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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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Hand etwas tiefer. Als er sein Ziel erreichte, zuckte ich kurz zusammen, was allerdings nicht bedeutete, dass ich dort nicht berührt werden wollte. Er nahm die Hand nicht weg, ließ lediglich die Finger ruhen, sagte nichts und schien auf Protest zu warten. Da er ausblieb, fuhr er schließlich fort. Ich schloss die Augen. Anfangs gab ich nur ein flaches, leises Keuchen von mir, doch es wurde tiefer und lauter, und es wäre mir sicherlich unendlich komisch vorgekommen, wäre ich noch ich selbst gewesen, hätte es die Welt um mich herum noch gegeben. Doch ich war nicht mehr ich, und die Welt gab es nicht mehr. Ich öffnete die Augen, erkannte eine grauweiße Zimmerdecke, darunter braun-gelb karierte Vorhänge und schloss sie wieder, kehrte zurück in die inAufruhr versetzte Dunkelheit des Weltalls, der Kometen, Asteroiden, um sie dann wieder zu öffnen – Decke, Vorhänge –, und der Unterschied war so gewaltig, als würde ich zu Hause an meinem Schreibtisch sitzen und nach einem Blinzeln plötzlich die Chinesische Mauer vor mir sehen. Ich weiß nicht, ob er sich von selbst auf mich rollte oder ob ich ihn auf mich zog, doch irgendwann war er wieder in mir, wir sahen uns dabei an, rieben und stießen aneinander, während ich seine Pobacken umklammert hielt, und dann kamen wir, beide, im gleichen Moment. Ich riss meine Beine nach oben, und indem ich sie um ihn schlang, presste ich ihn so dicht wie möglich an mich, drängte ihn so tief wie möglich in mich hinein. Im Rückblick sehe ich diese ganze Zeit mit Pete wie durch einen Nebel von Reue und Schmerz, versuche nicht daran zu denken; bis heute zucke ich bei dem Gedanken daran zusammen. Und dennoch muss ich mit einem Lächeln gestehen, dass ich das, was an diesem Nachmittag in Petes Zimmer geschah, dieses gleichzeitige Erreichen des Höhepunkts, während meiner jahrzehntelangen Ehe mit einem Mann, den ich aus tiefstem Herzen liebe, nicht ein einziges Mal erlebt habe.
    Ich lag mit Pete Imhof in seinem Bett, spürte sein Gewicht auf mir, und während unser Atem und Herzschlag langsam ruhiger wurden, dachte ich, dass es nichts, rein gar nichts gab, was dem hier gleichkam. Dies hier war das Einzige, das stärker war als das Leid.
     
    Dena hatte erkannt, dass Andrews Tod ein Akt Gottes war. Das erzählte sie mir Samstagabend, während ich auf ihrem Bett saß und ihr zusah, wie sie sich für ein Treffen mit Freunden im Tatty’s schminkte. Sie hatte mich schon mehrfach aufgefordert mitzukommen, doch ich hatte abgelehnt, und sie sagte: »Du musst aufhören, über ihn nachzudenken. Andrew war ein Engel, der uns zu früh genommen wurde, aber wir sollen nicht nach dem Warum fragen.«
    Ihre Mutter hatte für sie ein Gespräch mit ihrem Priester ausgemacht, da sie unter Schlafstörungen litt, und mit Hilfe von Pater Krauss war sie zu der Erkenntnis gelangt, dass diesalles ein Teil von Gottes Plan war. »Du solltest mit deinem Pfarrer sprechen.«
    Ich erwiderte nichts, und sie sagte: »Du schaust gerade meine Koteletten an, stimmt’s?«
    »Ich habe nirgends hingeschaut.«
    »Nancy meint, ich solle sie einfach wachsen lassen, aber wie lange wird das dauern? Drei Monate?«
    Ich hatte Dena nichts von Andrews Bruder erzählt, und ich konnte auch nicht. Es war nicht irgendeine pikante Geschichte, auch keine moralische Zwickmühle, über die wir hätten sprechen können; es war schlicht unaussprechlich.
    »Mit deinen Koteletten ist alles in Ordnung«, sagte ich nur.
     
    Nachdem sich meine Familie am nächsten Tag zu Fuß auf den Weg zur Calvary Lutheran Church gemacht hatte, fuhr ich ein weiteres Mal zur Farm der Imhofs hinaus. Ich klopfte an die Tür, doch Pete ließ sich Zeit mit dem Öffnen, und ich kam zu dem Schluss, dass er nicht zu Hause war. Um sicherzugehen, klopfte ich trotzdem ein weiteres Mal. In der Nacht zuvor war die Temperatur unter fünf Grad gefallen, und ich trug einen Mantel.
    Als er dann doch an die Tür kam, sagte er: »Es war dumm von dir, herzukommen. Was, wenn meine Eltern zu Hause wären?«
    »Du hast gesagt, sie wären in Racine.«
    »Aber ich hab nicht gesagt, wann sie zurückkommen.«
    »Soll ich wieder gehen?«
    Er sah mich mürrisch an. »Wenn du schon mal da bist, kannst du auch reinkommen.« Er drehte sich um, lief Richtung Küche, und wie die beiden anderen Male folgte ich ihm.
    In einer Pfanne brieten Würstchen neben einem Rührei, das aus mindestens fünf bis sechs Eiern bestehen musste. Er toastete zwei Scheiben Brot und schenkte sich ein Glas

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