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Die Frau an Seiner Seite

Die Frau an Seiner Seite

Titel: Die Frau an Seiner Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heribert Schwan
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Zeit für den Rheinländer. Womit er nicht gerechnet hatte, war das spontane Angebot der zweiten Ehefrau des deutschen Bundeskanzlers Brandt, fortan ihr Chauffeur zu sein. Mit Rut Brandt, dieser wunderbaren Frau, die zu den auffallendsten Erscheinungen im Bonner Politikbetrieb zählte, erlebte Rink wichtige Jahre wechselvoller deutscher Geschichte. Die Mutter dreier Söhne, die im norwegischen Widerstand gegen die deutschen Besatzer aktiv gewesen war, machte auch außerhalb Bonns eine außerordentlich gute Figur und zählte zu den großen Sympathieträgern für ihren Mann und dessen Regierung. Rink kann stundenlang interessante Geschichten erzählen, ohne je die gebotene Verschwiegenheit und Vertraulichkeit zu verletzen. Vor allem seine Schilderungen über Fahrten mit Rut Brandt über die DDR-Transitstrecke nach West-Berlin stecken voller Anekdoten über Unwägbarkeiten bis zu unglaublichen Schikanen der Grenzer, die man nicht für möglich gehalten hätte.
    Nach dem Rücktritt Willy Brandts 1974 wurde Josef Rink von Rut Brandt einfach an Loki Schmidt weitergereicht. Die Gattin des neuen Bundeskanzlers vertraute der Empfehlung ihrer Vorgängerin. Rink, der von seinen Kollegen nur »Jupp« genannt wird, musste sich nicht besonders umgewöhnen. Der parteilose, aber keineswegs unpolitische Rheinländer gehört zu jenen Menschen, die ihren Beruf sehr ernst nehmen, sich durch große Anpassungsfähigkeit, Bescheidenheit und absolute Loyalität auszeichnen. Als Helmut Schmidt im Oktober 1982 durch das konstruktive Misstrauensvotum im Deutschen Bundestag gestürzt wurde, ging für Josef Rink eine Ära zu Ende. Über 13 Jahre lang hatte er die Frauen der sozialdemokratischen Kanzler Brandt und Schmidt sicher chauffiert. Nun musste er mit einem Bruch in seiner Karriere rechnen. Denn je höher die Prominenz des Fahrgastes ist, umso angesehener ist auch der Fahrer – nicht nur bei den Kollegen, sondern im ganzen Politikbetrieb.
    Jupp pflegte seit Jahren beste Kontakte zu Ecki Seeber. Der langjährige Fahrer des einstigen Bonner Oppositionsführers hatte bei den Treffen gerne geflachst und meinte dann, »bald werden wir Bundeskanzler«. Im gleichen Atemzug hatte er Rink gefragt, ob er in diesem Fall auch Hannelore Kohl fahren werde. Als in den Oktobertagen des Jahres 1982 tatsächlich der Regierungswechsel vollzogen wurde, nahm Seeber sofort Kontakt zu Josef Rink auf und erkundigte sich, ob er bereit sei, nun in die Dienste der neuen Kanzlergattin zu treten. Während Rink keinen Moment zögerte, gab es zu Hause einige Diskussionen. Ehefrau Gisela, die sich seit zwanzig Jahren damit abfinden musste, dass ihr Mann ständig auf Abruf bereitstand und durch lange Abwesenheit glänzte, war nicht gerade begeistert von einer Verlängerung dieser Situation. Am Ende willigte sie aber noch einmal ein. Sie wusste am allerbesten, dass ihr Mann Autofahren als seinen Lebensinhalt betrachtete und todunglücklich gewesen wäre, nur noch durch das Bonner Umland fahren zu dürfen.
    Nachdem Rink diese Hürde genommen hatte, bedurfte es noch der Zustimmung des Bundeskanzleramtes, und – was viel wichtiger war –, Hannelore Kohl musste ihn akzeptieren. Sie war von Ecki bestens informiert, wollte sich aber ein eigenes Bild von dem hochgelobten Kollegen verschaffen. Nach dem »Vorstellungsgespräch« in Ludwigshafen gab es eine Art Probezeit, während der Rink erhebliche Widerstände aus der CDU-Zentrale, dem Bonner Konrad-Adenauer-Haus, entgegenschlugen. Allein die Tatsache, dass er zwei sozialdemokratischen Kanzlergattinen »gedient« hatte, führte dort zu Irritationen. Der Bundeskanzler, dem das Ganze nicht verborgen geblieben war, nahm die Sache in die Hand. Er suchte das persönliche Gespräch mit dem Rheinländer und hatte nach wenigen Minuten eine Entscheidung gefällt. Die Empfehlung des Kanzlers an seine Frau war eindeutig. Nach diesem etwas holprigen Beginn entwickelte sich zwischen Josef Rink und seiner neuen Chefin eine tragfähige Zusammenarbeit, die mehr als 16 Jahre anhielt. In dieser Zeit verbrachte Hannelore mit ihrem Fahrer mehr Zeit als mit ihrem Mann.
    Anfangs chauffierte Rink Hannelore Kohl im gleichen orangefarbenen BMW 520 wie zuvor schon Loki Schmidt. Am häufigsten wurde die Strecke Ludwigshafen-Bonn und retour zurückgelegt. Diese Fahrten wurden ohne Sicherheitsbeamten durchgeführt. Nur wenn Hannelore offizielle Termine wahrnahm, folgte dem Wagen ein Fahrzeug mit zwei Beamten des Bundeskriminalamts. In solchen Fällen saß

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