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Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)

Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wilcke
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Bewegung.
    »Ich habe mich oft über ihn geärgert«, sprach Jasmin weiter. »Aber solch ein Schicksal hat Reynold nicht verdient. Im Grunde war er ein Mensch mit einem guten Herzen.«
    Da Jasmin ihre Augen noch immer geschlossen hatte, bemerkte sie nicht, dass unter den Decken vor uns eine Hand hervorkam und den Stoff zur Seite schob. Ich jedoch hielt meinen Blick gebannt auf diese Stelle, und mir stockte der Atem, als sich dort plötzlich eine Gestalt aufrichtete und ich Reynold erkannte, der herzhaft gähnte und sich streckte.
    »Ja, so sollten wir Reynold in Erinnerung behalten«, sagte Jasmin, »als einen besonderen Menschen, der nur unser Bestes im Sinn hatte.«
    Reynold nahm diese Worte auf, runzelte die Stirn und lauschte.
    »Und ich bereue es, dass ich ihn häufig so grob behandelt habe …«
    »Dem Himmel sei Dank, sie ist zur Einsicht gekommen«, unterbrach Reynold sie.
    Jasmin entfuhr ein spitzer Ton. Sie schnellte hoch und sah, dass Reynold vor uns hockte.
    »Was zur Hölle?«, keuchte sie. »Was machst du hier?«
    »Ich habe hier geschlafen«, sagte Reynold. »Und nun sprich weiter. Ich will mehr davon hören, was für ein bewundernswerter Kerl ich bin.«
    »Den Teufel werde ich tun«, fauchte Jasmin. »Du verstehst es immer wieder, jemanden in Angst und Schrecken zu versetzen, du Nichtsnutz!«
    »Nichtsnutz? Das klang gerade aber noch ganz anders.«
    Cort klopfte Reynold auf die Schulter. »Mach dir nichts daraus, mein Freund. Das ist wohl ihre Art, dir zu zeigen, dass sie dich vermisst hat.« Er lachte. »Schön, dass du wieder bei uns bist.«
    »Wie ist dir das gelungen?«, wollte ich wissen. »Wie konntest du aus Münster entkommen?«
    »Immerhin war ich für die Täufer der Prophet, dessen Worte einem Gesetz gleichkamen«, sagte Reynold. »Das habe ich mir zunutze gemacht. Nachdem ich die Meute zum Stadttor geführt hatte, behauptete ich, der Erlöser habe mir aufgetragen, mich zunächst allein mit ihm vor dem Tor zu treffen, um den Auszug aus der Stadt vorzubereiten. Man hat mir also eine Seitentür geöffnet, und als ich das Torhaus passiert hatte, nahm ich die Beine in die Hand und versteckte mich zwischen dem Wall und der Schanze in einem Erdloch. Die Täufer haben da natürlich begriffen, dass ich es nicht ehrlich mit ihnen meinte. Sie schickten einige Männer aus, um mich zurückzuholen. Glücklicherweise waren die Bischöflichen hinter der Schanze auf den Tumult aufmerksam geworden und trieben die Täufer mit Schüssen aus ihren Hakenbüchsen zurück. Ich musste mir von den Wällen aus noch einige unflätige Beschimpfungen anhören, aber das kümmerte mich nicht mehr. Bei Einbruch der Nacht bin ich über die Schanze geklettert. Im Lager habe ich diese Decken gestohlen und kehrte hierher zurück, weil ich annahm, dass ihr ebenfalls in unser altes Quartier kommen würdet, wenn es euch gelänge, mit heiler Haut die Stadt zu verlassen. Ich bin dann bald darauf eingeschlafen, und nun seid ihr da, dem Himmel sei es gedankt.« Er deutete auf Amalia. »Und wie ich sehe, haben wir erreicht, was wir wollten.«
    »Nicht zuletzt durch deinen mutigen Einsatz«, lobte Cort ihn erneut.
    »Und die Kraft der Amulette.« Reynold öffnete sein Wams und zeigte rund ein Dutzend Ringe und Knochen, das er an Schnüren um den Hals trug. »Die haben mich unverwundbar gemacht.« Er griente. »Und solltet ihr irgendwann zu Geld kommen, verkaufe ich euch gerne das eine oder andere davon zu einem angemessenen Preis.«
    »Zunächst interessiert mich nur ein einziges Geschäft«, sagte ich. »Kehren wir nach Osnabrück zurück und schließen den Handel mit Everhard Clunsevoet ab. Ich möchte keinen Tag länger von Mieke getrennt sein.«

KAPITEL 33
    Ich schickte Cort und Reynold zu den Stallungen, um die Pferde auszulösen, die wir dort nach unserer ersten Ankunft im Lager untergebracht hatten. Jasmin wies ich an, auf Amalia achtzugeben. Ich hingegen lief durch das Lager, kaufte von unseren letzten Münzen Proviant und begab mich noch einmal an den Schanzwall, von wo aus ich einen Blick auf die noch immer unbezwungenen Mauern Münsters werfen konnte.
    Ich fühlte in mir einen gewissen Stolz darüber, dasswir diese im Grunde unerfüllbare Aufgabe erfolgreich hinter uns gebracht hatten. Vom Tag unserer Abreise aus Osnabrück an war ich stets von Zweifeln geplagt worden. Nach diesen Wochen unter den Täufern, in denen an jedem Tag unser Leben in Gefahr gewesen war, genoss ich die wiedergewonnene Freiheit und

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