Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
Vom Netzwerk:
meinem Rücken, sein schlaffer Penis zwischen meinen Pobacken, seine Beine auf meinen. Sein Körper war schwer und warm, mein Kopf leer. Ich spürte nichts außer seiner angenehmen Schwere, die mich wie ein Schutzschild vollkommen bedeckte.
    Wie erwartet, hatte es ein bisschen weh getan. Es war schnell gegangen und hatte mir nicht die körperliche Erleichterung gebracht, die er empfunden haben musste; ich war derart naiv, dass ich nicht einmal wusste, dass es möglich gewesen wäre. Außerdem war es unklug gewesen. Doch nichts davon spielte eine Rolle. Ich konnte, auf dem Bauch liegend, sein Gesicht nicht sehen, aber ich sah die Fingerspitzen seiner Hand auf meiner Schulter liegen, roch seine Haut, die den Geruch von gebratenen Zwiebeln und Seife ausströmte. So fühlte es sich also an, nackt in den Armen eines jungen Mannes zu liegen.
    Eine weitere Minute verging, bevor sich Pete abrupt von mir herabwälzte. Als er aufstand, war die gesamte Rückseite meines Körpers dem Zimmer preisgegeben – im Schein der Lampe, an einem Sonntagmittag –, und ich drehte mich unwillkürlich um und zog die Decke zu mir herauf. Er stand mit seinem dunkel behaarten, nackten Körper vor mir und sah mich ausdruckslos an. »Meine Eltern kommen jeden Moment zurück«, sagte er. »Du solltest gehen.«
     
    Selbst als ich mich schon wieder auf dem De Soto Way befand, erschien es mir schockierend und unfassbar. Ich hatte mit Andrews Bruder
geschlafen
? Vor vierzig Minuten war ich eine Jungfrau mit einem Kondolenzbrief gewesen, und kurz darauf war Pete Imhof mit seinem Penis von hinten in mich eingedrungen, und ich hatte nicht den geringsten Widerstand geleistet? Ich hatte ihn praktisch dazu aufgefordert! Als ich die Stadt erreichte, hätte ich gern geglaubt, mir den ganzen Vorfall nur eingebildet zu haben, wäre da nicht diese unleugbar feuchte Stelle zwischen meinen Beinen gewesen.
    Und trotzdem fühlte ich mich hier und jetzt weitaus wenigerschwer als bei der Hinfahrt. Vermutlich hatte ich einige Menschen hintergangen – meine Eltern und Großmutter, vielleicht auch Andrew –, aber das war es nicht, was ich spürte. Es fühlte sich eher an, als wäre etwas nicht ganz in Ordnung gewesen, ein nicht aufgelegter Telefonhörer zum Beispiel oder ein Spülbecken voll dreckigem Geschirr, und ich hätte soeben aufgelegt und abgespült.
    Zu Hause angekommen, parkte ich den Wagen und ging ins Haus. Beim Betreten des Esszimmers rief meine Mutter: »Da bist du ja!« Sie stand bereits, lief auf mich zu und legte mir die Hände auf die Schultern. Sie waren gerade beim sonntäglichen Mittagessen, Lamm mit grünen Bohnen und Brötchen.
    »Wir haben uns Sorgen gemacht«, sagte mein Vater. »Wir wussten nicht, wo du bist.«
    »Ich hatte etwas zu erledigen.«
    »Schreib uns das nächste Mal eine Nachricht«, sagte mein Vater. »Dorothy, lass sie sich hinsetzen, damit sie essen kann.«
    Ich wäre so viel lieber nach oben gegangen, um ein Bad zu nehmen, doch das hätte sie womöglich misstrauisch gemacht; ich hatte erst am Morgen geduscht. Als ich mich an meinen Platz setzte, fragte ich mich, ob Petes Sperma durch meine Unterhose gesickert sein und hinten auf meiner Jeans einen Fleck hinterlassen haben könnte.
    »Was hattest du denn zu erledigen?«, fragte meine Großmutter.
    Es entstand eine lange Pause, dann sagte ich: »Etwas für die Schule«, und sie schwiegen ein weiteres Mal – sie schienen das nun häufiger zu tun, vielleicht fiel es mir aber auch nur öfter auf. Schließlich begann meine Mutter: »Alice, die Frick-Mädchen haben heute ›Ein’ feste Burg ist unser Gott‹ gesungen. Sie haben so hübsche Stimmen.« Niemand reagierte, und meine Mutter fuhr fort: »Weißt du, Cecile hat mir erzählt, die Mädchen hoffen darauf, nächsten Sommer auf der State Fair auftreten zu dürfen«, woraufhin mein Vater sagte: »Nur wer zu sehr verliebt in sich, der macht sich gerne öffentlich.« Er zitierte diesen Spruch regelmäßig – zuletzt, als Mr. Janaszewski in St. Ann’s dreimal in Folge beim Bingo gewonnen und seinFoto am nächsten Tag die Titelseite des
Riley Citizen
geziert hatte –, doch was an einem Auftritt auf der State Fair ungebührlich sein sollte, konnte ich nicht nachvollziehen.
    »Also, ich denke nicht, dass es schon sicher ist«, sagte meine Mutter weiter.
    Ich wusste, dass ich ihr beispringen sollte – sie bemühte sich wirklich –, doch ich hatte soeben wie gelähmt einen Geruch wahrgenommen, der aus mir herausströmte, einen

Weitere Kostenlose Bücher