Die Frau an Seiner Seite
souverän. Nicht zuletzt beweisen die vielen Kondolenzschreiben nach ihrem Tod, wie beliebt sie nicht nur bei den Großen der internationalen Politik war, sondern wie sehr sie vom einfachen Volk verehrt und gemocht wurde.
IM RAMPENLICHT
Der Umzug vom Büro des Fraktionsvorsitzenden ins Bundeskanzleramt einen Tag nach der Wahl am 2. Oktober 1982 vollzog sich ohne öffentliches Aufsehen. Während die Bonner Journalisten ihr Wochenende genossen, brachte Helmut Kohl zusammen mit Hannelore, den Söhnen Walter und Peter sowie mit Fahrer Ecki Seeber und dessen Kollegen den Wechsel über die Bühne. Sie wurden kräftig unterstützt von Kohls engsten Mitarbeitern Juliane Weber, Eduard Ackermann, Horst Teltschik und Wolfgang Bergsdorf. Helmut Schmidt hatte sein Büro vollständig räumen lassen, auch das Vorzimmer konnte bereits bezogen werden. Nachdem das Ehepaar Schmidt auch den Kanzlerbungalow verlassen hatte, kündigten die Kohls den Mietvertrag ihres Hauses in Wachtberg-Pech. Dem Umzug in den 1964 fertig gestellten Kanzlerbungalow im Park zwischen dem Bundeskanzleramt und dem Palais Schaumburg stand nichts mehr im Wege.
Den Bau des Kanzlerbungalows hatte einst der frühere Wirtschaftsminister und spätere Kanzler Ludwig Erhard in Auftrag gegeben. Der Architekt Sep Ruf übernahm die Aufgabe, ein repräsentatives und modernes Gebäude in der Tradition der klassischen Moderne zu errichten. Der Kanzlerbungalow verfügt über einen privaten Wohn- und Schlafbereich und einen großen repräsentativen Teil mit Empfangshalle, Empfangsraum, Speisesaal und Küche. Seit Mitte der Sechzigerjahre stand das Gebäude, das als herausragendes Beispiel westdeutscher Nachkriegsarchitektur gilt, den Bonner Kanzlern zur Verfügung. Ludwig Erhard, Kurt Georg Kiesinger und Helmut Schmidt hatten hier gewohnt. Willy Brandt und Gerhard Schröder bewohnten andere Domizile. Die längste Zeit würde das Ehepaar Kohl mit mehr als 16 Jahren dort zubringen. Der Kanzlerbungalow war traditionell der Ort, an dem wichtige politische Entscheidungen getroffen wurden. Hier trafen die Großen der Welt mit dem deutschen Kanzler zusammen. Hier wurden Staats- und Regierungschefs zu Gesprächen von historischer Tragweite empfangen. Von hier aus gingen Bilder um die Welt, die für die Geschichte der Bonner Republik von Bedeutung sind. Im Laufe der Jahre versuchte Hannelore, die oft bemängelte Behaglichkeit zu verbessern, indem sie mehrmals Änderungen bei der Ausstattung vornahm. So wurden beispielsweise die Klinkerwände mit einem Seidenstoff überzogen, dimmbare Leuchten eingebaut und ein großer Perserteppich angeschafft. Doch von Wohlfühlen konnte keine Rede sein. Öffentlich äußerte sie sich dazu nie, weil sie fürchtete, Kritik an der Architektur könne ihr als Arroganz ausgelegt werden. Gleichwohl ließ sie durchblicken, dass manches im Kanzlerbungalow nicht gelungen war, vor allem, was die Funktionalität der Räumlichkeiten anging. Und dass es nicht einmal einen privaten Eingang zum Bungalow gab, konnte sie überhaupt nicht nachvollziehen.
Hannelore pendelte ständig zwischen Ludwigshafen und Bonn. Ihr erster Wohnsitz blieb das Haus in Oggersheim. Mit der Kanzlerschaft ihres Mannes trat sie noch mehr ins Rampenlicht. In der Mainzer Zeit hatte sie bereits erlebt, dass sie auf Schritt und Tritt von den Medien verfolgt wurde, sobald sie sich in die Öffentlichkeit begab. Das in ihren Augen eher miserable Berufsbild der Journalisten war hier begründet worden. An der Seite des Bonner Oppositionsführers hatte sie eine äußerst kritische und aus ihrer Sicht ungerechte Presse erlebt, die ihrem Mann nur schaden wollte und ihn gnadenlos niederschrieb – wodurch dieses Bild zementiert wurde. Jetzt rechnete sie mit einem noch schwierigeren Verhältnis zu den Medien, fühlte sich aber durch ihre Erfahrungen aus der Vergangenheit besser gewappnet, damit umzugehen. Viele Medienvertreter glaubten, der neue Kanzler, der »Mann aus der Provinz«, werde sich kaum halten können und spätestens bei der nächsten Bundestagswahl scheitern. Und die würde schließlich bald ins Haus stehen. Nach den dramatischen Ereignissen der letzten Zeit hatte Hannelore die Ankündigung ihres Mannes vor den Unionsmitgliedern des Deutschen Bundestages, sich in einer vorgezogenen Bundestagswahl am 6. März 1983 den Bürgern zu stellen, völlig unvorbereitet getroffen. Sie konnte nicht nachvollziehen, dass ihr Mann so früh auf einer solchen Bestätigung im Amt bestand. Es erschien ihr
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