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Die Frau des Germanen

Die Frau des Germanen

Titel: Die Frau des Germanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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als Arminius es sich plötzlich anders überlegte. Lachend fuhr
     sich der blonde römische Offizier durch die Haare, als er fragte: »Ist das etwa die kleine Thusnelda? Segestes’ Tochter, die
     zur Welt kam, kurz bevor ich als Kind nach Rom gesandt wurde?«
    |58| Thusnelda wurde rot und senkte den Blick, während ihr Vater unwirsch antwortete: »Ja, das ist meine Tochter, die Verlobte
     von Fürst Aristan.«
    »Aha!« Das war das Einzige, was Arminius erwiderte.
    Thusnelda sah auf, noch bevor er sich abwandte. Ein winziger Moment war es, in dem ihre Blicke sich trafen. Seine Augen sagten
     ihr etwas, ihre Augen empfingen es. Sie wusste nicht, was es war, vielleicht wusste auch er es nicht, dennoch war zwischen
     ihnen etwas ausgedrückt worden, was ihrer beider Leben veränderte. Als Arminius auf das Haus seines Vaters zuritt, konnte
     Thusnelda nicht den Blick von ihm lassen, und als er sich, bevor er absaß, nach ihr umwandte, starrte sie ihm immer noch nach.
    Ertappt drehte Thusnelda sich um und suchte nach Worten, die sie an Inaja richten wollte, um Arminius und auch sich selbst
     von ihrer unangemessenen Neugier abzulenken. »Vielleicht kannst du den Mägden der Teutoburg zur Hand gehen, während wir Segimer
     die letzte Ehre erweisen.«
    Aber Inaja bemerkte nicht, dass sie angesprochen wurde. Sie bemerkte nicht einmal, dass ihr Pferd nervös tänzelte und der
     Mann, der es am Zügel geführt hatte, alle Kraft aufwenden musste, um es zu halten. Thusnelda betrachtete ihre Dienstmagd erstaunt.
     Was war los mit ihr? Inaja, die Starke, Robuste, sah so schwach aus, als wäre ihr etwas auf den Kopf zugesagt worden, was
     sie ans Kreuz bringen konnte. So etwas wie Schuld war in ihrem Blick. Nein, Thusnelda korrigierte sich, Schuld war es nicht,
     sondern … ein Sichergeben ins Schicksal.
    Thusnelda konnte nicht ahnen, wie recht sie mit dieser Vermutung hatte. Ja, mit Inaja war etwas geschehen, etwas, was sie
     irgendwann das Leben kosten würde.
    Thusnelda lächelte gnädig. »Der junge Mann in Arminius’ und Flavus’ Gefolge ist Hermut. Habe ich recht?«
    Inaja sah sie an, als erwachte sie aus einem schweren Traum. Mühsam nickte sie. »Ja, das ist Hermut.«

|59| 3.
    D as Atrium war das Zentrum des großen Hauses. Hier wurden die Hausgötter verehrt, die Penaten und Manen, in denen die Geister
     verstorbener Vorfahren weiterlebten. Ihnen war ein kleiner Altar errichtet worden, der täglich mit frischen Blumen geschmückt
     wurde. Die Geister der Verstorbenen hatten großen Einfluss auf die Lebenden, niemand wollte es sich mit ihnen verderben.
    Das Atrium war ein großes Quadrat, das auf allen vier Seiten von marmornen Säulenreihen umschlossen wurde. Die Wege, die durch
     diesen Innenhof führten, bildeten ein klares Kreuz. Wo sie sich schnitten, stand der Altar der geringeren Götter, der Laren.
     Im Haus jeden Römers wurde mit den Göttern verhandelt, indem man Altäre errichtete und regelmäßig Opfer brachte, damit sie
     den Bewohnern gewogen waren. In ihrer Nähe stand auch die mit Bronze beschlagene Geldkiste, die jeder reiche Römer im Atrium
     aufbewahrte. Sie war so groß, das ein erwachsener Mann sich darin hätte verbergen können. Für ihre Bewachung war der Türsteher
     verantwortlich, nicht die Götter. Sie sollten nur dafür sorgen, dass die Truhe immer gut gefüllt war.
    Augustus bestärkte sein Volk in seiner Religion und auch in dem Glauben, dass er, der erste Kaiser Roms, ein göttliches Wesen,
     mindestens ein Halbgott sei. Das hatte seinen guten Grund. Denn wer würde sich schon gegen eine Gottheit auflehnen?
    Von jeder der vier Seiten des Atriums lief ein Weg schnurgerade zur gegenüberliegenden, von Buchs und Rosmarin eingefasst.
     Auf den vier Quadraten, die dadurch entstanden, wuchsen exotische Pflanzen, ihre Blüten waren winzig oder prunkend, stachen
     verstohlen durchs Laub oder entfalteten sich prächtig unter der Sonne. Viele Sklaven kümmerten sich um die Erhaltung der Anpflanzungen,
     sorgten für die notwendige Bewässerung, für die Beschneidung der Büsche, die Behandlung der Sprösslinge und Knospen, das Entfernen
     der trockenen Blüten und die Anordnung der frischen zum Zeitpunkt ihrer größten |60| Pracht in flachen Gefäßen und bauchigen Vasen. Die Rasenflächen wurden regelmäßig gewässert, damit die Herrschaften, die barfuß
     auf ihm lustwandeln wollten, über einen weichen Grasteppich gingen und kein trockener Halm ihre Fußsohlen kratzte.
    Severina ging nie

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