Die Frau des Diplomaten (German Edition)
Adressen in Berlin. Er verfügt über einen der größten Weinkeller Europas.“
Paul stößt einen Pfiff aus. „Das kann man wohl sagen.“
„Der Keller ist extrem stabil gebaut. Während der Bombardierungen ging hier nicht eine einzige Flasche zu Bruch. Die Familie Meierhof hat vielen Menschen Zuflucht gewährt in den Nächten, in denen Berlin bombardiert wurde.“
Vielen Deutschen , denke ich. Menschen, die meine Feinde waren.
„Ganz normalen Menschen“, fügt sie hinzu, als hätte sie meine Gedanken erraten. „Menschen, die versuchten, den Krieg zu überleben. Die Meierhofs hätten es für jede Seite getan. Und jetzt sind sie entschiedene Antikommunisten, darum dürfen wir den Keller in Notfällen benutzen.“
„Wird kein Kellner herkommen, um eine Flasche zu holen?“, will ich wissen.
Jan schüttelt den Kopf. „In der Küche gibt es einen Vorrat, der für den Abend mehr als ausreicht. Das hier ist nur die Reserve.“ Sie deutet auf eine kleine Klappe an der rückwärtigen Wand. „Falls ein Gast einen speziellen Wein haben möchte, schickt Herr Meierhof mit dem Aufzug eine Notiz nach unten, und wir schicken ihm die entsprechende Flasche rauf. Uns wird hier unten niemand stören.“ Sie zeigt auf den Tisch. „Setzen wir uns doch, dann können Sie mir erzählen, was Sie nach Berlin führt.“
Ich zögere und sehe zu Paul. Tagelang habe ich mir vorgestellt, was ich sagen werde, wenn ich Marcelitis gegenüberstehe, und nun ist es so weit, und ich weiß nicht, was ich tun soll. „Ich bin Michael Stevens“, stellt Paul sich vor. „Ich bin vom US-Geheimdienst. Und das ist Marta, sie arbeitet für die britische Regierung.“ Mir fällt auf, dass er nur meinen Vornamen nennt.
Jan schüttelt erst Pauls Hand, dann meine. „Freut mich, Sie kennenzulernen. Wer ich bin, wissen Sie bereits.“
Ich nicke. „Ihretwegen sind wir hier.“
„Wir waren ein wenig überrascht“, ergänzt Paul. „Wir dachten, Jan Marcelitis sei …“
„Sei ein Mann?“, führt Jan den Satz zu Ende und lächelt. „Den Fehler machen viele, und das schon sehr lange. Menschen, die mir nie begegnet sind, gehen fast immer davon aus, dass ich ein Mann bin. Ich lasse die Leute in dem Glauben, es dient meiner Tarnung. Und jetzt sagen Sie mir, warum Sie hier sind und wer Sie geschickt hat.“ Plötzlich wirkt Jan wieder kühl und sachlich.
„Geschickt wurde eigentlich nur Marta“, erwidert Paul. „Ich bin eher zufällig dabei.“
„Ich arbeite in London für das britische Außenministerium, in der Abteilung für osteuropäische Angelegenheiten“, erkläre ich rasch.
Jan sieht zu mir. „Dann sind Sie ebenfalls Agentin?“
„Eigentlich bin ich nur eine Sekretärin.“
„Wie soll ich das verstehen?“
„Die Regierung hat mich nach Prag geschickt, weil ich einen Bekannten von Ihnen kenne, Marek Andek. Wir waren während des Krieges gemeinsam im polnischen Widerstand.“
„Andek ist ein guter Mann“, bemerkt sie. „Ich habe gehört, dass er verhaftet wurde.“
„Wissen Sie, wie es ihm geht?“
„Leider nicht. Aber für unsere Leute, die vor der Machtübernahme in Prag verhaftet wurden, sieht es nicht gut aus. Andek ist entweder tot oder auf dem Weg in ein sowjetisches Gefängnis.“ Mein Magen verkrampft sich, als ich an Emma denke. Wie soll sie zusammen mit den beiden Kindern überleben, wenn Marek nicht zu ihr zurückkehrt? „Was will die britische Regierung von mir?“
Ich schlucke und zwinge mich, nicht länger an Emma zu denken. „Unser Geheimdienst wird in letzter Zeit durch undichte Stellen in seiner Arbeit stark behindert. Vor Kurzem gelangten wir in den Besitz einer Liste, mit deren Hilfe wir die Personen identifizieren können, die für die Sowjets arbeiten. Aber wir können den Code nicht entschlüsseln.“
„Also sind Sie gekommen, damit ich Ihnen den Dechiffrierer gebe“, stellt sie fest, und ich nicke bestätigend. „Angenommen, ich hätte ihn, wie kommen Sie auf die Idee, dass ich ihn Ihnen überlassen würde?“
„Wir sind bereit, eine halbe Million US-Dollar dafür zu zahlen. Das Geld befindet sich bereits auf einem Schweizer Nummernkonto.“
Jan zuckt mit den Schultern. „Ein Dutzend Länder ist bereit, die doppelte Summe für den Dechiffrierer zu zahlen. Es geht nicht um Geld.“
„Die Regierungen von Großbritannien und der Vereinigten Staaten wollen Ihre Organisation im Kampf gegen die Kommunisten unterstützen“, erklärt Paul. „Sie haben versprochen …“
„Verzeihen Sie,
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