Die Frau des Zeitreisenden
Ich bin sehr erleichtert, Gomez zu treffen: Um nicht zu sagen, hocherfreut. Er allerdings scheint meine Freude nicht zu teilen.
»Mann, ich will dich ja nicht stören und gar nichts, aber du zerstückelst da gerade einen Freund von mir.«
Oh, das darf nicht wahr sein. »Aber er hat es so gewollt. Kommt einfach auf mich zu und sagt, >Du, ich muss dringend vermöbelt werden.<«
»Ach so, na dann, gut gemacht. Verdammt kunstvoll, echt.«
»Vielen Dank.«
»Was dagegen, wenn ich den guten alten Nick aufklaube und ins Krankenhaus bringe?«
»Tu, was du nicht lassen kannst.« Mist. Ich hatte vor, Nicks Klamotten zu beschlagnahmen, vor allem die Schuhe, nagelneue Doc Martens, dunkelrot, kaum getragen. »Gomez.«
»Ja?« Er bückt sich und will seinen Freund hochheben, der sich einen Zahn in den eigenen Schoß spuckt.
»Welches Datum haben wir heute?«
»Den 14. Dezember.«
»Welches Jahr?«
Er blickt zu mir auf wie jemand, der Wichtigeres zu tun hat, als sich auf einen Irren einzulassen, und packt Nick im Feuerwehrmannsgriff, was scheußlich wehtun muss. Nick fängt an zu wimmern. »1991. Du musst betrunkener sein, als du aussiehst.« Er geht die Gasse entlang und verschwindet in Richtung des Theatereingangs. Ich rechne schnell nach. Es ist noch nicht lange her, seit Clare und ich ein Paar sind, Gomez und ich können uns also kaum kennen. Kein Wunder, dass er mich so kalt beäugt hat.
Er kommt ohne Last zurück. »Ich hab ihn Trent übergeben. Nicks Bruder. Er war nicht sehr begeistert.« Wir gehen in östlicher Richtung die Gasse hinunter. »Verzeih mir die Frage, lieber Bücherknecht, aber wieso um Himmels willen bist du so angezogen?«
Ich trage Jeans, einen hellblauen, mit kleinen gelben Enten gemusterten Pullover und eine neonrote Daunenweste mit rosa Turnschuhen. Im Grunde überrascht es nicht, dass es manch einen in den Fingern juckt, mich zu verprügeln.
»Etwas Besseres konnte ich nicht auftreiben.« Ich hoffe nur, der Kerl, dem ich die Sachen weggenommen habe, hatte es nicht weit nach Hause. Es hat etwa minus fünf Grad. »Warum verkehrst du mit Typen, die Verbindungen angehören?«
»Na ja, wir haben zusammen Jura studiert.« Wir gehen an der Hintertür eines Army-Shop vorbei, und ich verspüre den dringenden Wunsch nach normaler Kleidung. Ich beschließe, das Risiko einzugehen, Gomez vor den Kopf zu stoßen, denn ich weiß, er wird es verwinden. Ich bleibe stehen. »Genosse. Es wird nicht lange dauern, ich muss nur eine Kleinigkeit erledigen. Könntest du am Ende der Gasse warten?«
»Was hast du vor?«
»Nichts. Einbruchdiebstahl. Beachte nicht den Mann hinterm Vorhang.«
»Was dagegen, wenn ich mitkomme?«
»Ja.« Er wirkt geknickt. »Na gut. Wenn’s sein muss.« Ich trete in die Nische, die den Hintereingang verdeckt. Es ist mein dritter Einbruch in diesem Laden, obwohl die beiden anderen Male noch in der Zukunft liegen. Ich beherrsche die Sache schon aus dem Effeff. Erst öffne ich das belanglose Kombinationsschloss, mit dem das Gitter gesichert ist, das ich nunmehr zurückschiebe, knacke das Sicherheitsschloss mit dem Inneren eines alten Füllers und einer Sicherheitsnadel, die ich vorhin auf der Belmont gefunden habe, und benutze ein Stück Aluminium, um den Innenriegel zwischen der Doppeltür zu heben. Voilà. Alles in allem dauert das Ganze etwa drei Minuten. Gomez sieht mit beinahe religiöser Ehrfurcht zu.
»Wo hast du das bloß gelernt?«
»Ist nur ein Trick«, erwidere ich bescheiden. Wir gehen in den Laden. Da ist eine Tafel mit blinkenden roten Lichtern, die eine Alarmanlage vortäuschen will, aber ich weiß es besser. Es ist hier ziemlich dunkel. In Gedanken gehe ich die Raumaufteilung und Waren durch. »Fass nichts an, Gomez.« Ich möchte warm und unauffällig angezogen sein. Vorsichtig schleiche ich durch die Gänge, und meine Augen gewöhnen sich bald an die Finsternis. Ich beginne mit der Hose: schwarze Levi’s. Dann wähle ich ein dunkelblaues Flanellhemd aus, einen dicken schwarzen Wollmantel mit kräftigem Futter, Wollsocken, Boxershorts, dicke Bergsteigerhandschuhe und eine Mütze mit Ohrenklappen. In der Schuhabteilung finde ich, zu meiner großen Freude, genau die gleichen Docs wie mein Freund Nick sie anhatte. Ich bin einsatzbereit.
Unterdessen schnüffelt Gomez hinter der Ladentheke herum. »Spar dir die Mühe«, sage ich zu ihm. »Hier nehmen sie über Nacht das Geld aus der Kasse. Gehen wir.« Wir verlassen den Laden auf dem gleichen Weg, den wir gekommen
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