Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)
tatsächlich zu dieser Tat in der Lage gewesen wäre. Damals hätte ich nicht daran gezweifelt, doch in den vergangenen Wochen hatte ich Cort so gut kennengelernt, dass ich eine hohe Meinung von ihm gewonnen hatte.
»Was ist mit Amalia?«, wollte ich wissen. »Du warst lange bei ihr.«
Cort machte einen betrübten Eindruck. »Ich wollte ihr gut zureden, aber sie beschimpfte mich ohne Unterlassund drohte mir, sie wolle ihrem Vater gegenüber behaupten, ich hätte ihr Gewalt angetan und sie geschändet.«
»Das kommt mir bekannt vor.«
Cort nickte. »Sie wollte auch dich belasten, aber ich wusste ihre Lügen zu verhindern. Sie wird uns keinen Ärger bereiten.«
»Warum? Hast du sie übers Knie gelegt?«
»Das würde sie wohl kaum zur Vernunft bringen. Darum habe ich ihr einen Handel vorgeschlagen und ihr versprochen, kein Wort über ihre Ehe mit dem Täuferkönig zu verlieren. Um diesen Gefallen bitte ich auch dich und deine Begleiter. Wir werden dieses Geheimnis bewahren, denn solch eine Offenbarung würde Clunsevoets Ärger heraufbeschwören und Amalia in Ungnade fallenlassen. Als Gegenleistung für unser Schweigen wird sie uns nicht in Verruf bringen.«
»Hört sich gut an.« Tröstend legte ich Cort eine Hand auf die Schulter. »Gräme dich nicht wegen dieses Mädchens. Es gibt andere Frauen. Kein Mann wird Amalia lange an seiner Seite halten können.«
»Da hast du wohl recht.«
Mir kam ein Gedanke, der seit unserer Flucht aus Münster in meinem Kopf herumgeschwirrt war. Nun erschien mir der Moment günstig, ihn auszusprechen.
»Sag, Cort, könntest du dir vorstellen, aus Clunsevoets Diensten zu treten und auch Amalia hinter dir zu lassen? Beide sind es nicht wert, dass man ihnen allzu viel Aufmerksamkeit schenkt.«
»Es sei denn, man plant – wie du –, Clunsevoet zu berauben.«
»Es ist mein Ernst«, sagte ich. »Du bist mir und den anderen ein guter Freund geworden. Ich vertraue dir. Warum schließt du dich uns nicht an?«
»Soll ich Reliquien verkaufen oder Heiltränke panschen?«
»Wer mit uns über das Land zieht, der braucht kein Talent. Er muss nur bereit sein, das Unmögliche zu versuchen, und ich habe gesehen, dass du das Zeug dazu hast. Du würdest zu uns passen. Davon bin ich überzeugt.«
Cort schaute zu Boden und überlegte. Meine Idee war mir nicht allzu abwegig erschienen, und ich hoffte, dass er zustimmen würde, doch nach einer Weile sagte er nur: »Lass mich darüber nachdenken.« Er nickte mir zu, dann trat er zurück ins Haus.
Wie erwartet traf Everhard Clunsevoet, begleitet von einem halben Dutzend Reiter, in den Morgenstunden des nächsten Tages in Osnabrück ein. Zu meiner großen Erleichterung befand sich auch Mieke bei der Gruppe. Einer der Kerle presste sie vor sich imSattel an sich. Als Mieke mich sah, befreite sie sich aus dieser Umklammerung, sprang vom Pferd und kam auf mich zugeeilt.
»Da bist du ja endlich«, rief sie. »Ich hatte schon Angst, die würden mich doch verkaufen.«
»Ich habe dir versprochen, dass ich dich nicht im Stich lasse, mein Mädchen«, sagte ich und drückte sie an mich. Inzwischen waren auch Jasmin und Reynold aus dem Haus getreten.
»Du siehst, wir sind alle wohlbehalten zurückgekehrt«, sagte ich und schickte Mieke mit einem Klaps zu Jasmin, die bereits die Arme ausbreitete.
Auch Everhard Clunsevoet stieg von seinem Pferd. Er kam auf mich zu und musterte mich mit gewohnt strengem Blick. »Welch glückliche Fügung, dass ich mich in Fürstenau aufhielt, wo ich zehn Rinder verkauft habe. Als mich deine Nachricht erreichte, machte ich mich sofort auf den Weg. Ich bringe dir dein Kind, weil der Bote mir mitteilte, dass es dir gelungen ist, Amalia nach Osnabrück zu schaffen. Wo also ist meine Tochter?«
»Folgt mir«, sagte ich und winkte ihn ins Haus. Wir traten in die Diele, wo Cort und Amalia schon auf uns warteten. Ich hatte Cort geraten, Amalia vor Clunsevoets Ankunft aus dem verschlossenen Raum zu befreien, denn trotz allem, was geschehen war, würde der Gutsherr es vielleicht nicht gerne sehen,wenn wir ihm seine Tochter wie eine Gefangene präsentierten.
»Vater!«, rief Amalia und stürmte auf Clunsevoet zu. Verglichen mit meinem Wiedersehen mit Mieke schloss er sie nicht ganz so euphorisch in die Arme, doch man merkte ihm an, dass es ihn rührte, wie reumütig Amalia zu ihm zurückkehrte. Mich überraschte Amalias Auftreten, denn ich hatte eine weit zurückhaltendere Begrüßung erwartet. Es war wieder einmal erstaunlich, wie
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