Die Frau des Praesidenten - Roman
Eindruck, dass er einseitig informiert wird und es ihm deshalb schwerfällt, zu begreifen, wie hoch der Preis ist, den wir persönlich für diesen Krieg zahlen.«
»Sie selbst haben zwar noch nicht mit dem Präsidenten gesprochen, aber das Weiße Haus hat in den vergangenen Tagen mehrfach darauf hingewiesen, wie oft er mit Angehörigen von Gefallenen gesprochen hat, unter anderem vor zwei Wochen in Kalifornien. Was möchten Sie ihm sagen, das er nicht von all diesen anderen Leuten erfahren haben könnte, die Ähnliches durchmachen wie Sie?«
»Wenn jemand auf diese Weise einen Sohn verliert, sucht er zunächst mal nach einem Grund für den Verlust, nach der tieferen Bedeutung seines Todes. Man hofft, dass er sich für etwas geopfert hat, an das er auch glaubte, und deshalb ist die Versuchung so groß, die …« – Franklin zögert einen Augenblick – »die Rhetorik der Krieges zu akzeptieren, so muss man es wohl ausdrücken. Wenn ich Nates Tod für sinnlos halten würde, wäre das nicht ein Treuebruch ihm und meinem Land gegenüber? Hieße das nicht, dass ich nicht patriotisch bin? – So dachte ich zuerst, aber inzwischen glaube ich, dass es viel patriotischer wäre, die Truppen abzuziehen. Viele Familien, die jetzt gerade erst erleben, was ich vor zwei Jahren durchgemacht habe, die gerade erst anfangen zu trauern, denken vielleicht noch nicht über diese politischen Fragen nach.«
»Was sagen Sie zu der überwältigenden Unterstützung, die Sie seit Ihrer Ankunft in Washington letzten Mittwoch bekommen?«
»Das Blatt wendet sich. Immer mehr Amerikaner wünschen sich einen ehrlichen Dialog.«
»Colonel Edgar Franklin, ich danke Ihnen für dieses Gespräch.«
»Ich danke Ihnen, Sir.«
»Sie hörten eine Sendung des NPR auf 91,5«, sagt eine weibliche Stimme, und in dem Moment passiert unser Wagen mit der Polizeieskorte davor den Eingang zur Startbahn für Privatflugzeuge des Midway Airport. Als wir den Vorplatz überqueren, gleißt fünfzig Meter vor uns in der diesigen Hitze des Mittleren Westens unsere Gulfstream auf. Die Treppenstufen sind schon ausgefahren; wir werden erwartet.
Es gab einen Spruch, mit dem Charlie mich gern aufzog, wenn wir auf unserer Wahlkampftournee ein Abendessen zu absolvieren hatten: »Vergiss nicht, dass
Fundraising
mit
Fun
zu tun hat!« Das sagte er nur, weil er wusste, wie sehr ich diese Veranstaltungen hasste – das Repetitive daran, die phrasenhaften Grußworte und die gestelzten Unterhaltungen, die endlos langen Fototermine und vor allem das unangenehme Gefühl, dass wir uns ganz wörtlich an diese Leute verkauften. Die 1000-Dollar-Abendessen fand ich immer schlimmer als die für 25 000 Dollar: Wenn jemand dem Republican National Committee 25 000 Dollar (oder eher 50 000 pro Ehepaar) für das Privileg bezahlt, ein oder zwei Stunden lang dieselbe Luft zu atmen wie Charlie, kann man davon ausgehen, dass dieser Jemand das Geld entbehren kann. Was mir das Herz bricht, ist, wenn an dem Akzent oder der Kleidung eines Teilnehmers abzulesen ist, dass er oder sie nicht wohlhabend ist, sondern sich diese Veranstaltung mit uns vom Mund abgespart hat.
Das sind wir nicht wert!
, würde ich am liebsten sagen.
Sie hätten Ihre Kreditkartenrechnung bezahlen sollen, hätten in die College-Ausbildung Ihrer Enkel investieren, einen Urlaub in den Ozarks machen sollen.
Stattdessen werden sie ein paar Wochen später per Post ein Foto von einem von uns oder von beiden bekommen, mit einem Autopen signiert, das sie dann einrahmen können, damit wir noch Jahre später von ihrer Wohnzimmerwand auf sie herabgrinsen.
Aber einmal erlebte ich zu meiner eigenen Überraschung eine Fundraising-Veranstaltung, die mir wirklich Spaß machte. Es war ein Millionen-Dollar-Abendessen und fand im Juli 2000 in einer ehemaligen Plantage in Mobile, Alabama, statt. Charlie und ich aßen wie immer an zwei verschiedenen Tischen, und diesmal wurde ich einer Runde zugeteilt, die aus der Ehefrau des Vorsitzenden der Republikanischen Partei in Alabama bestand, zwei gutgekleideten Paaren mittleren Alters, die wie Varianten der Leute aussahen, die wir in Maronee kannten, und einem Vater mit seinem Sohn. Vor so einer Veranstaltung bekommt man immer von einer Assistentin stichwortartige Beschreibungen der vielen hohen Tiere, die sichangemeldet haben, und an jenem Abend hätte ich ursprünglich zwischen einem Mann namens Beau Phillips, der dort in der Region eine Fastfood-Restaurantkette besaß, und Leon Tasket
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