Die Frau des Polizisten
süffisanten Lächeln, »Mit welchem Recht meinen Sie, unser Material sichten zu dürfen?«
Per gab keine Antwort, ballte nur die Hand in der Hosentasche zur Faust. Sten wandte ihnen den Rücken zu, ging mit langen ausgreifenden Schritten den Korridor hinunter und brachte sie zu Barbros Büro. Der beinahe quadratische Raum war großzügig geschnitten, mit zwei großen Fenstern mit Blick auf niedrige gelbe Häuser, die aussahen, als stammten sie aus einer bedeutend älteren Epoche als das Stadtbauamt. Auf Barbros Schreibtisch lagen Unmengen Papiere und Post, dazwischen ungeöffnete Weihnachtspräsente und eine große Pralinenschachtel, deren Deckel halb offen stand. Die Bücherregale waren die gleichen wie im Polizeigebäude; triste braune Dinger, die mit Ordnern und Fachliteratur vollgestopft waren. Keine Pflanzen in den Fensterecken, keinerlei Deko oder Bilder. Auf einem der Regale standen ein paar Katzenfotos, dieselben, die sie bei Barbro zu Hause gesehen hatten.
Am anderen Ende des Büros befand sich ein großer, hässlicher Metallschrank mit einem einfachen Vorhängeschloss. Stapelweise Briefe, Unterlagen und Schnellhefter lagen davorund blockierten die Schranktür. Sten Åhlander war im Türrahmen stehen geblieben.
»Ich bin bis 17 Uhr hier im Büro. Frau Jansson wird Ihnen behilflich sein, wenn Sie noch etwas benötigen.« Er machte auf dem Absatz kehrt und verschwand. Per machte eine Geste zur Tür.
»Ich schlage vor, dass wir bei Elisabeth anfangen«, sagte er verstimmt. »Die Puppen vom Empfang haben normalerweise den Überblick. Danach machen wir mit Barbros engster Kollegin Vanja weiter. Falls dir noch etwas einfällt, das wir wissen müssen, sag Bescheid. Ich hätte nichts dagegen, diese Wachsfigur noch ein bisschen in die Mangel zu nehmen«, brummelte er und ließ den Blick durchs Zimmer schweifen.
Er inspizierte den Metallschrank und suchte in der Schreibtischschublade nach dem Schlüssel, ohne fündig zu werden. Erika hob vorsichtig die Papiere und Ordner auf dem Schreibtisch an und entdeckte einen Tischkalender. Sie blätterte darin herum, ohne auf etwas Persönliches zu stoßen und ging die Post-it-Zettel und Notizen durch. Dann schaltete sie den Computer ein, musste aber feststellen, dass er durch ein Passwort gesichert war. Per warf ihr ein flüchtiges Lächeln zu. Sie tastete das Fensterbrett ab und sah unter die Schreibtischschubladen. Pers Lächeln wurde breiter.
»Du hast dich wirklich auf die Verschwörungstheorie eingeschossen, oder?«
»Hm, ich weiß nicht, aber eine Frau, die spurlos verschwindet, ohne ihrem Mann und ihren Eltern das geringste Lebenszeichen zu hinterlassen, hat entweder etwas zu verbergen – oder ihr ist etwas zugestoßen.«
»Darf ich kurz stören?«
Elisabeth Jansson erschien in der Tür. Per bat sie sogleich um den Schrankschlüssel.
»Ich habe keinen, tut mir leid«, antwortete Elisabeth rasch. »Für den hat, glaube ich, nur Barbro einen, obwohl – vielleicht besitzt Vanja noch einen Ersatzschlüssel.«
Sie versuchte ein Lächeln. Per nahm an, dass Sten sie bereits entsprechend instruiert hatte, und schluckte seine Bemerkungen hinunter.
»Können wir uns einen Augenblick mit Ihnen unterhalten?«, fragte Erika freundlich.
Elisabeth nickte, ihre Wangen unter der Puderschicht glühten. Erika wies auf den Besucherstuhl in Barbros Zimmer und zog diskret die Tür zu. Die Assistentin setzte sich, während ihr Blick zwischen Erika und Per hin und her huschte. Erika musterte einen Augenblick die perfekt geschminkten Augen und die glatte Haut, auf der die gut aufgetragene Tönung und gewiss auch das Puder jeden eventuellen Makel überdeckten. Unbewusst tastete sie nach ihrem eigenen Gesicht. Die linke Seite war immer noch geschwollen, und die Haut spannte, als sei sie eingelaufen und würde nicht mehr um den Schädel passen.
»Können Sie sich noch daran erinnern, wann Sie Barbro zuletzt gesehen haben?«, fragte Erika und nahm einen Notizblock und einen kurzen Bleistiftstummel aus der Tasche.
»Natürlich, das war am sechzehnten Dezember«, antwortete Elisabeth, wie aus der Pistole geschossen. »Sie hat sich in den Urlaub verabschiedet. Sie und ihr Mann sind immer über Weihnachten verreist, in den Süden oder in eine Großstadt, nach London oder Paris beispielsweise. Obwohl, diesmal sollte es New York sein.«
Es fiel Erika schwer, Elisabeths Mienenspiel zu deuten.
»Wann ist Ihnen klargeworden, dass Barbro verschwunden ist?«
»Als ihr Mann anrief und
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