Die Frau des Praesidenten - Roman
kamen die Anweisungen meines Vaters in den Sinn:
Fahr langsam, wenn es schneit. Halte ausreichend Abstand zum Wagen vor dir. Wenn du ins Schleudern gerätst, musst du gegenlenken
. Als ich die Tür zu meiner Wohnung in Madison aufschloss – ich lebte damals im ersten Stock eines Hauses in der Sproule Street –, klingelte das Telefon. Wie vermutet war es meine Mutter, die in der vergangenen Stunde alle zehn Minuten angerufen hatte, um zu hören, ob ich gut angekommen war. Mir tat der Nacken weh, wahrscheinlich von der Anspannung während der Fahrt und von allem anderen.
In den darauffolgenden anderthalb Jahren fuhr ich fast jedes Wochenende nach Riley, um nach meiner Mutter und Großmutter zu sehen. Für gewöhnlich bog ich samstags kurz vor dem Mittagessen in unsere Einfahrt ein. Einmal brachte ich Pizza mit, doch statt, wie angenommen, meiner Mutter eine Freude damit zu machen, dass sie nicht zu kochen brauchte, schien sie sich darüber zu ärgern. Also kam ich von nun an mit leeren Händen, nur manchmal mit etwas Wäsche, und dann saßen wir zu dritt im Esszimmer vor unseren Tellern, auf denen Gerichte lagen, die mir bereits altmodisch erschienen. Ich plante jedes Mal, am Sonntag nach der Kirche wieder zurückzufahren(ohne Diskussion war ich nach der Beerdigung meines Vaters wieder mitgegangen, meiner Mutter zuliebe. An den Wochenenden, die ich in Madison verbrachte, ging ich dagegen nie), aber die Vorstellung, mich von ihnen zu verabschieden, das Bild der beiden abends im Wohnzimmer, meine Mutter stickend vor den Nachrichten, meine Großmutter lesend daneben, schmerzte mich zu sehr, und letztendlich verbrachte ich meist eine zweite Nacht in meinem alten Bett. Während der Unterrichtszeit musste ich mich am nächsten Morgen gegen sechs Uhr auf den Rückweg nach Madison machen, um mich vor der Arbeit noch rasch zu Hause umziehen zu können. Die Interstate 94 war um diese Zeit dunkel und meist leer, nur ich und vereinzelte Sattelschlepper.
Vermutlich trugen all diese Umstände dazu bei, dass ich erst im Sommer 1977 damit begann, mich nach einem Haus umzusehen. Meine Immobilienmaklerin, Nadine Patora, war eine lebhafte, kurvenreiche Person, etwa zehn Jahre älter als ich. Mir schwebte ein bescheidenes Häuschen vor – vierzigtausend Dollar war die absolute Obergrenze –, und Nadine brachte mir mehr Geduld entgegen, als ich erwarten konnte. Bis Anfang Juli hatten wir bereits über dreißig Objekte besichtigt, von denen ich gerade mal eines ernsthaft in Betracht gezogen hatte, ein kleines, einstöckiges Backsteinhaus in Nakoma, aber nachdem ich ein paar Tage darüber nachgedacht hatte, entschied ich mich dagegen. Ich suchte nach einem Haus zum Verlieben, in dem ich mir vorstellen konnte, für immer zu bleiben, in das ich unendlich viel Energie stecken wollte, und nicht nach etwas, das vielleicht einigermaßen passte. Sonst hätte ich auch weiterhin zur Miete wohnen können. »Ich wette, bei Männern bist du genauso wählerisch«, sagte Nadine und lächelte schelmisch, als wir an einem Sonntagnachmittag auf dem Weg zu einer weiteren Besichtigung waren.
Ich lachte. »Das würde erklären, warum ich noch immer solo bin.«
»Nein, du machst das schon richtig.« Nadine lehnte sich zu mir herüber und tätschelte mein Knie. Sie war geschieden und hatte zwei Töchter im Teenageralter. »Lass dir das von jemandemgesagt sein, der sich auf den Erstbesten eingelassen hat, der ihr über den Weg gelaufen ist.«
Die meisten Häuser klangen laut der Beschreibungen vielversprechend, doch kaum hatte ich sie betreten – manchmal bereits draußen –, wusste ich, dass sie nicht das Richtige waren: Die Fenster waren zu klein, die Küchenschränke bedrückend, oder es hing ein unangenehmer Geruch in den Räumen, von dem ich nicht annehmen konnte, dass er mit dem derzeitigen Besitzer verschwinden würde. Deshalb war ich mehr als skeptisch, als mich Nadine am Donnerstag nach dem Vierten Juli anrief und sagte: »Ich habe dein neues Zuhause gefunden.«
Es war ein Bungalow mit zwei Schlafzimmern in einer Straße namens McKinley. Das Viertel war nicht ganz so schön wie das, in dem ich gegenwärtig wohnte, aber in der Nähe ein erschwingliches Haus zu finden war aussichtslos. Die Atmosphäre der Straße gefällt mir, dachte ich, als Nadine und ich in die McKinley Street einbogen und erst an einem Mann mit Hund, dann an zwei Mädchen in Badeanzügen, die über einen Rasensprenger hüpften, vorbeifuhren. Wir hielten vor einem Haus mit
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