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Die Frau des Germanen

Die Frau des Germanen

Titel: Die Frau des Germanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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nickte. »Das wäre wirklich das Beste. Segimer sollte seine verhängnisvolle Einstellung mit sich ins Grab nehmen.«
    Ingomar seufzte. »Mehr und mehr hat er sich in den letzten Jahren von allem Römischen abgewandt. Aber das Bündnis der Cherusker
     mit den Römern ist wichtig. Man muss dafür sorgen, dass Segimer keinen Einfluss auf seine Nachfolge mehr nehmen kann.«
    Segestes zog die Mundwinkel herab. »Hoffen wir, dass der Tod schneller ist als sein ältester Sohn. Oder … hoffen wir, dass
     Arminius andere Ansichten vertritt als sein Vater. Schließlich ist er in Rom erzogen worden.«
    »Aber er ist ein gehorsamer Sohn. Der letzte Wunsch seines Vaters wird ihm heilig sein. Und ich weiß von Flavus, dass Arminius
     sich schon mehr als einmal kritisch geäußert hat. Er hat es gewagt, die Gladiatorenspiele im Amphitheater ein unwürdiges Schauspiel
     zu nennen. Und das, während er neben dem Kaiser in dessen Loge saß.«
    Segestes schien gegen seinen Willen beeindruckt zu sein. »Mutig von ihm«, murmelte er. »Und wenn wir ehrlich sind, Ingomar
     … ist es nicht wirklich ein unwürdiges Schauspiel, wenn Menschen von wilden Tieren gehetzt werden und andere sich daran ergötzen?«
    »Meinetwegen«, gab Ingomar zu. »Aber er hätte es nicht sagen dürfen. Er hätte sich die Sympathien des Kaisers verscherzen
     können, und wir alle hätten es ausbaden müssen.«
    »Hat er sich denn …?«
    Ingomar unterbrach. »Nein, der Kaiser mag ihn. Er hat Glück gehabt. Manch anderer hätte sich nach einer solchen Kritik selbst
     in der Manege wiedergefunden und sich zum Vergnügen der römischen Gesellschaft von einem wilden Tier auffressen lassen dürfen.«
    |50| »Du übertreibst, Ingomar.« Segestes schien keinen Gefallen mehr an diesem Thema zu haben.
    »Mag sein«, gab Ingomar zu. »Aber das ist ja noch nicht alles. Arminius hat angeblich dagegen protestiert, wie mit den besiegten
     Marsern umgegangen wird. Selbstverständlich gehen sie in die Sklaverei. Was sonst? Aufständische werden getötet, ihre Töchter
     in Bordelle gebracht, und alles, was sich dem römischen Heer entgegenstellt, wird hingemetzelt. Na und?«
    Segestes lachte. »So ist das nun mal, wenn man sich erobern lässt. Und wenn man die römische Herrschaft nicht anerkennt. Das
     beweist doch, wie gut und wichtig es ist, mit den Römern zu paktieren. Lebenswichtig sogar!«
    Nun hielt Thusnelda es nicht mehr im Schatten. Fest entschlossen trat sie zwei, drei Schritte ins Licht des Küchenfeuers.
     »Wie könnt Ihr so etwas sagen, Vater? Meine Mutter war Marserin. Wenn sie noch lebte, würdet Ihr dann auch so sprechen? Und
     was ist mit ihrer Familie? Mit unseren Verwandten?«
    Aus Segestes’ lächelndem Gesicht war schlagartig eine finstere Miene geworden. »Jeder hat die Chance, am Leben zu bleiben.
     Wer sie nicht nutzt, muss eben die Folgen tragen.«
    »Und was ist mit unseren Bauern?«, fragte Thusnelda hitzig. »Sie müssen jetzt Steuern zahlen. Das mussten früher nur Unfreie,
     die das Stammesrecht verloren hatten. Dem einfachen Volk geht es unter den Römern viel schlechter. Warum also soll ihre Herrschaft
     gut sein?«
    Segestes’ Augen wurden dunkel vor Zorn, und seine Miene verfinsterte sich weiter, als er Ingomars belustigten Blick bemerkte.
     Scharf antwortete er seiner Tochter: »Dem Volk geht es nicht schlechter, nur weil es Steuern zahlen muss. Es wird ihm bald
     besser gehen, die Erziehung muss nur erst abgeschlossen sein. Auf dem Weg zum kultivierten Volk, das so viel kann und leistet
     wie das römische, müssen eben Opfer gebracht werden.«
    Noch immer belustigt ergänzte Ingomar: »Und was die Römer für Germanien tun, muss natürlich bezahlt werden. Technik, Kunst,
     Kultur – das alles wird bald in Germanien Einzug |51| halten. Städte werden sich entwickeln, Straßen gebaut werden …«
    »Obwohl Varus mit den Steuern seine großen Feste finanziert?«, fragte Thusnelda – und erschrak über ihre eigenen Worte. Derart
     aufsässig hatte sie noch nie mit ihrem Vater gesprochen, und das in Gegenwart eines Gastes! »Verzeiht, Vater«, stieß sie hervor
     und senkte den Blick. »Ich bin ein Weib und verstehe nichts von diesen Dingen.«
    »Das will ich meinen!«, knurrte Segestes. »Also mach dich bereit für den Ritt zur Teutoburg, anstatt dich in die Gespräche
     von erwachsenen Männern einzumischen.«
    Ingomar begann zu lachen. »Es wird Zeit, dass deine Tochter heiratet, Segestes. Fürst Aristan wird schon dafür sorgen,

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