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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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Rechtfertigung – am nächsten Morgen wäre Schule – zog nicht in Ferienzeiten. »Es ist in der McKinley Street«, sagte ich. »Vielleicht können wir schon morgen hin, aber ich will es nicht beschreien, bevor ich Nachricht erhalte.«
    Dena stieß einen übertriebenen Seufzer aus. »Du weißt einfach nicht, was Spaß macht. Apropos, ich habe zufällig Kathleen Hicken im Eagle getroffen. Sie hat gesagt, du hättest ihr erzählt, du würdest dieses Wochenende nach Hause fahren. Alice, du kannst mich mit diesen Leuten nicht allein lassen. Rose Trommler hasst mich.«
    »Sei nicht albern.«
    »Dort sind nur fette Weiber mit ihren langweiligen Männern.«
    »Das stimmt so nicht. Aber angenommen, du meinst das so, wie du es sagst, warum bist du dann so versessen darauf hinzugehen?«
    »Ich muss«, sagte Dena. »Charlie Blackwell wird dort sein, und ich habe vor, ihn zu verführen.«
    Ich lachte. »Ich bin mir sicher, dabei kommst du sehr gut ohne mich klar.«
    »Charlie
Blackwell
«, sagte sie. »Du weißt schon,
die
Blackwells.«
    »Oh, Dena, willst du wirklich mit dieser Familie verbandelt sein?« Die Blackwells hatten, wie jeder, der aus Wisconsin kam, wusste, ihr Vermögen in der Fleischproduktion gemacht. (Sie besaßen mehrere Fabrikanlagen in der Nähe von Milwaukee, und es hieß, man könne mittlerweile in jedem Lebensmittelgeschäft des Landes eine Packung Blackwell-Würstchen kaufen – nicht, dass man das meiner Meinung nach unbedingt gewollt hätte. Seit ich erwachsen war, waren sie mir zu fettig.) Harold Blackwell, der Paterfamilias dieser Generation, war von ’59 bis ’67 Gouverneur von Wisconsin gewesen und hatte ’68 erfolglos für das Amt des Präsidenten kandidiert. Eine Woche nach einer Kundgebung an der University of Wisconsin, während der eine Studentin aus Racine namens Donna Ann Keske eine Querschnittslähmung erlitt, als die Polizei die Demonstration gewaltsam auflöste, trat Gouverneur Blackwell in
Face the Nation
vor die Kamera und nannte die Demonstranten gegen den Vietnamkrieg »unzivilisiert und ungebildet«. Auf den Vorfall mit der Studentin ging er dabei mit keinem Wort ein, was unter normalen Umständen als unglücklich hätte bezeichnet werden können, in derart turbulenten Zeiten jedoch schlichtweg abgebrüht erschien. Obwohl Blackwell Republikaner war und aus Wisconsin stammte, hätte ihn noch nicht einmal mein Vater unterstützt, wäre er nicht ohnehin bereits nach den Vorwahlen in New Hampshire aus dem Präsidentschaftsrennen ausgeschieden. Er hatte ein derart hochmütiges Auftreten, als traue er dem Durchschnittsbürger nicht genug Intelligenz zu, ihm die Stimme zu geben. Mittlerweile hatte er sich aus der Politik zurückgezogen – ich erinnerte michdunkel, dass er irgendeiner Universität vorstand –, aber einer seiner vier Söhne war im Jahr zuvor in den Kongress gewählt worden. »Weißt du was«, sagte ich, »wenn Charlie der Blackwell-Bruder ist, den ich meine, dann hatten Jeanette und Frank vor ein paar Jahren vor, mich mit ihm zu verkuppeln. Aber vielleicht war es auch ein anderer Bruder.«
    »Sie wollten dich mit ihm verkuppeln, und du hast nein gesagt?«, fragte Dena ungläubig.
    »Ich war mit Simon zusammen.« In Wirklichkeit hätte ich auch so abgelehnt – diese Kombination aus Geld, republikanischer Gesinnung und Würstchen erschien mir nicht besonders verlockend.
    »Ed ist der Kongressabgeordnete, aber Charlie wird auch kandidieren«, sagte Dena. »Nördlich von hier, ich glaube, bei Houghton. Es ist noch nicht offiziell, aber Kathleen hat mir erzählt, er wolle seine Kandidatur im Frühjahr bekanntgeben. Findest du nicht, ich hätte es verdient, mit einem einflussreichen Mann verheiratet zu sein?«
    »Absolut.«
    Als sie weitersprach, klang sie weit weniger selbstsicher. »Alice, die Hickens und all die anderen sind so verdammt wertend. Der einzige Grund, weshalb Kathleen mich eingeladen hat, ist, weil ich mit dir befreundet bin. Ich brauche dich dort als moralische Unterstützung.«
    Dena hatte eine Ehe hinter sich – ihr Exmann war um einiges älter, Werbefachmann und bereits zweifach geschieden, als sie ihn während ihrer Arbeit als Stewardess kennengelernt hatte. Sie hatten Ende der sechziger, Anfang der siebziger Jahre in Kansas City gelebt und sich 1975 kinderlos scheiden lassen. Dena war nach Madison gezogen und hatte mit dem Geld, das ihr laut Ehevertrag zukam, einen Laden in der State Street eröffnet, wo sie Kleidung und Accessoires für modebewusste

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