Die Frau des Zeitreisenden
Streusel bestellen. Die Mädchen saugen ihr Bananen-Split auf wie Staubsauger; Clare und ich spielen mit unserem Eis herum und sehen uns nicht an.
»Alba, was geht in deiner Gegenwart so vor?«, fragt Clare.
Alba sieht mich blitzschnell an. »Nicht viel«, antwortet sie. »Gramps bringt mir gerade Saint Saens’ zweites Violinkonzert bei.«
»Du spielst in einem Theaterstück an der Schule mit«, souffliere ich.
»Wirklich?«, sagt sie. »Aber jetzt noch nicht.«
»Ach, entschuldige«, sage ich. »Das kommt wohl erst nächstes Jahr.« In diesem Stil geht es immer weiter. Wir unterhalten uns stockend und umschiffen, was wir wissen und wovor wir Clare und die kleine Alba beschützen müssen. Nach einer Weile legt die ältere Alba den Kopf in ihre Arme. »Müde?«, fragt Clare. Sie nickt. »Dann gehen wir lieber«, sage ich zu Clare. Wir zahlen, und ich hebe Alba hoch; sie ist schlaff, schläft beinahe in meinen Armen. Clare nimmt die kleine Alba auf den Arm, die ganz zappelig ist von dem vielen Zucker. Im Auto - wir fahren gerade die Lincoln Avenue entlang -verschwindet Alba. »Sie ist wieder zurück«, sage ich zu Clare. Sie fängt meinen Blick einen Augenblick im Rückspiegel auf. »Wohin zurück, Daddy?«, fragt Alba. »Wohin zurück?«
Später:
Clare: Endlich ist es mir gelungen, Alba zu einem Nickerchen zu bewegen. Henry sitzt auf unserem Bett, trinkt Scotch und sieht aus dem Fenster auf ein paar Eichhörnchen, die einander um die Weinlaube jagen. Ich gehe zu ihm und setze mich neben ihn. »Hey«, sage ich. Henry schaut mich an, legt einen Arm um mich, zieht mich an sich. »Hey«, entgegnet er.
»Willst du mir nicht sagen, worum es da vorhin ging?«, frage ich ihn.
Henry stellt seinen Drink ab und fängt an, mir die Knöpfe an der Bluse zu öffnen. »Komm ich damit durch, wenn ich es dir nicht sage?«
»Nein.« Ich öffne seinen Gürtel und den Knopf an der Jeans.
»Ganz sicher?« Er küsst mich im Nacken.
»Ja.« Ich ziehe den Reißverschluss nach unten, lasse meine Hand unter sein Hemd und über den Bauch gleiten.
»Weil du’s nämlich gar nicht wissen willst.« Henry atmet mir ins Ohr und fährt mir mit der Zunge um den Rand. Ich erschaudere. Er zieht mir die Bluse aus, löst den Haken an meinem BH. Meine Brüste senken sich und ich lege mich zurück, beobachte, wie Henry sich Jeans, Unterwäsche und Hemd abstreift. Er steigt aufs Bett, und ich sage: »Socken.«
»Oh, natürlich.« Er zieht die Socken aus. Wir sehen uns an.
»Du willst mich nur ablenken«, sage ich.
Henry streichelt meinen Bauch. »Ich versuche mich abzulenken. Wenn es mir auch noch gelingt, dich abzulenken, umso besser.«
»Du musst es mir sagen.«
»Nein, muss ich nicht.« Er umfasst meine Brüste mit den Händen, fährt mir mit den Daumen über die Nippel.
»Sonst stell ich mir das Schlimmste vor.«
»Nur zu.« Ich hebe meine Hüften und Henry zieht mir Jeans und Unterwäsche aus. Er setzt sich rittlings über mich, kommt zu mir heran, küsst mich. Du lieber Gott, denke ich, was kann es nur sein? Was ist das Schlimmste? Ich schließe die Augen. Eine Erinnerung: Die Wiese, ein kalter Tag in meiner Kindheit, ich renne über vertrocknetes Gras, da war ein Geräusch, er rief meinen Namen...
»Clare?« Henry beißt mich zärtlich in die Lippen. »Wo bist du?«
»Im Jahr 1984.«
Henry hält inne und sagt: »Warum?«
»Ich glaube, da passiert es.«
»Passiert was?«
»Was es auch ist, das dir Angst macht, es mir zu sagen.«
Henry rollt von mir herunter, wir liegen Seite an Seite. »Erzähl es mir«, sagt er.
»Es war noch früh. Ein Herbsttag. Daddy und Mark waren auf Wildjagd. Ich bin aufgewacht; mir war, als hätte ich dich nach mir rufen hören, und da bin ich zur Wiese gerannt, und da warst du, Daddy und Mark, und ihr habt etwas betrachtet, aber Daddy wollte unbedingt, dass ich wieder zum Haus zurückgehe, darum weiß ich nicht, was ihr da gesehen habt.«
»Und?«
»Später am Tag ging ich dann noch mal zur Wiese. Eine Stelle im Gras war blutgetränkt.«
Henry sagt nichts. Er presst die Lippen zusammen. Ich schlinge die Arme um ihn, halte ihn fest. »Das Schlimmste...«
»Sei still, Clare.«
»Aber...«
»Seht.« Draußen ist noch immer ein strahlender Nachmittag. Uns ist kalt hier im Haus, und wir klammern uns aneinander, wollen uns wärmen. Alba schläft in ihrem Bett und träumt von Eiskrem, träumt die kleinen zufriedenen Träume einer Dreijährigen, während eine andere Alba irgendwo in der Zukunft
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