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Die Frau aus dem Meer

Die Frau aus dem Meer

Titel: Die Frau aus dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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antwortete:
    «Dem Manne die Umsicht, dem Weib die Gefälligkeit.»
    «Ein gutes Weib ist der größte Reichtum des Hauses.»
    «Wer kein Weib hat, der hat auch kein Gut, wer keinen Mann hat, der hat keinen Freund.»
    «Frau unter der Haube, Kind bald im Bauche.»
    «Ein großer Mann ist ein guter Gatte.»
    «Ein ehrliches Weib ist ein dauerhafter Schatz.»
    «Eine gute Hausfrau ist mit Gold nicht aufzuwiegen.»
    «Der schönste Tanz einer jeden Frau ist der im Bette des Gatten.»
    Als sie fertig war, füllte Minica erneut die Gläser.
    «Trinket und esset noch einmal!»
    Kurz: Sie mussten die ganze Schüssel leeren.
    Unterdessen geschahen zwei Dinge mit Gnazio. Das erste war, dass er sich nicht mehr aufrecht halten konnte; ihm war klar, dass er jeden Augenblick wie ein gefällter Baum zu Boden zu gehen drohte. Das zweite war, dass er seine Manneskraft in seiner Hose derart aufblühen fühlte, wie er es nicht einmal als Zwanzigjähriger erfahren hatte. Eine Kraft, so fordernd, dass sie gleich und ohne Verzug zum Ausbruch kommen wollte.
    «Ich gehe ins Haus und hole das Gebäck und die …», fing er mit belegter Stimme an.
    «Nachher!», herrschte Minica ihn an. «Jetzt wende dich ganz langsam her und betrachte deine Frau.»
    Doch auf der Stelle hielt Gnazio inne. Er hatte fast so etwas wie Angst, sich ihr zuzuwenden. Er spürte plötzlich eine derartige Schwäche im Körper, dass er dachte, der Anblick von Maruzzas Schönheit könnte sein Herz zum Stillstand bringen. Dann aber gab er sich einen Ruck.
    Und sobald er sie erblickte, setzte sein Herz wirklich aus.
    Denn Maruzza hatte das Betttuch zu Boden gleiten lassen und stand splitternackt vor ihm. Es war, als würde ein Blitz weißen Lichtes ihn blenden und ihm die Sinne rauben. Langsam sank er auf die Knie, fiel der Länge nach mit Gesicht und Bauch auf die Erde, fing an zu zittern und verschoss seine blühende Manneskraft ins Leere.
    Beim ersten Tageslicht wachte er auf, und zwar genau an der Stelle, an der er gefallen war. Sein Kopf schmerzte gewaltig. Er blickte sich um. Die Frauen hatten das Tischlein, die Stühle und die Weinkrüge ins Haus getragen und alles sauber gemacht.
    Nur der Kadaver von Aulissis Hund sagte ihm, dass er nicht geträumt hatte.
    Mühsam erhob er sich vom Boden. Völlig benommen, torkelte er ins Haus und legte sich aufs Bett. Ihm blieb nichts anderes übrig, als mit geschlossenen Augen so dazuliegen und darauf zu warten, dass das Kopfweh verging, das so schlimm war, als hämmerte jemand mit einem Fäustel in seinem Schädel herum.
    Hin und wieder kehrte die Erinnerung an einzelne Begebnisse aus der vergangenen Nacht zurück, doch er glaubte sie einfach nicht, hielt sie für unwahr, konnte sie nicht begrei- fen.
    Wie war es möglich, dass er diese Unmengen an Wein getrunken hatte, er, der er höchstens vier Gläser über den ganzen Tag verteilt trank?
    Wie war es möglich, dass er seine Manneskraft wie ein milchbärtiger Junge verschleudern konnte, der noch nie eine nackte Frau gesehen hatte?
    Wie war es möglich, dass die Urgroßmutter, die in einem Jahr hundert sein würde, Grò mit bloßen Händen erwürgt hatte?
    Und wieso redete sie in manchen Augenblicken so fremdartig? Was war das für eine Sprache?
    Wetten, dass Minica eine Hexe war, eine, die mit den Teufeln tanzte und es auch schon mal mit Tieren trieb, eine, die in der Lage war, einen bösen Zauber auszuführen?
    Und wieso konnte sie sich erlauben, Donna Pina wie eine Magd zu behandeln?
    Plötzlich erinnerte er sich, dass auch Maruzza in derselben Sprache geredet hatte wie ihre Urgroßmutter. Was hatte das zu bedeuten? Dass auch Maruzza eine Hexe war und Zaubereien auszuführen vermochte?
    Nein, nicht Maruzza! Hexen sind alt und hässlich, während Maruzza doch jung und schön war, eine Blume, ein Zuckerchen, das man sich auf der Zunge zergehen lassen will, um es noch länger zu genießen.
    Doch halt!
    Das Wort «Zunge» erinnerte ihn daran, dass Maruzza ja den fleckigen Stein mit der Zunge abgeschleckt und dann zu lachen begonnen hatte, schlimmer gar als ihre Urgroßmutter.
    Wieso nur hatte sie das getan? Was für ein Vergnügen hatte sie dabei empfinden können, einen Stein mit der Zunge abzuschlecken?
    Die Antwort kam ihm so unvermittelt wie ein Messerstich aus dem Hinterhalt: Sie hatte den Stein abgeschleckt, weil Aulissis Blut auf ihn getropft war, als die Fischer ihn auf die Erde gelegt hatten!
    Dann bedeutete das doch, dass die beiden Frauen über Aulissis Tod beglückt

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