Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)
Miekes Unerschrockenheit erfüllte mich mit Stolz.
Nun kam der Herr auf mich zu. Ich senkte meinen Kopf.
»Du! Weißt du, wer ich bin?«
»Nein, gnädiger Herr«, behauptete ich. Meine Lüge klang überzeugend.
»Mein Name ist Everhard Clunsevoet. Ich bin Herr über ein Gut bei Rheine und über Ländereien, auf denen ich an die dreihundert Stück Hornvieh halte.« Clunsevoet griff in mein Haar und zog meinen Kopf unsanft hoch, so dass ich es nicht mehr verhindern konnte, ihm in die Augen zu schauen.
»Aber all das ist dir gewiss nicht neu, Emanuel Malitz, oder sollte ich dich besser bei dem Namen Johan Herdinck nennen – unter dem du in meine Dienste getreten bist?«
Ich griente verlegen. »Ihr müsst Euch irren, gnädiger Herr. Eine Verwechslung. Dieser Name ist mirnicht bekannt. Weder der Eure noch der dieses Herbrinck … oder sagtet Ihr Gerbrick?«
»Soso!« Er knurrte aufgebracht. »Dumm nur, dass du diesem Johan Herdinck so verdammt ähnlich siehst, trotz des Bartes, den du damals getragen hast. Und das wiederum ist höchst unerfreulich für dich, weil Johan Herdinck es zu verantworten hat, dass zwei meiner Scheunen niedergebrannt sind.«
Seine Vorwürfe riefen mir die Bilder des großen Feuers in Erinnerung, das wir in einer Nacht verursacht hatten, die etwa zwei Monate zurücklag. Der Plan für den Raubzug, den ich damals entworfen hatte, ähnelte unserem heutigen Vorhaben im Wirtschaftshof, er war nur etwas aufwendiger gewesen. Ich hatte eine Woche lang auf dem Gut des Everhard Clunsevoet geschuftet und dort von früh bis spät Mist geschaufelt. Doch die Schinderei hatte ihren Zweck erfüllt, denn während meiner Arbeit hatte ich Gelegenheit gehabt, das Gelände und die Gebäude zu erkunden. Ich hatte in Erfahrung gebracht, dass es in Clunsevoets Hauptgebäude eine verschlossene Kiste gab, in der er die nicht unerheblichen Erlöse aus einem Viehverkauf aufbewahrte. Alles, was wir tun mussten, um in den Besitz dieser Münzen zu gelangen, war es, in Clunsevoets Räume einzudringen und diese Kiste zu entwenden.
Auch damals sollte ein Feuer für die nötige Ablenkungsorgen, doch tragischerweise blies der auffrischende Wind die Flammen, die Reynold an einem Fuder Heu entfacht hatte, auf die Scheunengebäude zu, die alsbald lichterloh brannten. Als wir in dem ganzen Trubel die schwere verschlossene Truhe aus dem Hauptgebäude schaffen wollten, überraschte uns ein Vorarbeiter, der lautstark Alarm schlug, so dass wir überhastet die Flucht ergriffen. Die Kiste mit dem Geld mussten wir daher zurücklassen.
Während der Woche, die ich auf dem Gut gearbeitet hatte, war mir Everhard Clunsevoet mehrmals über den Weg gelaufen. Natürlich kannte er mein Gesicht, denn einmal war ich ihm in der Nähe seines Haupthauses begegnet, und er hatte mich aufgebracht zurück an meine Arbeit geschickt.
Da der Vorarbeiter mich bei dem missglückten Diebstahl erkannt hatte, konnte Clunsevoet sich leicht zusammenreimen, wer für das Feuer verantwortlich war. Doch wie in drei Teufels Namen hatten seine Leute uns hier in Osnabrück aufgespürt? Ich konnte mir keinen Reim darauf machen.
Clunsevoet ging vor mir in die Hocke, so dass er mir anklagend in die Augen schauen konnte. »Die Futtervorräte für ein halbes Jahr wurden vernichtet. Es kostete mich zudem an die einhundert Goldgulden, die Speicher neu zu errichten.«
»Ich bedaure Euren Verlust«, erwiderte ich kleinlaut.
»Du bedauerst es?« Clunsevoet schnaufte zornig. »Willst du mich zum Narren halten? Ausgerechnet du?«
»Eine Verwechslung …«, beteuerte ich abermals, doch er fiel mir sogleich ins Wort und deutete auf den Hünen an seiner Seite.
»Cort ist euch Raben gefolgt, seit ihr euch nach dem Feuer aus dem Staub gemacht habt. Lange wart ihr ihm ein Stück des Weges voraus, und doch habt ihr an jedem Ort, den ihr aufgesucht habt, eure schändlichen Spuren hinterlassen. Nachdem ihr Rheine verlassen hattet, seid ihr in die Grafschaft Lingen gezogen, wo ihr den Opferstock in einem Kloster der Benediktinerinnen ausgeraubt habt. Von dort führte euer Weg in die Nähe von Vechta, wo man zu berichten wusste, dass der Provisor des Leprosoriums bestohlen wurde, und nun spürte Cort euch hier in Osnabrück auf – just in dem Moment, als ihr den Wirtschaftshof der Franziskaner berauben wolltet.« Er richtete einen Finger auf Reynold. »Cort konnte es gerade noch verhindern, dass dieser Kerl die Hecke neben dem Gebäude in Brand setzte.«
»Was habe ich mit diesem
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