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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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Ich bin nämlich schon vierzig.«
    Dales Vater hatte sich wieder von uns abgewandt, und Mr. Phillips sagte: »Bei dieser Wahl kriegen die Demokraten ihre wohlverdiente Strafe. Sie werden sehen, nach den acht Jahren, in denen sie uns alle mit Füßen getreten haben, zahlen wir ihnen endlich alles heim.«
    »Charlie und ich sind genauso gespannt darauf, was auf uns zukommt, wie Sie«, sagte ich, und zu Dale: »Wenn Sie Zwilling sind, müssen Sie ja im Mai oder Juni geboren sein.«
    »Ich bin am dritten Juni 1960 geboren worden. Was sind Ihre Hobbys?« Dale hatte einen Klecks Salatsoße im Mundwinkel hängen. »Meine Hobbys sind Nintendo, Briefmarken sammeln und in den Zoo gehen.«
    Ich konnte einfach nicht widerstehen und sagte: »Wenn ich das richtig sehe, scheint Drew Barrymore auch eins Ihrer Hobbys zu sein.«
    Dale lächelte durchtrieben und antwortete: »Ein Mädchen kann doch kein Hobby sein!« Dann sagte er: »Wenn Sie uns besuchen kommen, zeig ich Ihnen meine Flugzeug-Briefmarken. Ich habe alle aus der Serie Classic American Aircraft, aber am besten ist die Northrop YB-49 Flying Wing.«
    »Mrs. Blackwell, werden Sie und Ihr Mann noch länger hier in der Gegend sein?« Das fragte mich eine der Ehefrauen, die mir gegenübersaß, aber Dale kam meiner Antwort zuvor: »Und die Thunderbolt ist auch echt cool.«
    Ich erwiderte der Frau, deren Namen ich bereits vergessen hatte: »Leider fliegen wir gleich heute Abend weiter. Das ist wirklich schade, ich hätte sehr gern Zeit gehabt, die Gegend zu erkunden. Ich habe gerade vor kurzem etwas über die Bellingrath Gardens gelesen.«
    »Wenn Sie das nächste Mal hier sind, sollten Sie sich die Eastern Shore ansehen. Wir haben dort alle Sommerhäuser« – sie deutete vage zu den anderen Paaren am Tisch hinüber –, »und es ist ein großartiger Ort, um zu entspannen, sehr ruhig. Wahlkampfarbeit muss doch anstrengend sein.«
    Sie waren alle sehr höflich und zuvorkommend, und es irritierte sie sichtlich, dass Dale meine gesamte Aufmerksamkeit für sich beanspruchte und sein Vater und ich es zuließen. Mir war das nur recht – was hätte schöner sein können, als neben jemandem zu sitzen, der für Politik nicht das Geringste übrighatte, von seinen eigenen Vorlieben und Interessen vollkommen erfüllt war und weder wusste noch sich darum scherte, wer ich war, solange ich nur Drew Barrymore kannte? Am ganzen Tisch gab es niemanden, der es mit Dales Redseligkeit hätte aufnehmen können, mit dem rückhaltlosen Genuss, mit dem er sich das Essen auf seinem Teller einverleibte, und seinen unbefangenen Fragen und Erklärungen. Ich war bezaubert. Die anderen am Tisch gaben es bald auf, mich zurückzugewinnen, und als ich danach mehrmals mitbekam, wie Dales Vater amüsiert zu Dale und mir herübersah, fragte ich mich, ob er seinen Sohn aus Jux mitgebracht hatte, als Heilmittel gegen die typisch stickige Atmosphäre solcher Veranstaltungen. Auch Mr. Tasket wirkte unerschrocken – er hatte zwar zuerst Einwände dagegen erhoben, dass Dale neben mir sitzen wollte, schien sich aber ansonsten keineswegs dafür entschuldigen zu wollen, dass er seinen geistig behinderten Sohn zu einem noblen Abendessen mitgebracht hatte.
    Als die Vorspeisen serviert wurden, hatte ich keinen großen Appetit und bot mein Sirloin-Steak Dale an, der es mit großer Freude annahm. »Darf ich wirklich?«, sagte er. Meinen Nachtisch, ein Erdbeertörtchen, aß er auch.
    Charlie hatte gerade zehn Minuten davor seine Rede begonnen, als Dale mich antippte und fragte: »Miss Alice, spielen Sie gern Tic Tac Toe?« Er flüsterte nicht, sondern sprach in normaler Lautstärke, und an unserem und den umstehenden Tischen drehten die Leute sich nach ihm um. Leon Tasket wirkte nicht besonders schockiert, aber er beugte sich von deranderen Seite zu seinem Sohn herüber und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Dale sah betreten drein, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme über seinem ansehnlichen Bauch.
    Ich angelte nach meiner Handtasche und fand darin einen blauen Kugelschreiber und eine Papierserviette. Darauf malte ich ein Gitter, setzte ein X in das rechte obere Feld und schob die Serviette zu Dale hinüber. Sofort hellte sich sein Gesicht auf, und weil es so aussah, als wollte er wieder etwas sagen, legte ich einen Finger auf die Lippen. Auf der Bühne sagte Charlie gerade: »Seit ich in diesem unserem Land unterwegs bin, gibt es da einen Wunsch, den ich immer wieder zu hören bekomme:
Bringt den

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