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Die Frau des Germanen

Die Frau des Germanen

Titel: Die Frau des Germanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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nichts zu suchen hat.«
    Thusnelda legte den Löffel zurück, mit dem sie Amma beim Grützerühren helfen wollte. Sie sah nicht, dass die Magd ihn unauffällig
     verschwinden ließ, damit die Tochter des Fürsten nicht noch einmal auf die Idee kam, ihr zu helfen.
    |47| Angstvoll sah Thusnelda ihren Vater an. »Du wirst mir doch Inaja nicht nehmen?«
    Segestes antwortete nicht, und Thusnelda atmete auf. Sie wusste, dass ihr Vater nicht gern Nachgiebigkeit zeigte. Wenn er
     schwieg, konnte sie hoffen, dass er einlenkte. »Mach dich bereit«, brummte er. »Wir werden in die Teutoburg ziehen, um Segimer
     die letzte Ehre zu erweisen.«
    Doch bevor es so weit war, mussten Ingomar und seine Begleiter beköstigt werden. Segestes sorgte dafür, dass die Mägde Brotfladen
     hereinbrachten, dazu Butter und Quark. Alles wurde auf kleinen Holzgestellen serviert, die vor den Sitzbänken aufgestellt
     wurden. Die Knechte gaben den Männern Bier in ihre Trinkhörner, die sie gierig leerten. Es wurde aus Gerste gebraut, Eschenblätter
     und Schafgarbe setzte Segestes persönlich zu, die dem Bier einen säuerlichen Geschmack verliehen, das damit zu einem guten
     Durstlöscher wurde.
    »Euer Bruder Segimundus sagt«, flüsterte Inaja in Thusneldas Rücken, »die Römer halten unsere Männer für Säufer.«
    Thusnelda nickte. »Sie wissen nicht, dass man die Hörner zwischendurch nicht absetzen kann. Man muss sie in einem Zug leeren.«
     Sie verbot ihrer Dienstmagd mit einer energischen Handbewegung das Wort. »Du musst mich jetzt umkleiden.« Sie drehte sich
     um und ging in ihre Kammer. »Du solltest dir die Haare kämmen, Inaja. Du wirst mich zur Teutoburg begleiten.«
    Während die Magd die Festtagskleidung ihrer Herrin aus einer großen Holztruhe nahm, blieb Thusnelda in der Tür ihrer Kammer
     stehen und betrachtete die Männer. Ihre Gestalt lag im Schatten, denn im Hause war es wie immer dämmrig, nur in der Nähe des
     Herdfeuers, an dem die Männer saßen, gab es Licht.
    Ingomar bemerkte nicht, dass er beobachtet wurde. Er war ein großer, kräftiger Mann, mit breiten Schultern, dicht behaarten
     Armen und einem bärtigen Gesicht. Wie bei Thusneldas Vater waren seine langen Haare über der rechten Stirn zu einem |48| Suebenknoten geschlungen und festgesteckt worden. Er trug enganliegende Hosen, die durch einen Gürtel gehalten wurden, dazu
     hohe, aus einem einzigen Lederstück gearbeitete Schuhe, die mit Lederriemen verschnürt waren. Sein weites Hemd war aus dunkler
     Wolle, den ebenfalls wollenen Überwurf hatte er abgelegt und auf die Bank geworfen, auf der er neben dem Hausherrn Platz genommen
     hatte. Seine Männer saßen weiter vom Feuer entfernt auf niedrigen Schemeln, die aus grob bearbeiteten Baumstümpfen bestanden.
     Die Wurzelenden, mal drei, mal vier, waren zu Füßen zurechtgestutzt. Manchmal so ungleichmäßig, dass die Männer auf ihren
     Sitzgelegenheiten hin und her wackelten, während sie redeten und tranken.
    »Es ist alles bereit«, sagte Inaja, und Thusnelda ging in ihre Kammer, ließ sich auf einem Schemel nieder und von Inaja die
     Haarflechten lösen. Ausgiebig kämmte und bürstete die Magd das dichte blonde Haar ihrer Herrin, ehe sie es erneut scheitelte,
     flocht und feststeckte.
    »Ihr müsst schön sein, wenn Ihr die Teutoburg betretet«, flüsterte sie.
    Thusnelda fragte nicht nach dem Warum und lachte auch nicht über die unsinnige Hoffnung ihrer Magd. Ja, sie wollte schön sein,
     wenn sie Segimers Familie gegenübertrat. Aber die Frage, warum ihr das wichtig war, wollte sie sich nicht beantworten. Sie
     verbot sich sogar, darüber nachzudenken, ob die beiden Söhne des Cheruskerfürsten rechtzeitig ans Sterbebett ihres Vaters
     kommen würden.
    Sie trat aus ihrer Kammer – und wieder scheute sie davor zurück, sich zu ihrem Vater und seinem Gast zu gesellen. Zögernd
     machte sie einen Schritt, verharrte dann aber, als wollte sie sich nicht ohne ihre Dienstmagd in männliche Gesellschaft begeben.
    Am Feuer wurde über Arminius gesprochen. »Wir sollten bald aufbrechen«, sagte Segestes. »Besser, wir kommen in der Teutoburg
     an, solange Segimer noch lebt.«
    Ingomar winkte ab. »Wichtig ist nur, dass Arminius noch nicht |49| zurück ist. Es wäre nicht gut, wenn mein Bruder noch Gelegenheit bekäme, seinen Sohn als Nachfolger zu bestimmen. Ich habe
     die älteren Rechte. Unser Vater hätte gewollt, dass ich als zweitgeborener Sohn meinem Bruder auf den Fürstenthron folge.«
    Segestes

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