Die Frau des Praesidenten - Roman
Griff, und auch sonst sagt niemand etwas.
»Ich bin nicht sicher, wie sie jetzt heißt«, sage ich, »aber sie ist viel älter als sechsunddreißig. Sie ist so alt wie ich. Sie war schon mal verheiratet und hieß damals Cimino. Dann hat sie sich wieder scheiden lassen und könnte inzwischen wieder verheiratet sein, und zwar mit …« Ich zögere. »In den späten Achtzigern hatte sie eine Beziehung mit einem Mann namens Pete Imhof. Sie könnten sich getrennt haben, könnten aber auch immer noch ein Paar sein. Er ist der Bruder von Andrew, dem Jungen, der …«
»Verstehe.« Hank nickt.
»Und außerdem ist er, also Pete … er ist derjenige, von dem ich schwanger war, aber er wusste nichts davon.«
»Dena wird es ihm erzählt haben.« Das klingt nicht wie eine Frage, sondern wie eine Feststellung.
Im Geländewagen ist es still bis auf das Geräusch der Sirenenunserer Polizeieskorte, aber selbst die klingen weit entfernt.
»Sorg dafür, dass die Ermittler sich rücksichtsvoll verhalten, wenn sie mit Dena reden«, sage ich zu Hank. »Ich wünschte, sie würde das hier nicht tun, aber ich will nicht, dass deswegen ihr Leben ruiniert wird oder dass sie ins Gefängnis muss.«
»War die Schwangerschaft vor oder nach Andrews Tod?« Ich kann förmlich sehen, wie Hank sich den Kopf darüber zerbricht, wie sich das verkaufen lässt – ob vielleicht der Tod die Abtreibung aufwiegen kann. Die Mühe kann ich ihm auch ersparen, denn die Antwort heißt nein.
»Danach«, sage ich.
Hank schweigt einige Augenblicke lang und verarbeitet, was er gehört hat, dann sagt er: »Gut, dann wissen wir also, was wir zu tun haben.« (Wenn ich es mir recht überlege – vielleicht betet uns Hank gar nicht auf Knien an. Es ist nicht zu leugnen, dass er diesen Skandal genießt, jedes schmutzige Detail. Man könnte sagen, dass er nichts lieber mag als Krisensituationen, aber vor allem liebt er es, in eben diesen Situationen für meinen Mann unentbehrlich zu sein. Es hat schon seinen Grund, dass Charlie ihn Shit Storm nennt.)
»Die Ermittler dürfen Dena nicht körperlich bedrohen«, sage ich. »Hörst du, Hank? Ich erwarte, dass sie sich respektvoll verhalten.«
»Alice, sie versucht eine Nominierung für den Supreme Court zu torpedieren, und sie lanciert eine Schmutzkampagne gegen den Präsidenten und die First Lady der Vereinigten Staaten.«
Ich runzle die Stirn. »Jetzt werd nicht melodramatisch.« Bevor ich mich wieder wegdrehe, um aus dem Fenster zu sehen, sage ich noch: »Wir waren damals eng befreundet.«
Ruhm beginnt damit, dass dein Name in den Nachrichten erwähnt wird, ob im Fernsehen, in der Zeitung oder in einer Zeitschrift. Entweder hat sich gerade etwas Wichtiges ereignet (dein Ehemann hat gerade mit sieben anderen zusammen ein Baseballteam gekauft), oder etwas Wichtiges steht kurz bevor(er ist im Begriff, seine Kandidatur für den Gouverneursposten bekanntzugeben oder gewählt zu werden), und dann beginnen sich Leute bei dir zu melden, flüchtige Bekannte aus dem Country Club, deren Haus du noch nie betreten hast und die auch nie bei dir zu Besuch waren. Sie rufen plötzlich an und hinterlassen spaßhaft gemeinte Nachrichten wie »Vergiss uns einfache Leute nicht«, oder »Ich habe euch auf Channel Four gesehen und wollte mich schnell bei dir melden, solange du noch weißt, wer ich bin«. Was auch immer da gerade geschehen ist oder bevorsteht, nimmt viel Zeit in Anspruch, dein Leben ist hektisch wie noch nie, und noch nie haben sich so viele Leute gleichzeitig aus so nichtigen Gründen bei dir gemeldet, und doch fühlst du dich jedes Mal verpflichtet zu antworten, damit sie nicht denken, die viele Aufmerksamkeit sei dir zu Kopf gestiegen. Dein Zahnarzt meldet sich bei dir, die Mathelehrerin deiner Tochter und Menschen aus deiner Vergangenheit: Sandkastenfreunde, ehemalige Mitschüler, ehemalige Kollegen. Sie sind erstaunlich gut darin, dich ausfindig zu machen. Manchmal wollen sie nur ein wenig Bestätigung, aber immer öfter bitten sie dich auch um einen Gefallen, und irgendwann erwarten auch Fremde Gefälligkeiten von dir. Sie bitten dich, bei einer Veranstaltung eine Ansprache zu halten, als Ehrengast aufzutreten, einem Stiftungsrat beizutreten, bei einer Benefizauktion ein Abendessen mit dir versteigern zu lassen. Sie wollen Karten für ein Baseballspiel, Karten für ein World-Series-Baseballspiel, die Erlaubnis, auf einem Baseballfeld zu heiraten, Karten für eine Führung durch die Gouverneursvilla, oder sie
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