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Die Frau aus dem Meer

Die Frau aus dem Meer

Titel: Die Frau aus dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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besser, dass ich zwei gleiche Zisternen baue? Dann brauche ich nur einmal zu fahren, um das Wasser zu holen.»
    «Wie Ihr wollt! Und dann müsst Ihr auch noch Ringe für die Hochzeit kaufen.»
    «Wie steht es eigentlich mit dem Ring, den Minica mir gestern Nacht …»
    «Den hat sie wieder an sich genommen.»
    «Und wieso?»
    «Diese beiden Ringlein haben Minicas Urgroßvater und Urgroßmutter miteinander verbunden, dann den Großvater und die Großmutter, dann den Vater und die Mutter, dann Minica und ihren Mann, danach ihren Sohn und dessen Frau, danach ihren Enkel und dessen Frau, und jetzt werden sie für Euch und Maruzza herhalten.»
    Als Erstes baute Gnazio das dritte Zimmer, und zwar genau nach den Maßen der beiden unteren. Und er baute auch eine Holztreppe hinein, die das Schlafzimmer mit dem oberen Zimmer verband. Doch zur Meeresseite baute er statt eines Fensters einen großen Balkon, damit Maruzza den Ausblick ganz genießen konnte.
    Dann baute er zwischen dem Haus und der Straße die erste Zisterne von dreieinhalb Metern Höhe und drei Metern Innenumfang. Er baute auch eine kleine steinerne Treppe, die um die Außenmauer herumlief, und die große Öffnung unten, um das Wasser abzulassen. Innen in der Zisterne brachte er in unterschiedlicher Höhe ein paar hervorspringende Steine an, damit Maruzza sich mit Händen und Füßen daran abstützen konnte, wenn sie sich ins Wasser begab.
    Über den Daumen gepeilt, so rechnete er, würde er etwa zweitausend Liter Wasser brauchen, um die Zisterne zu füllen.
    Die zweite Zisterne, die der ersten in allen Einzelheiten genau entsprach, errichtete er zwischen dem Haus und dem Klosettraum.
    Eines Abends kam Donna Pina vorbei, um die fertige Arbeit zu begutachten.
    «Mir scheint, dass Maruzza genau das wollte», sagte sie zufrieden.
    «Kann Maruzza nicht selbst kommen, um sich alles anzusehen? Denn sollte etwas fehlen, ist immer noch Zeit, es gleich …»
    Seit der Nacht der sonderbaren Hochzeitszeremonie hatte er Maruzza nicht mehr gesehen.
    Er sehnte sich danach, sie wiederzusehen, und sei es auch nur für kurze Zeit, nur für eine Stunde, er wollte sie sprechen und lachen hören und zuschauen, wie sie sich bewegte …
    «Ihr könnt sie vorher nicht sehen. In Minicas Haus hält man es eben so. Mit der Kirche ist die Absprache für in acht Tagen getroffen, und zwar um zehn Uhr vormittags.»
    «Brauchen wir denn nicht auch Trauzeugen?»
    «Macht Euch um die mal keine Sorgen, darum kümmere ich mich schon.»
    Er kaufte einen schönen Sessel, ein Tischlein, eine elegante Lampe und möblierte das neue Zimmer.
    Dann ging er zum Sohn des armen Aulissi, der ebenfalls Aulissi hieß, um mit ihm zu reden. Der junge Mann war achtzehn Jahre alt und ein tüchtiger Arbeiter.
    «Aulì, hast du immer noch den Karren, den dein Vater hatte?»
    «Ja doch, ja, Don Gnazio.»
    «Hält der vier Fässer von jeweils tausend Litern aus?»
    «Ja doch, ja, Don Gnazio.»
    Er baute einen Raum von drei mal drei Metern neben dem Tiergehege und stellte die vier Fässer, die er eigens neu angeschafft hatte, dort auf. Damit war alles perfekt vorbereitet: Wenn Maruzza Meerwasser brauchte, ging Aulissi, Sohn des Aulissi, es mit dem Karren und den Fässern holen, und die Sache war erledigt.
    Doch plötzlich kam ihm ein Zweifel: Wie sollte er ein Fass von tausend Litern hochwuchten, um es in die Zisterne zu leeren? Aber dann hatte er eine Idee: Es genügte, wenn der Karren auf der Straße oberhalb seines Landstücks anhielt, und mit einer einfachen Pumpe könnte das Meerwasser somit ganz von alleine in die Zisterne laufen.
    In der Nacht vor der Hochzeit vermochte er kein Auge zu schließen. Er wälzte sich hin und wälzte sich her, stand auf und legte sich wieder hin.
    Am Morgen, als er vor dem Spiegel stand und sich rasieren wollte, sah er aus wie eine lebendige Leiche. Er zog den neuen Anzug an, spannte das Maultier vor den Karren und fuhr zu seiner Hochzeit.
    Doch Maruzzas Anblick blieb ihm verwehrt. Sie trug einen weißen Schleier auf dem Kopf, der auch ihr Gesicht bedeckte und so dicht war, dass man unmöglich etwas erkennen konnte. Nur ihre Hand sah er, als er ihr den goldenen Ring überstreifte. Danach gingen sie ins Rathaus, und auch dort schlug Maruzza den Schleier nicht zurück.
    Sie schlug ihn auch nicht zurück, als sie in die Taverne von Ciccio Scimeca gingen.
    Sie setzte sich zwar an seine Seite, das wohl, doch wollte sie nichts essen. Dabei hatte Ciccio Scimeco die köstlichsten Dinge

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