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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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McKinley Street vorbei. Während der Fahrt sang Dena: »›Home, home on the range, where the deer and the antelope play …‹« Als ich ihr zeigte, wo sie halten solle, erschien mir das Haus genau so, wie ich es in Erinnerung hatte, und doch irgendwie anders – auf irgendeine Weise war es nun lebendiger,
echter
. Im Hof stand eine Fichte, das Gras war saftig-grün; das Haus wirkte wie eine weiße Schachtel, auf der Veranda blätterte die braune Farbe des Holzbodens ab. Es gab keine Garage, nur eine Einfahrt, die aus zwei Beton- und einem Grünstreifen dazwischen bestand. Der Gedanke, dass all das mir gehören würde, war überwältigend und erhebend. Ich hatte noch keine Schlüssel, aber Dena bestand darauf, wenigstens durch die Fenster zu spähen und durch den leicht abfallenden Garten zu gehen.
    »Süß, oder?«, fragte ich.
    Dena nickte zustimmend und sang: »Where seldom is heard a discouraging word /And the skies are not cloudy all day.«
    Obwohl wir verspätet bei den Hickens eintrafen, kam Charlie Blackwell noch später, und Dena und ich saßen schon im hinteren Garten nebeneinander auf einer Picknickbank, als er mit je einem Sechserpack Bier in der Hand an der Rückseite des Hause aus der Küche auftauchte und auf die Terrasse trat. Er trug Docksiders ohne Socken, eine kurze Khakihose, einen Gürtel mit rechteckiger Silberschnalle und ein ausgeblichenes, blassrotes Hemd, dem man sogar aus einigen Metern Entfernung ansehen konnte, dass es teuer gewesen war. Er hielt die beiden Sixpacks hoch, schüttelte sie – ziemlich dämlich, dasmit Bier zu tun, dachte ich mir – und rief ein lautes »
Hallo
zusammen!« in den Garten.
    Wir waren ungefähr fünfzehn Gäste, und einige Männer gingen sofort auf ihn zu, während ihm Cliff Hicken zur Begrüßung auf den Rücken klopfte. Charlie öffnete eine der mitgebrachten Bierdosen, aus der es augenblicklich zu schäumen begann, presste die Lippen dagegen und schlürfte los. Dann sagte er etwas, woraufhin die anderen Männer in Gelächter ausbrachen, er selbst am lautesten. Flüsternd sagte ich zu Dena: »Er ist perfekt für dich.«
    »Hab ich auch keinen Lippenstift an den Zähnen?« Sie wandte sich zu mir und zeigte ihre Zähne.
    »Du siehst großartig aus«, sagte ich.
    Sie wartete noch zehn Minuten, um es nicht zu auffällig aussehen zu lassen, dann sah ich ihr nach, wie sie durch den Garten schritt und sich Charlie Blackwell wie ein Geschenk darbrachte. Tags zuvor war ich in der öffentlichen Bücherei gewesen und hatte Zeitungsartikel nach seinem Namen durchforstet – lange vor der Erfindung des Internets rühmte ich mich meines Recherchegeschicks –, wobei ich, außer über seinen Status als Sohn des ehemaligen Gouverneurs, zwar nur wenig über Charlie selbst herausfand, jedoch erfuhr, dass er im Falle einer tatsächlichen Kandidatur in dem Bezirk, zu dem Houghton gehörte, gegen einen Amtsinhaber antreten würde, der dort bereits seit vierzig Jahren fest im Sattel saß.
    Als Dena weg war, sagte Rose Trommler, die mir gegenüber auf der Bank neben Jeanette Werden saß: »Die Cimino kostet einen mit Sicherheit ’ne Menge Nerven.« Cimino war Denas jetziger Nachname, sie war keine Janaszewski mehr.
    Ich nickte und überging die eigentliche Bedeutung von Roses Worten, indem ich sagte: »Dena ist mit Abstand der unterhaltsamste Mensch, den ich kenne. Sie hat sich seit dem Kindergarten kein bisschen verändert.«
    Mit Ausnahme von Jeanette, die im sechsten Monat schwanger war, tranken wir alle Weißwein. Rose lehnte sich nach vorn. »Ich sollte vielleicht lieber den Mund halten, aber treibt sie dich nicht manchmal in den Wahnsinn?« Rose und ihr Mann wohntenunmittelbar neben den Hickens; wir waren im College beide in der Kappa-Alpha-Theta-Verbindung gewesen. Sie war kein schlechter Mensch, aber ein Klatschmaul.
    »Nicht mehr, als ich sie vermutlich auch«, sagte ich leichthin.
    »Sie wirft sich Charlie Blackwell geradezu an den Hals«, stieg nun auch Jeanette ein. »Ich frage mich, ob wir ihn warnen sollten.«
    Unverwandt hielt ich den Blick auf sie gerichtet. »Weswegen?«, fragte ich nüchtern, worauf weder sie noch Rose eine Antwort gaben. »Ich wette, er kann sehr gut selbst auf sich aufpassen«, fügte ich noch hinzu.
    »Alice, wie sieht es denn bei dir aus?« Rose tunkte einen Kartoffelchip in eine Schüssel mit Zwiebeldip. »Bestimmt hast du jemand ganz Besonderen im Auge.«
    »Eigentlich nicht.« Mit einem Lächeln versuchte ich sie zu überzeugen, dass es

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