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Die Frau des Zeitreisenden

Die Frau des Zeitreisenden

Titel: Die Frau des Zeitreisenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Audrey Niffenegger
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mild, der Kürbis süß, das Hühnchen schwimmt in Butter. Es schmeckt so gut, ich möchte am liebsten weinen.
    Henry nimmt einen Bissen, dann zeigt er mit der Gabel auf Gomez. »Welche Revolution eigentlich?«
    »Wie bitte?«
    »Auf welche Revolution wir anstoßen?« Charisse und ich sehen uns beunruhigt an, aber es ist zu spät.
    Gomez lächelt, und mein Mut sinkt. »Auf die Nächste.«
    »Bei der sich das Proletariat erhebt und die Reichen gefressen werden und der Kapitalismus zugunsten einer klassenlosen Gesellschaft bezwungen wird?«
    »Genau die.«
    Henry zwinkert mir zu. »Dann wird es ziemlich eng für Clare. Und was hast du mit der Intelligenzia vor?«
    »Ach«, sagt Gomez, »die fressen wir wahrscheinlich auch. Aber dich behalten wir, du wirst unser Koch. Das Zeug schmeckt hervorragend.«
    Charisse berührt Henry vertraulich am Arm. »Natürlich wollen wir nicht wirklich jemanden essen«, sagt sie. »Wir wollen nur Vermögen umverteilen.«
    »Da bin ich aber erleichtert«, erwidert Henry. »Die Aussicht, Clare kochen zu müssen, hätte mir gar nicht gefallen.«
    »Eigentlich schade«, kontert Gomez. »Clare wäre bestimmt sehr schmackhaft.«
    »Mich würde interessieren, was die Kannibalenküche so bietet«, sage ich. »Gibt es eigentlich ein Kannibalenkochbuch?«
    »Das Rohe und das Gekochte «, sagt Charisse.
    »Das gehört aber weniger in diese Ecke«, widerspricht Henry. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass Lévi-Strauss Rezepte liefert.«
    »Wir könnten auch ein Rezept abändern«, schlägt Gomez vor und nimmt noch einen Nachschlag Hühnchen. »Ihr wisst schon, Clare mit Steinpilzen und Marinarasauce zu Linguini. Oder Brust von Clare ä la Orange. Oder...«
    »Hey«, sage ich. »Wenn ich aber nicht gefressen werden will?«
    »Tut mir Leid, Clare«, sagt Gomez ernst. »Ich fürchte, du musst für die größere Sache dran glauben.«
    Henry fängt meinen Blick auf und lächelt. »Nur keine Angst, Clare, wenn die Revolution kommt, versteck ich dich in der Newberry. Du kannst im Magazin wohnen, ich füttere dich mit Schokoriegeln und Tortilla-Chips aus unserer Kantine. Da finden sie dich nie.«
    Ich schüttle den Kopf. »Und wie wär’s mit: >Als Erstes bringen wir alle Anwälte um    »Nein«, sagt Gomez. »Ohne Anwälte läuft gar nichts. Die Revolution liefe innerhalb von zehn Minuten aus dem Ruder, wenn sie nicht von Anwälten auf Linie gebracht würde.«
    »Aber mein Dad ist auch Anwalt«, sage ich zu ihm, »ihr dürft uns also doch nicht fressen.«
    »Er ist die falsche Sorte Anwalt«, sagt Gomez. »Er ordnet Nachlässe für die Reichen. Ich dagegen vertrete arme unterdrückte Kinder...«
    »Ach, halt die Klappe, Gomez«, sagt Charisse. »Du verletzt Clares Gefühle.«
    »Tu ich nicht! Clare opfert sich gern für die Revolution, hab ich Recht, Clare?«
    »Nein.«
    »Oh.«
    »Und was ist mit dem kategorischen Imperativ?«, fragt Henry.
    »Bitte, was?«
    »Na ja, die goldene Regel. Du sollst nicht andere Leute fressen, solange du nicht willens bist, selbst gefressen zu werden.«
    Gomez putzt sich die Fingernägel mit den Zinken der Gabel. »Meint ihr nicht, dass es das Prinzip Fressen oder Gefressen werden ist, das die Welt eigentlich am Laufen hält?«
    »Im Wesentlichen schon. Aber bist du nicht der Beweis dafür, dass es Menschen gibt, die Gutes tun?«, fragt Henry.
    »Sicher, aber ich gelte in weiten Kreisen als gefährlicher Spinner.« Gomez sagt das mit geheuchelter Gleichgültigkeit, aber ich merke, dass Henry ihm Rätsel aufgibt. »Clare«, sagt er, »wo bleibt der Nachtisch?«
    »Ach herrje, den hab ich fast vergessen«, sage ich, stehe etwas zu schnell auf und muss mich am Tisch festhalten, damit ich das Gleichgewicht finde. »Ich geh ihn holen.«
    »Ich helf dir«, sagt Gomez und folgt mir. Auf dem Weg in die Küche bleibe ich mit meinen hohen Absätzen an der Türschwelle hängen, stolpere vorwärts, und Gomez fängt mich auf. Einen Augenblick lang stehen wir eng aneinander gepresst da, und ich spüre seine Hand auf meiner Hüfte, aber er lässt mich los. »Du bist betrunken, Clare«, stellt Gomez fest.
    »Ich weiß. Du auch.« Ich drücke den Knopf an der Kaffeemaschine, und langsam tropft Kaffee in die Kanne. An die. Theke gelehnt, ziehe ich vorsichtig die Plastikfolie von den Brownies. Gomez, der dicht hinter mir steht, beugt sich vor, so dass sein Atem an meinem Ohr kitzelt, und sagt ganz leise: »Es ist der Gleiche.«
    »Wovon redest du?«
    »Von dem Kerl, vor dem ich dich gewarnt

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