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Die Frau des Germanen

Die Frau des Germanen

Titel: Die Frau des Germanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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über Kopf hatte
     er die Tochter eines anderen germanischen Fürsten geheiratet, der ohne Söhne geblieben war. Ingomar hatte sich Hoffnungen
     gemacht, nach dem Tod des Schwiegervaters auf den Fürstenthron zu kommen und von da an die gleiche Macht zu genießen wie sein
     Bruder Segimer auf der Teutoburg. Dann aber war ein Halbbruder seiner Frau aufgetaucht, der Sohn einer Magd, die seit Jahren
     das Bett ihres Herrn teilte. Und dieser junge Mann schaffte es, das Herz des kranken Fürsten zu erobern, was Ingomar nie gelungen
     war. Als dann noch seine Frau |56| im Kindbett starb und auch der neugeborene Junge nicht überlebte, war für Ingomar kein Platz mehr im Haus seines Schwiegervaters.
    Thusnelda drehte sich um, als sie spürte, dass sich in ihrem Rücken, am Ende des Zuges, etwas veränderte. Das Schweigen, von
     dem sie empfangen worden war und das über der gesamten Burg lag, veränderte sich plötzlich. Das dumpfe Knarren des Tores,
     das sich hinter ihnen schließen sollte, verstummte. Füße scharrten, die Stille wurde durch ein paar aufgeregte Anweisungen
     unterbrochen. Nun bemerkten auch Ingomar und Segestes, dass etwas in ihrem Rücken geschah, und wandten sich um. Das große
     Tor der Teutoburg, das sich gerade schließen wollte, wurde erneut geöffnet. Hell knarzte diesmal das Holz, als es aufgestoßen
     wurde, und dann sahen sie die beiden Reiter, die mit ihrem Gefolge auf die Teutoburg zupreschten.
    »Arminius und Flavus«, flüsterte Inaja.
    Thusnelda warf Ingomar einen Blick zu, der wütend der Ankunft seiner Neffen entgegenstarrte, dann sah sie ihren Vater an,
     der eine sorgenvolle Miene aufsetzte. Die Wächter gaben sich keine Mühe, ihre Freude zu verbergen. Sie lachten den Söhnen
     ihres Fürsten entgegen.
    Die Gestalten der beiden wuchsen in dem geöffneten Tor heran, und schon bald füllten sie es aus. Direkt dahinter brachten
     sie ihre Pferde zum Stehen. Zwei junge römische Offiziere, die auf dem Weg in den Kampf zurückgeholt worden waren und ihre
     Rüstung nicht abgelegt hatten, die ihnen auf dem Weg in die Heimat vermutlich das Fortkommen erleichtert hatte. Jeder von
     ihnen trug eine rote Tunika, darüber einen Brustpanzer, der aus mehreren Platten bestand, die durch Lederbänder miteinander
     verbunden waren, so dass der Panzer flexibel war und die Schulterbewegungen nicht behinderte. Einen ledernen Gürtel hatte
     jeder von ihnen um die Hüfte gebunden, verziert mit blitzenden Metallstücken. Gleichzeitig nahmen sie die Helme von den Köpfen,
     die blonden Haare, die zum Vorschein kamen, fielen ihnen bis auf die Schultern.
    |57| »Ist unser Vater noch unter uns?«, fragte Arminius und nickte erleichtert, als einer der Wächter ihm versicherte, dass der
     sterbende Fürst sich an sein Leben klammere, um den ältesten Sohn noch als Nachfolger ausrufen zu können.
    »Wir haben das erste Schiff genommen«, erklärte Arminius, »das den Rhein hinabfuhr. Nur gut, dass Tiberius mir einen Gefallen
     schuldete und uns gehen ließ.«
    Thusnelda betrachtete Arminius fasziniert. Was für ein schöner Mann! Die hohe, breite Stirn, die kräftigen Wangenknochen,
     das kantige Kinn! Ein markantes und doch freundliches Gesicht, herrisch und rau wie das eines Kriegers und doch mit weichen
     Zügen, die von seinen hellen Augen noch betont wurden. Sehr aufmerksam blickte er um sich, wachsam und gebieterisch, aber
     auch milde und sogar ein wenig scheu. Sein Bruder dagegen hatte zwar die blonderen Locken, aber sein schmales Gesicht war
     nichtssagend mit einem fliehenden Kinn, das ihn unentschlossen und ausdruckslos machte. Seine Augen strahlten nicht, sie verbargen
     sich unter den Brauen, die so hell und weich waren, dass sie der Unentschlossenheit einen Rahmen gaben und nicht der Furchtlosigkeit.
     Flavus’ Blick lief hastig von einem zum anderen, ohne sich ein Bild einzuprägen. Wer von ihm angesehen wurde, glaubte sich
     im nächsten Moment bereits wieder vergessen. Arminius’ Blick dagegen zeichnete die Dinge und die Menschen, die er sah, aus.
    Die beiden Brüder machten keine Anstalten abzusitzen. Sie drängten sich an dem Tross der Besucher vorbei, warfen Ingomar und
     Segestes einen Gruß zu und wollten ihren Pferden die Sporen geben, obwohl der Weg zum Haus des Fürsten, vorbei an den geduckten
     Hütten der Burgbewohner, schmal und mit runden, holprigen Steinen gepflastert war. Der junge Germane, der sich in Arminius’
     und Flavus’ Gefolge befand, griff erschrocken in die Zügel,

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