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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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weißem Schindeldach, einer schmalen Veranda und, wie ich drinnen entdeckte, einem Wohnzimmer mit Fensterplätzen und einer Küche, die zwar klein und altmodisch eingerichtet, jedoch sehr hell war. Noch bevor ich bewusst darüber nachdachte, ob ich mir vorstellen könnte, hier zu leben, ertappte ich mich dabei, wie ich Teile meines Mobiliars in den Räumen verteilte, mich fragte, ob mein runder Frühstückstisch wohl in die Küche passte oder an welche Wand im großen Schlafzimmer ich mein Bett stellen würde. Das Haus stand komplett leer – Nadines verwirrendem Bericht über den Besitzer, der schon sechs Monate zuvor nach Tennessee gezogen war, das Haus aber erst in dieser Woche zum Verkauf angeboten hatte, folgte ich nur mit halbem Ohr. Ich lugte hinter den Duschvorhang und öffnete sämtliche Schränke, danach ging ich in den Keller. Auf das entscheidende Detail traf ich im Flur des oberen Stocks: Etwa auf Schulterhöhe befand sich ein kleiner Wandschrank aus Eichenholz, der mittels einer Spange verschlossen wurde. Er hatte die Größe einer dieser Medizinschränkchen,die sich hinter Badezimmerspiegeln verstecken, war nur etwas tiefer – zu klein, um Wäsche, Reinigungsmittel oder irgendetwas anderes Praktisches darin unterzubringen. Es wirkte wie der Ort, an dem man Liebesbriefe, einen Talisman oder wertlose Schmuckstücke aufbewahrte.
    Als wir wieder in Nadines Auto saßen, sagte ich: »Ich will es haben.«
    »Wir sind ja auf einmal so entschlossen.«
    »Du hattest recht«, sagte ich, »es ist perfekt.«
    »Also gut.« Nadine wirkte vergnügt. »Wenn du dir sicher bist, dass du nicht erst eine Nacht darüber schlafen willst, wie viel bietest du?«
    Der veranschlagte Preis lag bei achtunddreißigtausendvierhundert. »Siebenunddreißig?«, schlug ich unsicher vor.
    Sie schüttelte den Kopf. »Zweiunddreißig. Du wirst hochgehen, er runter, ihr trefft euch in der Mitte.« Sie warf einen Blick auf ihre Uhr – es war Donnerstagnachmittag kurz vor fünf. »Willst du ihm vierundzwanzig Stunden Zeit geben?«
    »Können wir denn um eine so schnelle Entscheidung bitten?«
    »Wenn es dir lieber ist, sagen wir achtundvierzig Stunden.«
    »Nein, vierundzwanzig wären großartig. Ich will nur nicht drängeln.« Vierundzwanzig Stunden waren mir tatsächlich lieber. Ich plante, Samstag nach Riley zu fahren, und wollte vermeiden, in Anwesenheit meiner Mutter oder Großmutter mit Nadine zu telefonieren. Ich hatte sie bislang noch nicht in meine Pläne, ein Haus zu kaufen, eingeweiht, da ich befürchtete, meine Mutter würde mir Geld zuschießen wollen, was sie sich nach dem Tod meines Vaters vermutlich nicht leisten konnte. Ich wollte ihnen erst davon erzählen, wenn alles unter Dach und Fach war. Dann könnte ich sie nach Madison einladen, ihnen das Haus zeigen und es mein Eigen nennen. Wir würden zu dritt auf der Veranda sitzen und Limonade trinken – vorausgesetzt, ich besorgte bis dahin ein paar Gartenstühle.
    »Du musst drängeln, mein Engel!«, rief Nadine aus. »Du bietest diesem Mann Geld. Also, die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass sich die Verhandlungen übers Wochenende hinziehen,aber ich werde sehen, was sich machen lässt.« Sie knuffte mich leicht in die Schulter. »Ganz schön aufregend, was? Drück uns die Daumen, Süße.«
     
    Am Abend klingelte etwa zwanzig Minuten nachdem ich meine Nachttischlampe ausgeknipst hatte das Telefon, und mir schoss durch den Kopf, dass Nadine vielleicht schon eine Antwort erhalten haben könnte. Als ich aber den Hörer abnahm, hörte ich eine mir weitaus vertrautere Frauenstimme sagen: »Wag es ja nicht, das Barbecue bei den Hickens sausenzulassen.«
    »Dena, ich dachte, du wärst heute Abend mit jemandem aus, sonst hätte ich dich längst angerufen. Ich habe ein Gebot für ein Haus abgegeben.«
    »Du hast also endlich eins gefunden, das deinen hohen Anforderungen entspricht? Heilige Scheiße – lass uns hinfahren!«
    »Jetzt doch nicht«, sagte ich schnell. »Man würde uns wegen Herumschleichens verhaften.« Ich saß in meinem ärmellosen weißen Nachthemd in der Küche – dort befand sich mein Telefon – am Tisch. Seit das Schuljahr im Juni zu Ende gegangen war, schlief ich größtenteils im Wohnzimmer. Mit einem Blick auf die Wanduhr stellte ich fest, dass es noch nicht einmal halb elf war, ich konnte Dena also wirklich nicht vorwerfen, dass sie spät anrief. Sie machte sich sowieso immer darüber lustig, dass ich so früh ins Bett ging, und meine übliche

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