuss verzichtet. Erst als die Kinder größer waren, neigte sie zu stärkerem Tabakkonsum, vor allem in geselliger Runde mit den Freundinnen. Ihre Söhne sind überzeugte Nichtraucher. Die Mutter hatte sie auf die Gefahren des Rauchens eingeschworen, ohne selbst vom Nikotin gänzlich abzulassen.
    Hannelore war eine oft überängstliche Mutter, die in ihrer manchmal erdrückenden Fürsorge für ihre Söhne nicht nachließ. Sie empfand es daher auch keineswegs als Nachteil, als nach der Wahl ihres Mannes zum Ministerpräsidenten ein Wohnwagen mit zwei Polizisten vor ihrem Haus in der Tiroler Straße aufgestellt wurde. Polizeibeamte bewachten fortan rund um die Uhr das Kohlsche Eigenheim. Außerdem folgte Helmuts Dienstwagen mit Chauffeur Ecki Seeber grundsätzlich ein Auto mit einer Sicherheitsbesatzung aus zwei Beamten. Hannelore hielt in ihrer freundlichen Art Kontakt zu diesen Menschen, unterstützte sie in ihren beruflichen Pflichten und akzeptierte dankbar die Sicherheitsvorkehrungen für ihre Familie. Das eitle Geschwätz von der angeblichen persönlichen Belastung durch Sicherheitskräfte, wie es viele Politiker und deren Frauen immer wieder glauben erzählen zu müssen, ärgerte

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