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Die Frau aus Alexandria

Die Frau aus Alexandria

Titel: Die Frau aus Alexandria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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wenig aus dem Konzept. Ihr war gar nicht mehr bewusst gewesen, wie tief seine Gefühle für sie waren. »Ich möchte zu Garrick, bevor er seine Loge verlässt und jemand anders das Gespräch an sich reißt«, erklärte sie.
    »Falls der Bischof da ist, werde ich so tun, als könne er mich zu seiner Anschauung bekehren«, erbot sich Theloneus mit schalkhaftem
Lächeln. Ihm war klar, dass sie wusste, welches Opfer das für ihn bedeutete.
    »Niemand liebt mehr als der, der sein Leben für seine Freunde opfert«, murmelte sie leise vor sich hin und fügte etwas lauter hinzu: »Ich werde dir dafür zu tiefem Dank verpflichtet sein.«
    »Das will ich hoffen«, erwiderte er mit Nachdruck.
    Sein Eingreifen erwies sich als dringend erforderlich. Fast wäre Vespasia vor Garricks Loge mit dem Bischof zusammengestoßen.
    »Guten Abend, Eure Exzellenz«, sagte sie mit einem eisigen Lächeln. »Wie schön zu sehen, dass Sie eine Oper gefunden haben, deren Handlung Ihren Moralvorstellungen nicht zuwiderläuft.«
    Kaum hatte sie diese von Sarkasmus triefende Äußerung getan — denn in dem Stück ging es um Inzest und Mord —, tat sie ihr schon Leid, und zwar bereits bevor sie hörte, wie Theloneus seinen Lachdrang hinter einem vorgetäuschten Hustenanfall verbarg. Das Gesicht des Bischofs verfärbte sich hochrot.
    »Guten Abend, Lady Vespasia«, gab er kalt zurück. »Sie sind doch Lady Vespasia Cumming-Gould, nicht wahr?« Er wusste sehr wohl, wen er vor sich hatte; diese Kränkung war seine Rache für ihre Gehässigkeit.
    Sie warf ihm ein bezauberndes Lächeln von der Art zu, bei dessen Anblick in ihren jüngeren Jahren Prinzen dahingeschmolzen waren.
    »Gewiss«, sagte sie. »Darf ich Ihnen Richter Quade vorstellen?« Sie machte eine leichte Handbewegung. »Der Bischof von Putney, glaube ich, jedenfalls irgendwo in der Gegend da unten. Ein weithin gerühmter Hüter christlicher Tugenden, allen voran der Reinheit des Denkens.«
    »Aha«, murmelte Theloneus. »Wie geht es Ihnen?« Auf seine asketischen Züge trat der Ausdruck großen Interesses, und er sagte, wobei seine blauen Augen sanft leuchteten: »Wie gut es sich doch trifft, dass ich Sie kennen lerne. Ich wüsste zu gern, was Sie als wohlunterrichteter und zugleich aufgeklärter Geist dazu sagen, dass der Komponist für seine herrliche Musik gerade auf diese Handlung verfallen ist. Kann der Mensch aus einem solch widerlichen
Verhalten etwas lernen, zum Beispiel, dass das Böse am Ende immer bestraft wird? Oder fürchten Sie eher, dass die Schönheit, mit der diese Schandtaten dargestellt werden, den Menschen verderben, sodass er nicht imstande ist, die dahinter stehende Moral mit seinem Verstand zu erfassen?«
    »Nun ...«, setzte der Bischof an.
    Ohne sich länger bei den beiden aufzuhalten, klopfte Vespasia an die Logentür und öffnete sie, sobald sie Garricks Aufforderung gehört hatte einzutreten. Die gezwungene Unterhaltung, die ihr bevorstand, war ihr schon im Voraus widerwärtig, denn beiden war klar, dass sie keinerlei gemeinsame Interessen hatten und sie ihn auf keinen Fall aus Freundschaft aufsuchte.
    In der Loge befanden sich neben Garrick seine Schwester mit ihrem im Bankwesen tätigen Mann sowie eine mit den beiden befreundete Witwe, die aus einer der umliegenden Grafschaften zu einem Besuch in die Hauptstadt gekommen war. Sie lieferte Vespasia den Vorwand, den sie brauchte.
    »Lady Vespasia?«, sagte Garrick mit leicht gehobenen Brauen. Das war alles andere als ein Ausdruck des Willkommens. »Wie schön, Sie zu sehen.« Seine Worte klangen etwa so begeistert, als hätte er in seinem Nachtisch das Kerngehäuse eines Apfels gefunden.
    Sie neigte den Kopf. »Sie sind zu gütig, wie immer«, gab sie in einem Ton zurück, als hätte er eine Äußerung von unentschuldbarer Vulgarität getan.
    Seine Züge verfinsterten sich. Ihm blieb nichts anderes übrig, als Schwester samt Schwager und Besucherin vorzustellen, eine gewisse Mrs Arbuthnott. Drückend lastete das Bewusstsein in der Loge, dass Vespasia keinen wirklichen Grund hatte, den kleinen Kreis zu stören. Zwar fragte Garrick nicht offen heraus nach dem Anlass ihrer Anwesenheit, doch verlangte seine Körperhaltung mit dem erwartungsvoll vorgereckten Kopf unabweisbar nach einer Erklärung.
    Sie lächelte Mrs Arbuthnott zu. »Eine gute Bekannte, Lady Wilmslow, hat mir gegenüber in den höchsten Tönen von Ihnen
gesprochen«, log sie dreist, »und gesagt, dass ich unbedingt Ihre Bekanntschaft machen

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