Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)
nicht. Ich muss zunächst in ihre Nähe gelangen und mehr über ihre Umgebung in Erfahrung bringen. Alles weitere wird sich zeigen.«
»Dein Plan klingt alles andere als ausgereift«, meinte Cort.
»Dafür habe ich bereits eine Idee, wie es uns gelingen könnte, die Stadt zu verlassen, wenn wir Amalia in unsere Gewalt gebracht haben.«
»Ich höre«, sagte Cort. »Als ich mit Reynold zum Kloster gegangen bin, habe ich beobachtet, dass Viehtreiber eine Herde Ochsen vom südlichen Stadttor aus durch die Straßen geführt haben. Bevor ich mich an diesem Morgen zum Prinzipalmarkt und zum Königshof begeben habe, hielt ich mich noch eine Weile am Südtor auf, und wie ich es erwartet hatte, trieben dort bald darauf einige Hirten eine Herde von mehr als zwanzig Ochsen durch das Tor auf die Weiden vor der Stadt.«
»Ja und?«, fragte Reynold. »Willst du, dass wir uns Rinderfelle umlegen und als Vieh getarnt das Tor passieren?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nicht als Vieh, aber als Hirten.« Ich schaute Reynold und Cort an. »Dieser Teil des Plans wird eure Aufgabe sein. Ihr werdet zu den Ochsenhirten gehen und euch mit den Männern und Frauen bekannt machen. Bietet euch an, sie bei dieser Aufgabe zu unterstützen, und gewinnt ihr Vertrauen. Es ist wichtig, dass ihr in den nächsten Tagen mehrmals mit den Ochsen den Wall passiert und dass sich die Wachen am Torhaus eure Gesichter einprägen.«
»Und dann?«, wollte Cort wissen.
»Wenn es uns gelingt, Amalia vom Königshof fortzuschaffen, werdet ihr die Ochsenhirten überwältigen. Und wir alle zusammen werden mit den Ochsendie Stadt verlassen, denn die Torwache wird euch kennen und keinen Verdacht schöpfen. Dann lassen wir das Vieh auf der Weide zurück, verbergen uns im Niemandsland, überqueren in der Nacht den Schanzwall und kehren in das Lager zurück.«
»Das klingt alles so simpel«, raunte Jasmin. »Wie die meisten deiner fehlgeschlagenen Pläne.«
»Zuerst einmal hängt alles von dir ab«, sagte ich.
Der Gedanke schien ihr nicht zu gefallen. »Ich werde am Hof um die Anstellung bitten. Aber ich lasse mich von niemandem anfassen.«
»Sollte das geschehen, halte bitte an dich. Das wäre ein notwendiges Opfer. Es würde uns nicht unbedingt weiterhelfen, wenn du einen Küchenmeister ohrfeigst.«
»Ich ohrfeige ihn nicht.« Jasmin schaute mich finster an, dann erhob sie sich von ihrer Bank und zischte: »Ich breche ihm alle Finger, wenn er mich begrapscht.« Mit dieser Drohung wandte sie sich um und stieg die Leiter zur Dachkammer hoch.
KAPITEL 20
Am nächsten Morgen brach ich mit Jasmin zum Hof des Jan Bockelson auf, wo sie den Versuch unternehmen sollte, in die Dienste des Täuferkönigs zu treten.Auch wenn Jasmin am vergangenen Tag wenig begeistert davon gewesen war, sich bei einem der Hof-oder Küchenmeister anzubiedern, schien sie sich über Nacht mit dieser unliebsamen Aufgabe abgefunden zu haben. Bevor wir Kribbes Haus verließen, hatte sie sich gründlich gewaschen und ausgiebig die Haare gekämmt. Anton Kribbe hatte Jasmin ein sauberes Kleid und ein Hemd aus den Beständen seiner verstorbenen Frau überlassen. Die Bänder an ihrem Hemd hatte sie sogar ein wenig gelockert, so dass der Ansatz ihrer Brüste zu erkennen war. Bei einer leichten Verbeugung nach vorne würde dies einen recht verführerischen Blick ermöglichen. Ich selbst konnte nicht die Augen von ihr abwenden und bedauerte es in diesem Moment wieder einmal, dass sie schon seit Wochen meine Nähe verschmähte.
Reynold konnte nicht davon ablassen, Jasmin erneut zu provozieren. Bevor wir das Haus verließen, deutete er mit seinen Händen in Höhe ihrer Brust greifende Bewegungen an, grinste dabei und meinte: »Ich wünsche gutes Gelingen. Hoffentlich hat der Küchenmeister seine Hände gewaschen. Es wäre schade, wenn dein Hemd schmutzig würde.«
»Dir gefällt es gewiss, dass du zu den Kühen geschickt wirst«, gab Jasmin zurück. »Die können in ihrem Stall nicht davonstürmen, wenn du sie besteigst.«
Reynold lachte kehlig. »Es sind Ochsen, keine Kühe.«
»Daran wirst du dich nicht stören.« Jasmin zog eine Grimasse. Ich trennte die beiden Streithähne, fasste Jasmin am Arm und trat mit ihr auf die Straße.
Zumeist war es nur ein Spaß, wenn die beiden sich verspotteten, doch ab und an schlug dieses Geplänkel in Ernst um, und ein solches Drama wollte ich mir an diesem Morgen ersparen.
An der Domkurie, die zum Königshof umgestaltet wurde, herrschte die gleiche Betriebsamkeit
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