Die Frau des Zeitreisenden
ihr landen.«
»Wird irgendwas passieren...?«
»Mit dir.« Unsere Blicke begegnen sich.
Mir ist schlecht. »Entschuldige«, sage ich zu ihr, stehe auf und gehe zu der winzigen, mit Marilyn Monroe voll gekleisterten Toilette. Ich spritze mir kaltes Wasser ins Gesicht, lehne mich mit geschlossenen Augen an die Wand. Als ich merke, dass ich nirgendwohin verschwinden werde, gehe ich ins Café zurück und setze mich wieder. »Tut mir Leid. Was sagtest du?«
Charisse sieht klein und ängstlich aus. »Henry«, flüstert sie. »Sag’s mir.«
»Was soll ich sagen, Charisse?«
»Sag mir, dass du nirgendwohin gehen wirst. Sag mir, dass Clare nicht Gomez will. Sag mir, dass alles gut wird. Oder sag mir, dass alles den Bach runtergeht, ich weiß nicht ... sag mir einfach, was passiert!« Ihre Stimme bebt. Sie legt mir die Hand auf den Arm, und ich muss mich zwingen, dass ich ihn nicht wegziehe.
»Dir geht’s prima, Charisse. Alles wird gut.« Sie starrt mich an und glaubt mir nicht, möchte mir aber gern glauben. Ich lehne mich im Stuhl zurück. »Er wird dich nicht verlassen.«
Sie seufzt. »Und du?«
Ich schweige. Charisse sieht mich an und senkt dann den Kopf. »Gehen wir nach Hause«, sagt sie schließlich, und das tun wir.
Clare: Ein sonniger Sonntagnachmittag. Ich gehe in die Küche, wo Henry am Fenster steht und in den Garten hinausblickt. Er winkt mich zu sich. Ich gehe zu ihm und sehe aus dem Fenster. Alba spielt im Garten mit einem älteren Mädchen, das ungefähr sieben ist. Sie hat lange dunkle Haare und ist barfuß, trägt ein T-Shirt mit dem Logo der Cubs. Die beiden sitzen sich auf der Erde gegenüber, das Mädchen mit dem Rücken zu uns. Alba lächelt sie an und gestikuliert mit den Händen, als würde sie fliegen. Das Mädchen schüttelt den Kopf und lacht.
Ich sehe Henry an. »Wer ist das?«
»Alba.«
»Ja, aber wer ist da bei ihr?«
Henry lächelt, seine Augenbrauen ziehen sich jedoch zusammen und lassen das Lächeln besorgt wirken. »Clare, das ist Alba, wenn sie älter ist. Sie reist durch die Zeit.«
»Mein Gott.« Ich starre das Mädchen an. Sie dreht sich um, zeigt auf das Haus, und ich sehe kurz das Profil, dann dreht sie sich wieder weg. »Sollten wir vielleicht zu ihnen gehen?«
»Nein, lass sie nur. Wenn sie ins Haus kommen wollen, dann tun sie’s auch.«
»Ich würde sie unheimlich gern kennen lernen...«
»Lieber nicht...«, setzt Henry an, aber noch während er das sagt, kommen die beiden Albas Hand in Hand zur hinteren Tür gerannt. »Mama, Mama«, sagt meine drei Jahre alte Alba und zeigt mit dem Finger, »sieh mal! Da ist eine große Alba!«
Die andere Alba grinst und sagt: »Hallo Mama«, worauf ich lächelnd entgegne: »Hallo Alba.« Dann dreht sie sich um, sieht Henry und ruft: »Daddy!«, und rennt zu ihm, schlingt die Arme um ihn und beginnt zu weinen. Henry sieht mich kurz an, beugt sich über Alba, wiegt sie und flüstert ihr etwas ins Ohr.
Henry: Clare ist bleich geworden; sie beobachtet uns, hält die kleine Alba an der Hand, die ihrerseits dasteht und mit offenem Mund beobachtet, wie sich ihr älteres Ich an mich klammert und weint. Ich bücke mich zu Alba hinab, flüstere ihr ins Ohr: »Sag Mama nicht, dass ich gestorben bin, okay?« Sie blickt zu mir auf, Tränen hängen ihr an den langen Wimpern, ihre Lippen beben, und nickt. Clare reicht ihr ein Papiertaschentuch, sagt ihr, sie soll sich die Nase putzen, umarmt sie. Alba lässt sich von ihr fortführen, um sich das Gesicht zu waschen. Die kleine Alba, die gegenwärtige Alba, umklammert meine Beine. »Warum Daddy? Warum ist sie traurig?« Zum Glück muss ich ihr nicht antworten, weil Clare und Alba zurückkommen; Alba trägt eins von Clares T-Shirts und eine abgeschnittene Hose von mir. Clare sagt: »Hey, allesamt. Wollen wir nicht ein Eis essen gehen?« Beide Albas lächeln; die kleine Alba tanzt um uns herum und schreit »I scream, you scream, I scream, you scream...« Wir steigen ins Auto, Clare fährt, die dreijährige Alba vorn auf dem Beifahrersitz und die siebenjährige Alba mit mir auf der Rückbank. Sie schmiegt sich an mich, ich lege den Arm um sie. Wir schweigen, nur die kleine Alba sagt: »Sieh mal, Alba, ein Hündchen! Sieh mal, Alba, sieh mal, Alba...«, bis ihr älteres Ich entgegnet: »Ja, Alba, ich seh es doch.« Clare fährt zum Zephyr Cafe, wo wir in einer blauen glitzernden Plastiksitznische Platz nehmen und zwei Bananen-Split, einen Schokoladen-Milchshake und ein Vanillesofteis mit
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