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Die Frau aus Alexandria

Die Frau aus Alexandria

Titel: Die Frau aus Alexandria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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war sein Gesicht wieder so ausdruckslos wie zuvor. »Nein, mich hat der Schuss geweckt, danach bin ich aufgestanden. Da Miss Sachari gesagt hat, dass der Mann nicht hier im Haus war, gibt es für mich keinen Grund, an ihren Worten zu zweifeln. In diesem Raum hier befand sich niemand, also brannte kein Licht.«
    »Und was ist mit den anderen Räumen?«
    »Im ganzen Erdgeschoss hat kein Licht gebrannt, Sir, außer im Vestibül. Die Lampen dort werden nie gelöscht.«
    »Ich verstehe. Und oben?«
    »Ich weiß nicht, worauf Sie hinauswollen, Sir. In Miss Sacharis Schlafzimmer war das Licht an, wie auch im oberen Salon. Außerdem, wie immer, auf dem Treppenabsatz.«
    »Gehen die Räume nach vorn oder nach hinten?«
    »Nach vorn.« Das war eigentlich selbstverständlich. Die Schlafräume der Herrschaften lagen gewöhnlich in dieser Richtung.
    »Das heißt, aus dem Haus ist kein Licht auf den Garten gefallen, dorthin, wo Mr Lovat erschossen wurde«, fasste Pitt zusammen.
    Der Diener zögerte, als wittere er irgendeine Falle. »Nein, Sir ...«
    »Ist es denkbar, dass Miss Sachari nicht gewusst hat, wer der Mann war? Könnte sie ihn mit einem anderen verwechselt haben?«
    Auf diese Frage reagierte der Diener nicht etwa verblüfft, sondern so, als befinde er sich in höchster Gefahr. Im nächsten Augenblick aber sah er Pitt wieder fest in die Augen, wobei er nur leicht zwinkerte. »An eine solche Möglichkeit habe ich noch gar nicht gedacht, Sir. Das kann ich nicht sagen. Falls ... falls sie ihn für einen Einbrecher gehalten hat, hätte sie doch wohl mich gerufen. Sie weiß, dass ich sie schützen würde. Das ist meine Pflicht.«
    »Gewiss«, antwortete Pitt. »Ich dachte auch weniger an einen Einbrecher als an jemanden, den sie kannte und von dem sie sich auf die eine oder andere Weise bedroht gefühlt haben könnte.«
    El Abd, der sein inneres Gleichgewicht nun wiedergefunden hatte, klang selbstsicher. »Von einem solchen Menschen ist mir nichts bekannt, Sir. Sofern es sich so verhielte, hätte sie doch vermutlich der Polizei gesagt, dass es sich um einen Unfall handelte? Einen Irrtum ... in Notwehr? Darf man in England in Notwehr schießen?«
    »Ja, sofern man keine andere Möglichkeit hat, sich zu schützen«, sagte Pitt. »Ich dachte an einen Menschen, den sie kannte und der ihr Feind war. Der ihr nicht nach dem Leben trachtete, der ihr aber auf andere Weise schaden konnte, zum Beispiel, indem er ihren Ruf zugrunde richtete.«
    »Ich verstehe nicht, worauf Sie hinauswollen, Sir.« Wieder lag auf El Abds Gesicht die undurchdringliche glatte Maske des geschulten Dieners.
    »Ihre Ergebenheit Ihrer Herrin gegenüber in allen Ehren«, sagte Pitt, bemüht, das nicht sarkastisch klingen zu lassen, »aber in diesem Zusammenhang führt sie zu nichts. Sollte man sie des Mordes an Mr Lovat für schuldig befinden, wird man sie dafür hängen. Sofern sie ihn aber mit einem Mann verwechselt hat, von dem ihr möglicherweise Gefahr drohte, kann sie gegebenenfalls mildernde Umstände erwarten.«
    Es war bewundernswert, wie es dem Diener gelang, Verachtung anstelle seiner bisherigen Zuvorkommenheit zu zeigen, ohne seinen Gesichtsausdruck merklich zu ändern. »Ich denke, Sir, Sie sollten sich an Mr Ryerson wenden. Sofern ihm bekannt ist, warum
Miss Sachari den Mann getötet hat, ganz gleich, für wen sie ihn gehalten hat, müsste er Ihnen die Wahrheit sagen und damit neben seiner eigenen auch ihre Verhaltensweise rechtfertigen. Falls er aber in dieser Richtung nichts weiß, ist er mitschuldig, ganz gleich, was Miss Sachari vermutet hat, denn als er am Tatort eintraf, hat er Mr Lovat tot vorgefunden. Habe ich Recht?«
    »Ja«, sagte Pitt unbehaglich. »Sie haben Recht. Aber es ist denkbar, dass uns Miss Sachari nicht sagen will, was sie vermutet hat, weil ihr lieber ist, dass wir annehmen, sie habe Mr Lovat aus keinem erkennbaren Grund erschossen.«
    Der Diener neigte mit dem Anflug eines Lächelns den Kopf. »In dem Fall verlangt die Ergebenheit meiner Herrin gegenüber, dass ich mich ihrer Entscheidung anschließe, Sir. Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?«
    »Aber ja. Stellen Sie mir eine Liste aller Personen zusammen, die Miss Sachari seit ihrem Einzug hier besucht haben.«
    »Wir haben ein Besucherbuch, Sir. Würde Ihnen das helfen?«
    »Das bezweifle ich zwar, doch ist es ein Anfang. Allerdings brauche ich auch die Namen der anderen.«
    »Sehr wohl, Sir«, sagte El Abd und zog sich vollkommen geräuschlos zurück. Nicht einmal

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