Die Frau aus Flandern - eine Liebe im Dritten Reich
einem etwas älteren belgischen Mann, wir beide schlecht gekleidet, fragten wir überall nach Essbarem, vor allem Kartoffeln. Es war schwierig, etwas zu besorgen, tagsüber lauerten die Spitfires und griffen jedes Ziel mit ihren Maschinengewehren an. Die Geschäfte hatten daher kaum Nachschub. Aber sobald es dunkel wurde, war jeder unterwegs. Die Straßen waren voller Lkws und Menschen in und außerhalb der Dörfer oder Städte, Soldaten gingen zur Front oder kamen zurück. Es war gespenstisch. Und die Front kam jeden Tag näher, von Westen und Osten.
Jupp macht weiterhin Fahrten für Daimler. Ady bleibt zurück und macht sich Sorgen, bis er wieder bei ihr ist. Sie hält Kontakt zu Renée und den anderen und auch sie hat Mühe, sich zu versorgen. Und andauernd müssen sie in den Keller bei Fliegeralarm. Sie hat Angst vor den Bomben und vor den Tieffliegern, wenn sie hinausgeht zum Flugplatz, wo Renée und die anderen stationiert sind. Es ist eiskalt und sie ist allein.
Vielleicht muss sie auch vor den Deutschen um sie herum Angst haben, ihren Vermietern oder ihren Nachbarn. So mancher Unverbesserliche mag noch an den »Endsieg« geglaubt haben. Andere mögen in ihrer Verzweiflung Menschen wie Ady für ihr Schicksal verantwortlich gemacht haben. Ady war nicht nur ein Mund mehr, der auch noch zu stopfen war. Man wusste, die letzte Bombe war in Antwerpen noch nicht gefallen. Da mag Ady zehnmal die Frau eines Deutschen gewesen sein oder Angestellte bei Daimler. Die waren alle weit weg.
Jupp transportierte Maschinenteile und andere Technik aus dem Reparaturbetrieb an ihren neuen Bestimmungsort. Viele Alternativen boten sich Daimler nicht mehr. Untertürkheim war bereits zerstört, doch im Neckartal bei Obrigheim hatte Daimler-Benz das ehemalige Flugmotorenwerk Genshagen unterirdisch eingraben lassen.
Auch in Illesheim können sie vom FRB nicht lange bleiben, Anfang März geht es weiter, das neue Ziel ist Wicklesgreuth. »We had to move again from Illesheim over Stein where we had to take the train over Ansbach, than we had a smaller train to Wicklesgreuth through Lichtenau. The halls were all in the woods.« Wicklesgreuth ist ein kleiner Ort. Er verfügte mitten im Wald über einen Bahnhof und daher bereits vor dem Krieg über eine Werkstatt für Flugzeuge des nahe gelegenen Flughafens Katterbach, der noch heute als Militärflugplatz genutzt wird. Zu der Werkstatt kam während desKrieges eine Fabrikanlage hinzu, in zwei Hallen wurden Flugmotoren repariert.
Die großen Teile, die Maschinen kamen in diesen Hallen unter. Der ehemalige Front-Reparaturbetrieb richtete sich in Wicklesgreuth provisorisch ein. Darüber, ob und was das Werk noch leisten konnte, ob noch repariert wurde, kann man nur Vermutungen anstellen. Renée erwähnte einmal, dass sie dort noch Material gehabt hätten, aber es sei zur Neige gegangen. Möglich, dass über den nahen Flugplatz Katterbach Motoren hereinkamen und die Techniker sie reparieren konnten, soweit noch Ersatzteile zur Hand waren.
Renées Chef Helmuth Berthold unterschreibt ihre Entlassungspapiere. Damit endet ihr Arbeitsverhältnis bei der FRB 10 GmbH am 30. April 1945.
Doch auch die Hallen im Wald von Wicklesgreuth sollten nicht für die Dauer sein. Die Amerikaner rückten von Norden her schnell nach Franken vor, und die Daimler-Leitung fasste den Plan zur erneuten Verlegung. Der Betrieb musste aufgelöst werden und die Mitarbeiter sollten möglichst verstreut und nicht in der Nähe des Flugplatzes privat unterkommen. Zu groß war die Gefahr der Bombardierung durch die Amerikaner bei deren Vorrücken.
Das geht nicht mehr lange
Einige ziehen los, um die Quartiere zu suchen, auch Renée. »So I had to help people to find a room. Ich war dort zusammen mit einigen Leuten beim Bürgermeister im benachbarten Immeldorf, um für acht Leute eine Unterkunft zu finden.« Renée wird an eine Bäuerin verwiesen. Die kann jede Hilfe vertragen, ihr Mann ist an der Front und sie nimmt Renée auf. Auch die anderen belgischen Arbeiter und Bürokräfte werden bei den Bauern in den Dörfern der Umgebung untergebracht. »We helped the farmers wifes for food and a bed and at least we got decent meals. Wages were at that time of no concern. I was lucky with my ›home‹. I got no wages, but I was content to have my meals and a bed. I helped at the little farm, they had five cows, and in the field.«
Eines Tages, Renée ist mit der Bäuerin auf dem Feld, erhält sie die Nachricht, sie solle zu ihrem
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