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Die Frau des Zeitreisenden

Die Frau des Zeitreisenden

Titel: Die Frau des Zeitreisenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Audrey Niffenegger
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Henry Geburtstag. Ich bin bei Vintage Vinyl und versuche ein Album zu finden, das ihm gefällt und er noch nicht hat. Irgendwie hatte ich mich darauf verlassen, den Besitzer Vaughn um Rat zu fragen, weil Henry seit Jahren hier kauft. Aber hinter dem Ladentisch steht ein Highschool-Junge. Er trägt ein T-Shirt von Seven Dead Arson und war vermutlich noch gar nicht auf der Welt, als die meisten Sachen hier im Laden aufgenommen wurden. Ich gehe die Fächer durch. Sex Pistols, Patti Smith, Supertramp, Matthew Sweet. Phish, Pixies, Pogues, Pretenders. B-52’s, Kate Bush, Buzzcocks. Echo and the Bunnymen. The Art of Noise. The Nails. The Clash, The Cramps, The Cure. Television. Bei einer unbekannten Velvet-Underground-Scheibe bleibe ich hängen und versuche mich zu erinnern, ob ich sie im Haus habe herumliegen sehen, aber bei näherer Überprüfung erkenne ich, dass es nur ein Mischmasch von Stücken ist, die Henry auf anderen Platten hat. Dazzling Killmen, Dead Kennedys. Vaughn kommt mit einer riesigen Schachtel beladen herein, schleppt sie hinter den Ladentisch und geht wieder hinaus. Das wiederholt er mehrere Male, und dann fängt er mit dem Jungen an, die Schachteln auszupacken, sie stapeln LPs auf den Ladentisch und geben bei manchen Sachen, von denen ich noch nie gehört habe, ihr Erstaunen kund. Ich gehe zu Vaughn und breite stumm drei LPs fächerförmig vor ihm aus. »Hallo, Clare«, sagt er breit grinsend. »Wie geht’s so?«
    »Hallo, Vaughn. Henry hat morgen Geburtstag. Hilfe.«
    Er beäugt meine Auswahl. »Die beiden hat er schon«, sagt er und nickt auf Lilliput und die Breeders, »und die ist wirklich schrecklich«, wobei er auf die Plasmatics zeigt. »Aber ein tolles Cover, hm?«
    »Ja. Hast du vielleicht was in der Schachtel, das ihm gefallen könnte?«
    »Nö, alles Sachen aus den Fünfzigern. Eine alte Frau ist gestorben. Aber das hier könnte dir gefallen, hab ich erst gestern reinbekommen.« Er zieht eine Zusammenstellung von den Golden Palominos aus dem Fach mit den Neuzugängen. Einiges davon kenne ich nicht, also nehme ich die Platte. Plötzlich grinst Vaughn mich an. »Ich hab da was echt Obstruses für dich - eigentlich wollte ich es für Henry aufheben.« Er tritt hinter den Ladentisch und fischt eine Weile in den Tiefen herum. »Hier.« Vaughn reicht mir eine LP in einer unbedruckten weißen Hülle. Ich lasse die Platte herausgleiten und lese auf dem Label: »Annette Lyn Robinson, Pariser Oper, 13. Mai 1968, Lulu.« Ich sehe Vaughn fragend an. »Nicht gerade sein üblicher Geschmack, hm? Ein Bootleg von einem Konzert; offiziell existiert es gar nicht. Vor einiger Zeit hat er mich gebeten, die Augen nach ihren Sachen offen zu halten, aber da es auch nicht gerade mein üblicher Geschmack ist, hab ich es entdeckt und dann ständig vergessen, es ihm zu erzählen. Ich hab’s mir angehört, ist wirklich schön. Gute Tonqualität.«
    »Danke«, flüstere ich.
    »Bitte. Hey, was ist daran so besonders?«
    »Sie war Henrys Mutter.«
    Vaughn hebt die Augenbrauen, und seine Stirn legt sich komisch in Runzeln. »Im Ernst? Klar ... er sieht ihr ähnlich. Na, sehr interessant. Hätte er ruhig mal erwähnen können.«
    »Er spricht nicht oft über sie. Sie ist gestorben, als er noch klein war. Bei einem Autounfall.«
    »Ach. Genau, ich erinnere mich vage. Tja, soll ich dir noch was raussuchen?«
    »Nein, das reicht.« Ich zahle bei Vaughn, verlasse den Laden und gehe, die Stimme von Henrys Mutter an mich gedrückt, in aufgeregter Vorfreude die Davis Street entlang.
Freitag, 16. Juni 2006 (Henry ist 43, Clare 35)
     
    Henry: Heute ist mein dreiundvierzigster Geburtstag. Um 6.46 Uhr klappen meine Augenlider hoch und ich kann nicht mehr einschla-fen, obwohl ich heute nicht arbeiten muss. Ich werfe einen Blick auf Clare, sie liegt im tiefen Dornröschenschlaf da, die Arme von sich gestreckt und die Haare durcheinander auf dem Kissen ausgebreitet. Trotz der Falten vom Kopfkissenbezug auf ihren Wangen sieht sie wunderschön aus. Vorsichtig steige ich aus dem Bett, gehe in die Küche und werfe die Kaffeemaschine an. Im Badezimmer lasse ich das Wasser eine Weile laufen und warte darauf, dass es warm wird. Wir müssten einen Klempner rufen, kommen aber nie dazu. Ich gehe wieder in die Küche, schenke mir einen Becher Kaffee ein, nehme ihn mit ins Bad und stelle ihn aufs Waschbecken. Dann schäume ich mein Gesicht ein und beginne mit der Rasur. Normalerweise kann ich mich fast blind rasieren, aber heute mache ich, zu

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