Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
Vom Netzwerk:
zurückzuschicken. Ich hatte meinen Mitarbeitern genau erklärt, wer Dale war, und musste deshalb, als kein weiterer Brief von ihm kam, daraus folgern, dass er auch keinen geschrieben hatte. Ich war enttäuscht und habe mich seither oft gefragt, wie es ihm wohl geht. Immer wenn ein neuer Film mit Drew Barrymore herauskommt, denke ich an ihn.
    An jenem Abend in Mobile fuhren wir mit einem Kleinbus zum Flughafen, und Hank, der beim Abendessen am Nebentisch gesessen hatte, sagte: »Dieser Dorfdepp war ja ganz hingerissen von dir, oder, Alice?«
    »Welcher Dorfdepp?«, fragte Charlie.
    Einige Wochen später spendete Leon Tasket 800   000 Dollar an das Republican National Committee, aber statt dass ich stolz darauf gewesen wäre, machte es mich ein wenig traurig. Es war, als hätte ich meine Sympathien für Mr. Taskets Sohn nur geheuchelt, wie es in der Politik so oft geschah. Dass ich während einer Wahlkampfrede meines Mannes mit einem der anderen Zuhörer Tic Tac Toe gespielt hatte, wurde im
Time Magazine
erwähnt und wird seither immer wieder in Artikeln über mich aufgegriffen – eine kleine Anekdote, die wohl, da es sonst nicht viel zu berichten gibt, bedeutende Rückschlüsse auf meine Persönlichkeit zulassen soll.
     
    »Dann erklär mir bitte, warum um alles in der Welt du dich mit deiner bekloppten ehemaligen Freundin treffen willst, um die du dich dreißig Jahre lang nicht geschert hast, wenn klar ist, dass sie mit dem ganzen Mist gar nichts zu tun hat«, sagt Charlie am Telefon. Wir überqueren mit der Gulfstream gerade die Grenze von Illinois nach Wisconsin, und Charlie ist zu einer abgelegenen Parkanlage am Potomac River unterwegs, um dort eine nachmittägliche Runde mit dem Fahrrad zu drehen – genauer gesagt sind drei Fahrzeuge, in denen er, sein Fahrrad, mehrere Leibwächter und ihre Fahrräder und sogar ein Arzt untergebracht sind, unterwegs dorthin.
    »Dena ist offenbar immer noch mit Pete Imhof zusammen«, sage ich. »Ich will mich also eigentlich mit beiden treffen. Und es ist mir einfach ein Bedürfnis.« Belinda hat inzwischen Jessica gegenüber bestätigt, dass Dena und Pete immer noch ein Paar sind, war sich aber nicht sicher, ob Pete zu Hause sein wird, wenn ich dort eintreffe.
    »Ich dachte, du wolltest dir mit Ella einen netten Nachmittag machen«, sagt Charlie.
    »Ich freue mich sehr darauf, sie heute Abend zu sehen, und hoffe, sie nimmt es mir nicht übel, dass ich umdisponiert habe. Eine Stunde vor der Gala werde ich wieder zu Hause sein. Hast du Ella gefragt, ob sie mit Fahrrad fahren möchte?«
    »Sie sagte, ihr wäre es draußen zu heiß.«
    Ich zögere einen Moment, bevor ich fortfahre: »Ich mache mir Sorgen, wie sie auf die Sache mit der Abtreibung reagieren wird. Hank hat Dr. Wycomb das Versprechen abgenommen, mit ihrer Enthüllung mindestens bis morgen zu warten – wahrscheinlich tut er so, als bestünde noch die Möglichkeit, dass ich mich gegen Ingrid Sanchez ausspreche –, also will ich es Ella heute Abend selbst erzählen. Könntest du es so einrichten, dass du dann in der Nähe bist? Ich kann mir vorstellen, sie könnte danach das Bedürfnis haben, mit jemandem zu reden, und dass sie auf mich wütend sein wird.«
    »Drückst du dich deswegen davor, nach Hause zu kommen?«
    »Schatz, ich drücke mich nicht davor. Ich möchte Dena sehen, um mit ihr ins Reine zu kommen.«
    »Ella ist jedenfalls ziemlich unverwüstlich«, sagt Charlie. »Sie wird schon damit fertig.«
    »Aber theologisch gesehen …«
    »Glaubst du, es geht einem Christen, der wirklich was taugt, nicht in den Kopf, dass man auch sündigen kann? Gut, vor vierzig Jahren hast du Mist gebaut, aber das heißt ja nicht, dass du seitdem nie wieder was Gottgefälliges getan hast.«
    Ich habe geahnt, dass er das sagen würde, obwohl ihm sehr wohl bewusst ist, dass ich einen Schwangerschaftsabbruch nicht für eine Sünde halte (bedauerlich, sicherlich, aber nicht unmoralisch) und dass ich seine christliche Weltanschauung nicht teile. Unsere unausgesprochene Vereinbarung zum Thema Religion ähnelt der im politischen Bereich: Ich erhebe keine Einwände, wenn er von Gott spricht, und er besteht nicht darauf, dass ich mich als gläubige Christin ausgebe. Über meinen Agnostizismus habe ich mit genauso wenigen Leuten gesprochen wie über den Schwangerschaftsabbruch, deshalb verwundert es mich nicht, dass sowohl Freunde als auch Fremde mich für religiös halten.
    Die Anhänger der christlichen Rechten jedenfalls, die

Weitere Kostenlose Bücher