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Die Frau an Seiner Seite

Die Frau an Seiner Seite

Titel: Die Frau an Seiner Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heribert Schwan
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jugendlich frisch wirkende Hannelore repräsentierte keineswegs die Biederkeit aus der deutschen Provinz, wie böse Zungen behaupteten, sondern machte auf allen politischen Bühnen der Welt eine ausgezeichnete Figur. Natürlich lässt sich über Geschmack streiten. Manchen Kritikern fiel es noch nach Jahren schwer, Hannelores Stil anzuerkennen. Ihr war es wichtig, nicht jeden modischen Schnickschnack mitzumachen und dem Zeitgeist zu folgen. Stattdessen hielt sie sich an die Maxime, dem Alter und Anlass angemessene hochwertige Garderobe zu tragen.
    Immer wieder belächelt wurde auch ihre Frisur, ihr naturblondes lockiges Haar. Fotos aus den Sechzigerjahren zeigen sie mit einer beeindruckenden Hochsteckfrisur. In dieser Zeit begann auch ihre Bekanntschaft mit einer Friseurin aus Ludwigshafen. Die junge Hannelore war Ende der Sechzigerjahre mit ihren beiden Söhnen in einem Friseurgeschäft ganz in der Nähe ihres Hauses in Ludwigshafen-Gartenstadt erschienen. In diesem Familienbetrieb lernte sie die Tochter des Inhabers kennen, die sie vorzüglich bediente. Seit dieser Zeit war Hannelore Stammkundin und blieb es über viele Jahre. Mit Kohls Übernahme der Kanzlerschaft 1982 wurde der 1939 in Ludwigshafen geborenen Edith Keilhauer eine wichtige Aufgabe zuteil: Sie war von nun an dafür verantwortlich, Hannelores Frisur so zu gestalten, dass sie immer gepflegt und bei allen Anlässen gut aussah. Sie begleitete die Kanzlergattin auf zahlreiche Auslandsreisen, wo sie auch für die ständig wechselnde Garderobe zuständig war. Edith Keilhauer half beim Kofferpacken, sortierte die von Hannelore ausgewählten Kleider und assistierte vor Ort beim Umziehen. Hannelore sagte klar und unmissverständlich, was sie wollte und brauchte, und die Ludwigshafenerin folgte willig den vielfältigen Wünschen ihrer Chefin. Sie gehörte lange Zeit zum Tross des Kanzlers und seiner Gattin auf den Reisen nach Amerika und Asien, wurde eine unentbehrliche Assistentin für ihr »Äußeres«. Hannelore legte höchsten Wert auf eine optimal gepflegte Erscheinung und erschien deshalb auch immer wie aus dem Ei gepellt. Noch heute schwärmt die Friseurin Edith Keilhauer von den einmaligen und aufregenden Weltreisen mit einer fürsorglichen Chefin, der sie im wahrsten Sinne des Wortes hautnah zu Diensten stand. Die Mutter von zwei Kindern liebte ihren besonderen Job und blieb äußerst verschwiegen. Nur die engsten Freunde und Verwandte wussten um ihre unmittelbare Nähe zu Hannelore Kohl.
    Die Arbeit für die Kanzlergattin endete jäh im Jahr 1993, als Hannelore nach einer schweren Krankheit unter starkem Haarausfall litt und zeitweise eine Perücke tragen musste. Für Edith Keilhauer endete damit ein aufregendes, ungewöhnliches und einmaliges Kapitel in ihrem Arbeitsleben. Sie gerät ins Schwärmen, sobald der Name ihrer einstigen Chefin fällt. Der Kontakt zu ihr hielt, auch wenn die beiden Frauen nicht mehr beruflich miteinander verbunden waren.
    * * *
    Auch für die Männer des Personenschutzes, die für die Sicherheit des Kanzlers und seiner Familie zuständig waren, hatte Hannelore immer ein offenes Ohr. Diesen Menschen, die im Ernstfall bereit waren, ihr Leben für das des Kanzlers, seiner Gattin und der beiden Söhne einzusetzen, begegnete sie mit großem Respekt und Fürsorglichkeit. »Die Sicherheit«, wie die Kommandos im internen Sprachgebrauch hießen, gehörte zum Alltag der Kohl-Familie und war eingebunden in sämtliche Abläufe des privaten und öffentlichen Kanzlerlebens. Überall waren die Männer des Bundeskriminalamtes präsent, ob auf Reisen im In- und Ausland, im Urlaub oder während der begrenzten freien Zeit. Selbst beim Schwimmen im österreichischen Wolfgangsee wurde Hannelore von einem Sicherheitsbeamten begleitet. Sie war seit Jahren daran gewöhnt, in der Öffentlichkeit kaum einen Schritt ohne Personenschutz zu tun. Sie mochte es nicht, wenn ein Sicherheitsbeamter einige Meter hinter ihr herging – ein möglichst normales Nebeneinander im wahrsten Sinne des Wortes war ihr lieber. Sie versuchte, im Rahmen ihrer Möglichkeiten, die Beamten einzubeziehen. Erkundigt man sich heute bei den Männern der Sicherheitskommandos, erhält man durchweg positive Äußerungen über Hannelore Kohl. Sie wurde gemocht und sehr geachtet, auch weil es ihr gelang, die Balance zwischen menschlicher Nähe und Distanz, die das Amt ihres Mannes erforderte, zu wahren. Bei allem Verständnis für Sicherheitsvorkehrungen und Bedrohungsszenarien

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