Die Frau an Seiner Seite
häufig ein weiterer BKA-Mann in Hannelores Dienstfahrzeug. Es kam ganz auf die Größe und Öffentlichkeitswirksamkeit der Veranstaltung an. Kurzfristig wurde entschieden, wie viele Beamte des Sicherheitskommandos des Bundeskanzlers, das aus 12 bis 15 Beamten bestand, abgestellt wurden. Das Bundeskriminalamt schaltete sich immer dann sofort ein, wenn Erkenntnisse über potenzielle Bedrohungen vorlagen. Wie alle Fahrer der Bonner Spitzenpolitiker, musste auch Josef Rink Fahrerlehrgänge und Sicherheitstrainings absolvieren, die von Mitarbeitern des BKA durchgeführt wurden. Außerdem unterzog sich Hannelores Fahrer alle zwei Jahre einer Sicherheitsüberprüfung, die in der Verantwortung des Kölner Bundesamtes für Verfassungsschutz lag. Bei besonderen Anlässen wie Staatsbesuchen oder außergewöhnlichen Bedrohungsszenarien stiegen Hannelore und ihr Fahrer auf größere und vor allem sicherere BKA-Fahrzeuge um.
Nachdem der BMW ausgemustert worden war, stand Hannelore ein Mercedes vom Typ 200 zur Verfügung. Auf den Autofahrten quer durch die Republik hatte sie sich angewöhnt, Büroarbeiten auf dem Rücksitz zu erledigen. Da der Dienstwagen seit Mitte der Achtzigerjahre mit einem Telefon ausgestattet war, nutzte sie die Fahrzeit, um telefonisch Arbeiten zu delegieren, selbst zu recherchieren und Veranstaltungen zu organisieren. Ein weiterer Vorteil des Telefons war, dass sie für ihre Kinder, ihren Mann und später auch ihr Büro erreichbar war.
Als Kanzlergattin bekam sie kein Gehalt und verfügte zunächst über keinen Stab. Es gab weder eine Bürokraft noch einen Büroraum oder gar ein finanzielles Budget. Der Bundeskanzler stellte seiner Frau ein Zimmer im Konrad-Adenauer-Haus zur Verfügung, das er selbst kaum nutzte. Hier bereitete sie sich auf Auslandsreisen vor, bearbeitete die zahlreichen Petitionen der Bürger und koordinierte Termine im In- und Ausland. Zur Seite stand ihr der damalige Referent des CDU-Bundesvorsitzenden Michael Roik, der bis zum Ende von Kohls Kanzlerschaft 1998 ihre Öffentlichkeits- und Pressearbeit betreute. Der Diplomübersetzer für Englisch und Spanisch, der in den Neunzigerjahren nebenbei Politikwissenschaft und Staatsrecht studierte und 2006 an der Universität Bonn promovierte, wurde rasch ihr wichtigster Berater. Der politisch versierte Rheinländer, ausgestattet mit ausgeprägtem Sinn für Machbares und innerhalb der Unionsparteien hervorragend vernetzt, galt als einflussreicher Zuarbeiter. Wenngleich bei der täglichen Arbeit Helmut Kohl die absolute Priorität galt, fand Roik immer noch genügend Zeit, sich um die Belange von Hannelore Kohl zu kümmern. Er war ihr ständiger Begleiter bei Außenterminen, stimmte sich mit ihr ab, wenn es um ihre Auftritte innerhalb des Bonner politischen Establishments ging, und bereitete auch Reden und Interviews vor. Seine Verbindungen innerhalb der Parteizentrale und seine Kontakte zu wichtigen Mandatsträgern und Medienvertretern erleichterten ihm die Zuarbeit für die Kanzlergattin. In den 16 Jahren der engen Zusammenarbeit entwickelte sich ein Vertrauensverhältnis, auf das Hannelore immer bauen konnte. Hinzu kamen Roiks hohe Einsatzbereitschaft, seine Sprachbegabung und besondere Formulierungskunst, die Hannelore zu nutzen wusste. Große Verdienste erwarb sich der heutige Ministerialdirigent im Bundeskanzleramt auch um Hannelores zunehmende Selbstsicherheit und um den spürbaren Abbau von Vorurteilen und Klischees, die der Frau des Mannes aus der Provinz jahrelang anhingen.
Anfang Oktober 1985 bekam das Zwei-Mann-Team Verstärkung. Hannelore entschied sich für die zwanzig Jahre jüngere Hannelore Moos als Bürokraft, eine gelernte Kauffrau mit Handelsschulabschluss und vertraut mit allen Vorgängen der CDU-Öffentlichkeitsarbeit. Zwischen den beiden Hannelores entwickelte sich im Laufe der Jahre ein besonders inniges Verhältnis. Moos, die – wie Hannelore Kohl oft meinte –, ihre Tochter hätte sein können, gehörte sehr bald zu den wenigen Engvertrauten im Bonner Regierungs- und Parteienbetrieb. Hannelore spielte sich selten als Chefin, als Arbeitgeberin oder autoritäre Befehlsgeberin auf. Viel Verständnis hatte sie für persönliche Anliegen und Probleme ihrer Mitarbeiter im Konrad-Adenauer-Haus. So wie sie sich selbst als Mutter für alles sah, so verhielt sie sich auch den Angestellten gegenüber – ob privat in Ludwigshafen oder dienstlich in Bonn. Ihre soziale Kompetenz und ihr äußerst sensibler Umgang mit den
Weitere Kostenlose Bücher