Die Frau des Praesidenten - Roman
einem), sind inzwischen Vergangenheit. Sicher hätte sie nicht von sich aus den Weg gewählt, den wir als Familie gegangen sind – als wir ihr in ihrem achten Schuljahr eröffneten, dass Charlie als Gouverneur kandidierenwürde, warf sie ihm an den Kopf, er versuche, ihr Leben zu ruinieren –, aber sie hat es uns offenbar vergeben.
Im Juni 2001 machte sie ihren Abschluss in Princeton. Charlies Teilnahme an der Abschlussfeier löste auf dem Campus ein beträchtliches Durcheinander aus, und wir hatten schon darüber nachgedacht, zu Hause zu bleiben, da wir wussten, dass unseretwegen alle anderen Gäste gezwungen sein würden, durch Metalldetektoren zu gehen, und dergleichen Unannehmlichkeiten mehr, aber weder er noch ich brachten es fertig, nicht hinzugehen. (Als ich dort mit Blick auf Nassau Hall in der ersten Reihe saß, dachte ich mit Unbehagen an Joe Thayer, der zehn Jahre zuvor eine jüngere, freundlich wirkende Musiklehrerin der Biddle Academy geheiratet und mit ihr noch zwei Kinder bekommen hatte. Seine damals etwas schwierige Tochter Megan ist erfreulicherweise inzwischen auch verheiratet und lebt mit zwei kleinen Kindern in Maronee.) Ella trat noch einmal in Charlies Fußstapfen, indem sie anschließend die Wharton School besuchte, wobei die Schule inzwischen, wie Charlie bei einer Ansprache an die Studenten vor zwei Jahren witzelte, so exklusiv geworden ist, dass er selbst, wenn er sich zu dem Zeitpunkt beworben hätte, als Ella es tat, nicht angenommen worden wäre.
Über Politik äußert sich Ella weder besonders begeistert noch abfällig. Wir haben sie aus allem herausgehalten, als sie jünger war, und nie zugelassen, dass sie interviewt wurde. Auch wenn sie beide Male dabei war, als Charlie seinen Amtseid ablegte, war ihr erster und letzter Beitrag zu unseren Wahlkampfaktivitäten, dass sie im Januar 2004 an einer Straßenecke in Manchester, New Hampshire, ein Schild mit der Aufschrift Blackwell/Prouhet hochhielt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie selbst irgendwann für einen politischen Posten kandidieren wird, aber ich konnte mir früher auch nicht vorstellen, dass ich einmal die Ehefrau des Präsidenten unseres Landes sein würde.
»Also wirklich«, sagt Ella, »der Mann schmilzt noch da draußen.«
»Ich weiß, Liebes, aber die Situation ist nicht so einfach, wie es aussieht.«
»Glaub mir, Mom, es ist nicht so, dass ich seiner Meinung wäre, was den Abzug der Truppen angeht.« In Princeton hatte Ella nationale und internationale Politik als Hauptfach gewählt und den Krieg von Anfang an vehement befürwortet. »Ein Regimewechsel ist der einzige Weg, die Dschihadisten auszuschalten«, sagte sie immer, und ich bewunderte ihre Kompetenz und ihre Selbstsicherheit. Was hätte mein Vater wohl zu einer so gebildeten und eigensinnigen jungen Dame gesagt, die ausgerechnet über den Nahen Osten Vorträge hielt! (Und was hätte er, nebenbei gefragt, zu Charlies Karriere als Präsident gesagt? Er war ein Mensch, dem jeder Zynismus fernlag, und auf ganz altmodische Weise patriotisch, also sage ich mir immer, dass er Charlie respektiert hätte und infolgedessen auch auf mich stolz gewesen wäre. Aber vielleicht ist es gut, dass er diese Phase unseres Lebens nicht miterlebt hat. Wenn ich daran denke, was er immer über die sagte, die zu sehr in sich verliebt seien, mag ich mir gar nicht ausmalen, wie er auf einen Artikel reagiert hätte, mit dem der
Esquire
– eine Zeitschrift, die er abonniert hatte – letzten Monat Aufsehen erregte: »Zehn Gründe, warum Charlie Blackwell ein Scheiße fressender Bastard ist.« Wo doch mein Vater die Präsidenten meiner Jugend immer Mr. Truman und Mr. Eisenhower nannte; er nannte sogar den Nachtwächter in seiner Bank Mr. White.)
»Das lässt Dad nur herzlos aussehen«, sagte Ella. »Ich finde es furchtbar, seinen Kritikern neue Argumente zu liefern. Wie würde das aussehen, wenn der alte Knabe einen Herzinfarkt bekommt?«
»Schatz, Edgar Franklin ist jünger als dein Vater und ich.«
»Du weißt, was ich meine. Und ihr verbringt schließlich nicht den lieben langen Tag draußen in der Hitze. Hey, heute Abend wirst du sexy Stilettos anziehen, oder?« In den späten Neunzigern hat Ella mich überredet, zumindest bei formellen Anlässen von »denen mit den Klotzabsätzen« auf »sexy Stilettos« umzusteigen. »Die machen schlank«, hatte sie gesagt, und auch wenn ich dank meiner zwei Sportberaterinnen, die mich unermüdlich antreiben und ermutigen, inzwischen
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