Die Frau an Seiner Seite
Restaurantfachmann im Hotel »Zum Schwan« in Idar-Oberstein hinter sich, als er zur Bundeswehr eingezogen wurde. Er landete zunächst als Ordonnanz und später als Koch im Bundesverteidigungsministerium. Dort hielt das Bundeskabinett einmal im Jahr eine Sitzung ab und ließ sich danach gerne im Offizierskasino kulinarisch verwöhnen. Der Kanzler war so angetan von der Qualität der Speisen, dass er auf die Idee kam, Verteidigungsminister Manfred Wörner einen seiner Köche abzuwerben. Wörner unterbreitete dem Kanzler drei Vorschläge für geeignete Kandidaten, darunter auch Martin Frühauf. Da die Entscheidung in den Bereich »Haus und Küche« fiel, lag das letzte Wort bei Hannelore. Im Mai 1983 trat Frühauf als Leibkoch ins Bundeskanzleramt ein, wo ihm zwei Küchen zur Verfügung standen. Ob Frühstück, Lunch oder Abendmenü: Frühaufs Kochkünste kamen an. Er kaufte täglich ein und kochte, was ihm an Wünschen über das Kanzlerbüro mitgeteilt wurde. Die Vorlieben der Kohls waren schnell erkannt – Hausmannskost war besonders gefragt. Frühauf bekochte die Kohls privat und sorgte für den kulinarischen Rahmen, wenn Gäste zu bewirten waren. Wenn Hannelore einlud, kamen Ministergattinnen ebenso wie die Frauen von Botschaftern oder ZNS-Spender.
Helmut Kohl legte besonderen Wert auf die strikte Trennung der finanziellen Verantwortlichkeiten seiner Frau in ihrer Rolle als Kanzlergattin und als ZNS-Präsidentin. Bewirtungen im Rahmen ihrer ZNS-Tätigkeit gingen zulasten des Kuratoriums, ebenso wie entsprechende Fahrten mit dem Dienstwagen des Bundeskanzleramts. Darüber konnten sich führende Mitglieder des Kuratoriums regelmäßig echauffieren, weil sie argumentierten, Hannelores soziale Tätigkeit sei ein Dienst, für den eigentlich der Staat aufzukommen habe. Deshalb müssten zumindest die Kosten der Dienstwagenbenutzung übernommen werden. Eine Argumentation, von der sich der Kanzler nicht überzeugen ließ.
Ähnlich verhielt sich Kohl, als Sohn Peter in Italien schwer verunglückte, und Hannelore Kohl mit einem Regierungsflugzeug nach Bologna gebracht wurde. Er bestand darauf, die Kosten in Höhe von 80 000 D-Mark zu erstatten.
Die Trennung der Kosten für dienstliche und private Aufträge an den Kanzlerkoch wurde ebenso penibel eingehalten. Einmal kochte Martin Frühauf aus Anlass eines Familienfestes im Ludwigshafener Bungalow. Diese Privatveranstaltung ging selbstverständlich zulasten der Kohl-Familie. Wenn der Kanzler Spitzenpolitiker in sein Privathaus einlud, verlegte der Leibkoch seine Arbeit von Bonn nach Ludwigshafen. Dabei bereitete er in der Regel alles in Bonn vor, was im Hause Kohl aufgetischt werden sollte. Hannelore war eine dankbare Hausherrin, oft voll des Lobes ebenso wie ihr Mann, der Frühaufs Kochleistungen überaus schätzte. Besonders erfreulich für die Kanzlergattin war Frühaufs Anwesenheit, wenn sie zu später Stunde hungrig in den Kanzlerbungalow kam. Gerne blieb sie dann bei ihm in der Küche, schaute ihm über die Schulter, aß ein paar Häppchen, trank ein Glas trockenen Wein und unterhielt sich mit ihm. Sie nahm Anteil, wollte wissen, was gut oder schlecht lief, wo es Probleme gab und wo sie helfen konnte. Bei ihr fühlte sich das Personal gut aufgehoben und scheute sich nicht, mit ihr über ganz persönliche Dinge zu sprechen oder sie um Rat zu bitten.
Nach vier Jahren nahm Martin Frühauf Abschied aus dem Kanzleramt, was allgemein bedauert wurde. Hauptgrund seiner beruflichen Veränderung war die Einsamkeit, unter welcher der Leibkoch zunehmend litt. Die Küche im Keller des Kanzleramts verfügte nicht über Tageslicht, er hatte keine Kollegen, die ihm zuarbeiteten. Seine Bilanz fällt dennoch positiv aus: Seinen Chef, den Kanzler, seine Chefin, die Kanzlergattin, hat er in bester Erinnerung und hat manches zu erzählen, was das Ehepaar Kohl als Vorgesetzte auszeichnete. Vor allem Hannelores Umgang mit ihm und den beiden Hauswirtschafterinnen hält Frühauf für einmalig. Ihre unaufgeregten Erwartungen und klar formulierten Wünsche an die Bediensteten zeugten von einem sehr natürlichen menschlichen Umgang. Ohne Anflüge von Arroganz und Überheblichkeit habe sie Veranstaltungen im Kanzlerbungalow organisiert und durchgeführt. Aufmerksamkeiten zu Geburtstagen und Geschenke zu Weihnachten wurden von ihr nie vergessen. Es gehörte zu Hannelores Stil, in mütterlicher Fürsorge auch den Wünschen ihres Personals entgegenzukommen und vor allem viel Verständnis für
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