Die Frau des Polizisten
miteinander.«
»Was denken Sie, ist geschehen?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Vanja in einem Atemzug.
Per rückte sich auf dem Stuhl zurecht und räusperte sich lautstark.
»In den Zeitungen stand etwas von Drohungen. Sind jemals Drohungen gegen Sie oder Barbro ausgesprochen worden?«, fragte er.
»Gegen mich nicht«, antwortete sie mit heiserer Stimme.
»Aber gegen Barbro?«
»Ja.«
Sie schlug die Augen nieder und knetete ihre Hände, bevor sie mit plötzlicher Entschlossenheit Erika ansah.
»Ich kann nur so viel sagen, als dass nicht alle Vorgänge korrekt behandelt wurden. Ich kann Ihnen die Namen der Personen geben, wenn Sie möchten.«
»Ja, gerne«, erwiderte Erika.
»Ich habe so eine Ahnung, dass auch Sie sich bedroht fühlen. Stimmt das?«, wollte Per wissen.
Vanja schüttelte so energisch den Kopf, dass ihr Doppelkinn wackelte.
»Bestimmt nicht! Ich gerate gar nicht erst in solche Situationen.«
Aus der zuvor so warmen und freundlichen Stimme war Verachtung herauszuhören.
»Haben Sie oder jemand anderes diese Drohungen gehört? Oder gibt es Drohbriefe?«, wollte Erika wissen.
»Ja, einige haben wir in der Tat gehört, so massiv, wie sie geäußert wurden. Und andere Kunden haben wütende E-Mails oder Briefe geschrieben. Ich kann sie Ihnen zeigen …«
Eine feine Röte überzog Vanjas Hals. Erika betrachtete die rosafarbenen Flecken auf der blassen Haut. Vanja und Barbro hatten zwar einige Jahre zusammengearbeitet, waren aber offenbar nicht die besten Freundinnen gewesen. Und Vanja hatte mehr als deutlich gezeigt, was sie von Barbros Arbeit hielt. Konnten die Drohungen Hinweise auf ein Dienstvergehen sein? Die Assistentin hatte schließlich gesagt, dass Barbro ihre Arbeit nicht sonderlich professionell gehandhabt habe. Sich nicht an vereinbarte Termine zu halten, war häufig schon Anlass genug für beleidigende E-Mails oder Drohgebärden.
»Barbro hat in ihrem Zimmer einen großen Schrank.« Erika legte fragend den Kopf schief. Vanja nickte, ihr Mund verzog sich zu einem Strich.
»Elisabeth deutete an, dass Sie vielleicht einen Zweitschlüssel dafür haben könnten?«
»Nein, leider nicht. Nur Barbro hatte den Ersatzschlüssel.«
Vanja schluckte und spielte nervös an ihren Fingernägeln. Erika ließ die Sache auf sich beruhen.
Sie befragten noch eine Handvoll weiterer Arbeitskollegen, bevor der Tag sich dem Ende zuneigte, aber die Gespräche waren ähnlich unergiebig. Auf den Fluren herrschte eine angespannte Atmosphäre, und es gab einen starken Widerwillen, über Barbro und ihre Projekte zu reden. Vielleicht hatten sie vor irgendetwas Angst.
Erika betrachtete Pers ernsten Gesichtsausdruck, in seinen Augen lag ein finsteres Glühen.
»Glaubst du, dass unsere verschwundene Architektin ein Dienstvergehen begangen haben könnte? Bestechungsgelder kassiert hat? Oder jemandem auf die Zehen getreten ist, der es nicht vertragen hat?«, fragte sie. Sie erschrak beim Klang ihrer eigenen Stimme. Sie war angespannt und heiser. Die Müdigkeit und die Schmerzen, die sie zu unterdrücken versuchte, überrollten sie plötzlich wie eine gewaltige Flutwelle.
Per hielt inne und starrte Erika an, als ob sie sich die Kleider vom Leib gerissen hätte.
»Tja, das ist eine sensible Angelegenheit«, antwortete er nachdenklich. »Von Mauschelei wird immer mal wieder gemunkelt, warum also nicht? Du meinst, dass ein unzufriedener Kunde die Sache womöglich selbst in die Hand genommen hat?«, überlegte er ungläubig.
Per ließ seinen Blick lange auf Erika ruhen. Jegliche Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen, ihre Augen wirkten wie zwei große Glaskugeln. Was sie wohl für eine Last mit sich herumtrug?
Erika wich seinem Blick aus und drückte die eingegipste Hand an sich, die sie wie einen lästigen Klumpfuß empfand.
»Ich bleibe dabei, dass sie nur eine Frau mit gewaltiger Langeweile ist, die ihren Mann verlassen hat, wollen wir wetten?«, lächelte Per und knuffte freundschaftlich ihre Schulter.
»Okay«, gab Erika nach. »Ich glaube, dass sie mit ihrer heimlichen Liebhaberin durchgebrannt ist«, antwortete sie scharf, gab ihre schroffe Haltung aber auf, als sie das Funkeln in Pers Augen sah.
»Dann kommt sie groß in die Klatschblätter, mit einem strahlenden Lächeln und der neuen Ehefrau an ihrer Seite. Ein neues Netzwerk entsteht: ›Lesbische Stadtbedienstete‹. Wir haben auch Rechte!«, sagte sie mit einem neckischen Lächeln.
Pers Gesicht erhellte sich zu einem breiten Grinsen. Erika
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