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Die Frau aus dem Meer

Die Frau aus dem Meer

Titel: Die Frau aus dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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ihr?», fragte Maruzza ihn zwei Monate vor der Niederkunft.
    «Deine Mutter hatte einen sonderbaren Namen, glaube ich. Wie hieß sie noch?»
    «Resina», antwortete Maruzza.
    «Wie dieses Zeug, das bestimmte Bäume absondern?»
    Maruzza musste lachen.
    «Bäume haben damit nichts zu tun. Aber wenn es dir nichts ausmacht, können wir sie Minica nennen, wie meine Urgroßmutter.»
    «Nein, der Name Resina gefällt mir besser.»
    Gnazio war bei der Nachricht, sie würden eine Tochter bekommen, zunächst etwas enttäuscht, doch allmählich wurde er immer zufriedener: Noch ein weibliches Wesen im Haus würde einen Ausgleich bringen. Denn von Tag zu Tag wurde Cola wilder.
    Da hatte er einen guten Einfall. Eines Morgens um fünf ging er zu Colas Bett, der im gleichen Zimmer wie sie schlief, und rief ihn.
    «Was ist, Vater?»
    «Steh auf, wasch dich und zieh dich an!»
    «Warum?»
    «Weil die Zeit gekommen ist, wo du mit mir arbeiten gehen sollst.»
    Und er nahm ihn mit, obwohl Cola erst vier Jahre alt und noch gar nicht in der Lage war, eine Hacke in der Hand zu halten. Auf diese Weise würde Cola vor lauter Erschöpfung durch die Arbeit vielleicht aufhören, Dummheiten auszuhecken. Und Gnazio hatte recht. Jetzt, wenn sie bei Dämmerung die Hacken wegstellten, war Cola so müde, dass er, sobald sie ins Haus kamen, nur noch aß, sich hinlegte und auf der Stelle einschlief.
    Eines Abends, als es schon zwei Tage über der Zeit war, sagte Donna Pina, nachdem sie Maruzza untersucht hatte:
    «Morgen kommt es bestimmt.»
    «Richte mir die Zisterne her!», sagte Maruzza.
    «O heilige Muttergottes!», rief Gnazio. «Kommt’s wieder über dich? Aber es ist doch noch gar nicht die Jahreszeit! Und außerdem, wo soll das Kindchen denn rauskommen, wenn du Sirene wirst?»
    «Nein, der Grund ist ein anderer», antwortete Maruzza, «ich möchte, dass Resina im Meerwasser geboren wird. Mir genügt eine einzige Zisterne.»
    Um sieben Uhr in der Frühe ging Gnazio Timpanaro rufen, der den Karren anspannte, nur zwei Fässer auflud, zum Strand fuhr, sie mit Meerwasser füllte, zurückkam und sie in die Zisterne goss.
    Drei Stunden später ließ Maruzza sich hinunter, dabei half ihr Donna Pina, die sich auf den Rand legte, ihr zusah und Ratschläge gab.
    Gnazio dachte, dass es besser wäre, arbeiten zu gehen und Cola mitzunehmen.
    Sie hatten gerade mit dem Hacken angefangen, als Donna Pina rief.
    «Gnazio! Kommt schnell her! Beeilt Euch!»
    «Komme ich auch mit?», fragte Cola.
    «Nein, du arbeitest weiter.»
    Er rannte. Als er ankam, sah er Donna Pina auf der obersten Stufe sitzen. Aus der Zisterne drang Maruzzas Wimmern.
    «Hört zu, Gnazio! Ich muss Maruzza helfen, die Sache gestaltet sich schwierig. Deshalb muss ich mich weit zu ihr hinunterbeugen, aber ich habe Angst, dass ich in die Zisterne fallen könnte. Ihr müsst mich festhalten.»
    «In Ordnung.»
    Er stieg nach oben, und als von Donna Pina nur noch die Beine draußen waren, packte er sie an den Füßen und hielt sie schwebend in der Luft.
    Hin und wieder rief Donna Pina:
    «Zieht mich raus! Zieht mich raus!»
    Und Gnazio zog sie heraus. Die Alte kam mit einem hochroten Gesicht nach oben.
    «Das Blut ist mir in den Kopf geströmt.»
    So war es, die Sache dauerte zwei Stunden. Am Ende rief die weiter halb in der Zisterne hängende Donna Pina:
    «Geschafft! Sie ist geboren!»
    Und nach einer Weile:
    «Zieht mich jetzt raus!»
    Gnazio zog, und die Alte kam heraus. An ihrer Brust hielt sie mit einer Hand das kleine Wesen. Dann setzte sich Donna Pina auf den Rand und legte es sich auf die Schenkel.
    «Wie geht es Maruzza?»
    «Gut. Macht Euch keine Sorgen.»
    Erst da betrachtete Gnazio seine kleine Tochter. Und er fühlte sich erstarren.
    Das Kind hatte nichts Menschliches an sich, es war ein Ungeheuer, das man nicht einmal ansehen mochte. Bis zum Bauch war alles in Ordnung mit ihm, doch vom Bauch abwärts hatte es weder Beine noch Füße; dort setzte ein Fischschwanz an, der mit Schuppen übersät war.
    Da fing Gnazio an zu zittern, er wiegte sich vor und zurück und musste sich erbrechen.
    «Was habt Ihr denn?», fragte Donna Pina.
    «Das … das ist … das ist ja ein Fisch!»
    «Ach, redet doch keinen Unsinn! Was denn für ein Fisch? Das hier ist das sogenannte Hemd! Resina ist mit dem Hemd geboren! Das bedeutet, dass sie ein Mädchen und eine Frau ist, die großes Glück erleben wird. Jetzt werde ich sie waschen, dann verschwindet das Hemd.»
    Sie drehte sich um, ließ das Wesen in

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