Die Frau aus dem Jenseits!
gelähmt saß sie da und innerhalb weniger Momente fielen ihr die Augen zu. Sie war nicht eingeschlafen, sondern eine unbekannte Macht hatte die Kontrolle über ihren Willen übernommen.
Dagmar Böhm hatte das Gefühl, aus einem endlos langen lichtlosen Tunnel an die Oberfläche geschleudert zu werden. Verwirrt schaute sie in die Helligkeit, aus der sich nur allmählich einzelne Gegenstände schälten. Sie konnte sich an nichts erinnern, wusste auch nicht, wo sie war.
Nur nach und nach kam sie dahinter, dass sie sich in einem Krankenzimmer befand.
Hatte sie einen Unfall gehabt?
Sie spürte jedoch keine Schmerzen!
Ihr Blick fiel auf den Klingelknopf, der an ihrem Nachtschränkchen befestigt war. Schon streckte sie die Hand danach aus, um jemanden zu rufen, als sie die Krankenschwester in einer Zimmerecke entdeckte. Dagmar Böhm öffnete den Mund, wollte die Pflegerin rufen, doch sie blieb stumm.
Sie konnte nicht sprechen!
Der Klingelknopf! Ihr verzweifelter Blick saugte sich daran fest, ihre Finger bewegten sich millimeterweise näher heran, doch knapp davor stieß sie gegen ein unsichtbares Hindernis. Etwas sorgte dafür, dass sie den Knopf nicht berühren konnte.
Steh auf! hörte sie plötzlich eine Stimme. Sie wusste, dass nur sie diese Stimme hatte hören können. Sie war in ihrem Kopf ertönt, hatte die Botschaft direkt in ihr Gehirn gesandt.
Steh auf und geh zum Waschbecken!
Willenlos erhob sich die junge Frau aus dem Bett und tappte auf nackten Sohlen an das Waschbecken, über dem ein Spiegel befestigt war. Stumpf blickte sie hinein.
Aus dem Glas schimmerte ihr ein bleiches, abgespanntes Gesicht entgegen – ihr eigenes Gesicht. Doch von einer Sekunde auf die andere veränderte es sich, bekam Farbe. Die Augen leuchteten auf, blitzten voller Tatkraft und Entschlossenheit, obwohl sie selbst keine Veränderung in sich fühlte.
Ihre Nerven versicherten ihr, dass sich kein Muskel in ihrem eigenen Gesicht regte, obwohl das Spiegelbild zu lächeln begann.
Es war ein böses Lächeln!
Du brauchst nicht zu erschrecken, sprach wieder diese körperlose Stimme zu ihr. Ich zeige mich dir auf diese Weise, weil wir sonst keinen Kontakt zueinander aufnehmen können. Ich möchte, dass du weißt, was mit dir geschieht.
Wer sind sie? wollte Dagmar Böhm laut fragen, doch sie konnte die Worte nur in ihrem Kopf formen.
Das Lächeln des Spiegelbildes verschwand.
Ich bin eine Frau , zischte es ihr entgegen, die vor vielen Jahren sterben musste, weil der Mann, den sie liebte, ihren Tod verschuldete. Aber jetzt bin ich zurückgekommen, jetzt kann ich in dir auf dieser Welt weiterleben und mein Ziel erreichen!
Welches Ziel? dachte Dagmar Böhm verwirrt und ängstlich zugleich. Sie wusste, dass es eigentlich unmöglich war, was sie erlebte. Sie fragte sich schon, ob sie mittlerweile verrückt geworden war.
Nein, du bist nicht verrückt , antwortete die lautlose Stimme. Du bist nur Werkzeug für mich. Ich kann durch dich handeln, aber frage nicht nach meinen Zielen. Ich werde es dir nicht verraten. Du hast nur meine Befehle auszuführen, gegen die du dich nicht wehren kannst. Zieh dich an ! drang der erste Befehl in Dagmar Böhms Bewusstsein. Zieh dich an und verlasse dieses Haus. Ich werde dich führen!
Ohne Widerstand zu leisten, wandte sich Dagmar um, holte mechanisch die Kleider aus dem Schrank, zog sich an und trat hinaus auf den Korridor. Eine neue, unbekannte Kraft durchströmte sie und befähigte sie zu Dingen, die kein normaler Mensch konnte. So wich sie allen Leuten aus, die ihr entgegenkamen und gelangte unbemerkt hinaus auf die Straße.
Sie blickte sich nicht nach dem Krankenhaus um, als sie ein Taxi heranwinkte und eine Adresse nannte, die sie nie zuvor in ihrem Leben gehört hatte.
Niemand fragte die rothaarige junge Frau nach ihren Wünschen, als sie das Harlachinger Krankenhaus betrat. Dagmar Böhm nahm nichts um sich herum wahr. Sie war nicht mehr Herr über ihren Verstand. Dieser wurde von einem Geist kontrolliert, der nicht mehr von dieser Welt war.
Als ginge sie jeden Tag hier ein und aus, steuerte Dagmar das Büro des Chefarztes an und trat nach kurzem Klopfen ein.
„Mein Name ist Selina von Bartenstein“, stellte sie sich vor. „Vor einer halben Stunde habe ich erfahren, was mit meiner Cousine geschehen ist. Sie wissen schon, Clara von Bartenstein, Selbstmordversuch. Kann ich sie sehen?“
Der Chefarzt schüttelte den Kopf. „Ausgeschlossen. Besuche sind nicht gestattet, Frau von
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