Die Frau aus dem Meer
und sie hatten einen Gummiknüppel bei sich, mit dem sie jeden schlugen, der nicht mit «Lalala» antwortete, wenn sie «Eijeijei» sagten. Und wie redeten die überhaupt?
Und dann, um das Fass vollzumachen, gab es im Ort jetzt drei Automobile, das heißt Karren ohne Pferde, allerdings mit einem Motor, der gewaltig stank und einen derartigen Krach machte, dass sein Maultier einmal, weil es Angst vor einem solchen Automobil hatte, das ganz dicht an ihm vorbeigeknattert war, zu Boden gestürzt war, mitsamt allen Tomaten, Kürbissen, Kartoffeln und Aprikosen, die er verkaufen wollte.
Nein, das war nicht mehr nach seinem Geschmack.
[zur Inhaltsübersicht]
Geschlechterfolgen und abschließende
Ereignisse
Ciccina heiratete einen aufrechten Burschen, der ’Ntonio Pillitteri hieß und seinem Vater, einem tüchtigen Tischler, zur Hand ging. Und auch er hatte diesen Beruf erlernt. Wenn der Ewige ihnen zur Seite stand, würde mit ihnen alles gut verlaufen. Ciccina verließ das Haus in Ninfa und wohnte in Vigàta. Doch jeden Sonntag kam sie mit ihrem Mann nach Ninfa zum Essen im Kreise ihrer Familie.
Gnazio, der Sohn von Ciccina und ’Ntonio Pillitteri, wurde am sechzehnten März neunzehnhundertsechsundzwanzig geboren. Großvater Gnazio war bei seinem Tauffest so glücklich, dass er sich betrank.
Calorio verlobte sich mit einem jungen Mädchen aus Vigàta, das Angila Larosa hieß und die Tochter eines Großhändlers für Nahrungsmittel war. Vom ersten Tag der Verlobung an sagte der Schwiegervater, dass er Calorio in seinem Waren- lager haben wollte. Unter dieser Bedingung würde er der Heirat zustimmen. Da fing Calorio an, die Sache in die Länge zu ziehen, denn er wollte nicht, dass sein Vater allein auf den Feldern arbeiten müsste. Darüber schrieb er an Cola nach Amerika, und der antwortete, dass Calorio heiraten könne, wann immer er wolle, weil er, Cola, sich von diesem Augenblick an um seinen Vater, seine Mutter und Resina kümmern und ihnen alle drei Monate ausreichend Geld aus Amerika schicken würde. So konnte Calorio heiraten. Doch jeden Sonntag fuhr er mit seiner Frau nach Ninfa, um dort im Kreise seiner Familie zu essen.
Am fünften März des Jahres neunzehnhundertdreißig feierte Gnazio seinen achtzigsten Geburtstag. Doch er wirkte wie sechzig. Sie aßen alle gemeinsam, der kleine Enkel Gnazio, der nun vier Jahre alt war, wollte neben seinem Großvater sitzen. Cola schickte ein Telegramm aus Amerika.
Calorio und Angila nannten ihren ersten Sohn ebenfalls Gnazio. Auch dieses Mal betrank sich Großvater Gnazio und ging über die Felder und sagte: «Heilige Maria, wie viele Gnazios!»
Neunzehnhundertachtunddreißig entdeckte Cola einen Stern, den nie zuvor jemand gesehen hatte. Und weil es ihm zukam, dem Stern einen Namen zu geben, nannte er ihn Resina. An Gnazio schickte er einen Ausschnitt aus einer amerikanischen Zeitung, in dem über diese Entdeckung berichtet wurde.
An einem Morgen im Mai des Jahres neunzehnhundertneununddreißig hörte Gnazio, dass Resina auf dem Balkon sang. Das Lied erzählte von einer Grotte auf dem Grund des Meeres, in der es eine riesige Luftglocke gab, daher konnten dort auch Geschöpfe leben, die an Land geboren worden waren. Als er sie singen hörte, fiel es Gnazio ein, dass Maruzza ihn nicht darum gebeten hatte, die Zisternen mit Meerwasser zu füllen, wie sie es sonst immer tat, wenn die Jahreszeiten wechselten.
«Ich brauch’s nicht mehr», erklärte Maruzza ihrem Mann.
Da erinnerte er sich, dass es über ein Jahr her war, dass er sie zuletzt hatte singen hören.
«Ich habe keine Lust mehr dazu», sagte Maruzza.
Daher benutzte Resina weiterhin die Muschel.
Neunzehnhundertvierzig schickte Cola einen Brief an Gnazio, in dem er schrieb, dass er, weil Italien einen Monat zuvor in den Krieg eingetreten sei, sich auf einem Dampfschiff namens
Lux
, das nach Genua fahre, einschiffen und am zwanzigsten August nach Hause zurückkehren würde. Das Schiff gehöre einem Land an, das sich nicht im Krieg mit irgendwem befinde und daher sicher sei. Er wolle ein paar Tage in Ninfa bleiben und dann nach Mailand fahren, wo er Universitätsprofessor würde.
Am Morgen des vierundzwanzigsten Juli neunzehnhundertvierzig wachte Gnazio bei Tagesanbruch auf, wie er das ein Leben lang getan hatte und auch jetzt noch tat, wo er bereits über neunzig war. Er sah, dass Maruzza nicht neben ihm lag, stand auf, suchte sie und fand sie im oberen
Weitere Kostenlose Bücher