Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)
pfauenblauen, zwölf Zentimeter hohen Stöckelschuhen auf ihre Studenten zu, gefolgt vom Vizekanzler und ihrem Team aus wissenschaftlichen Mitarbeitern.
Brianne nahm das federnde blonde Haar in sich auf, den schwarzen Jumpsuit, den knallroten Mund, von dem eine verbotenerweise brennende Zigarette hing, und staunte. Sie hatte den Rest der astrophysikalischen Fakultät gesehen. Geleitet wurde sie von Professor Partridge, einem Mann in einer Strickjacke, die seine Frau aus den Haaren diverser Haustiere der Familie gestrickt hatte.
Nikitanova gab Brian die Schlüssel, und während er am Schloss rumfummelte, sagte sie: »Nur die Ruhe, Schätzchen! Uns bleiben noch zwei Jahre, wenn ich nicht vorher genug von dir habe.«
Sie lachte, und Brian junior fiel das Internetgerücht ein, dass Nikitanovas Ehemann ein gebildeter Oligarch war, der seine schöne, brillante und gutmütige Frau von Ex-KGB-Agenten bewachen ließ. Die Agenten wussten, wenn ihr irgendetwas – irgendetwas – zustieß, würden sie qualvoll sterben (dankbar, dass ihr Martyrium bald ein Ende haben würde).
Später am selben Abend lag Brian auf seinem Bett und versuchte eine Aufgabe zu lösen, die Nikitanova ihrer Gruppe gestellt hatte – »um das Gehirn zu trainieren« –, als es an die Tür klopfte.
Es war Poppy. Sie fing an zu reden, bevor sie noch im Zimmer war. »Ich kann nicht schlafen, also komme ich, um mit dir zu parlieren … Heilige Scheiße, ist das heiß hier drin!«
Sie trug ein leichtes Flanellnachthemd, wie es der Wolf in Rotkäppchen trägt. Zu Brian juniors Entsetzen bückte sie sich, nahm den Saum in beide Hände, schälte sich aus dem Nachthemd und warf es in eine Ecke.
Bisher hatte Brian junior nackte Frauen höchstens in Pornomagazinen und Internetvideos gesehen, und deren Körper waren von der Farbe gebratener Hähnchen und bar jeder Körperbehaarung, weshalb er schockiert war über den wilden schwarzen Schopf zwischen ihren sehnigen weißen Schenkeln und die Büschel unter ihren Armen.
Brian junior setzte sich auf die Bettkante und begann, die möglicherweise endlose Liste Primzahlen im Kopf runterzurattern:
2, 3, 5, 7, 11, 13, 17, 19, 23, 29, 31, 37, 41, 43, 47, 53, 59, 61, 67, 71, 73, 79, 83, 89, 97, 101, 103, 107, 109, 113, 127, 131, 137 …
Poppy hatte dünne Hängebrüste, die hin und her pendelten, während sie in dem winzigen Zimmer umherstreifte und seine Sachen durcheinanderbrachte.
Brian junior fiel absolut nichts ein, was er hätte sagen können. Er wollte wieder ins Bett und schlafen. Er spürte, dass ihm etwas sehr Furchtbares bevorstand.
Sie kam und setzte sich zu seinen Füßen im Schneidersitz auf den Boden. »Du bist noch Jungfrau, nicht wahr, mein Schatz?«
Brian junior rutschte ans Ende des Bettes und machte sich daran, den Schreibtisch wieder aufzuräumen, Stifte, Bleistifte und Textmarker zu sortieren. Neben Laptop und Heften streifte seine Hand ein durchsichtiges Kästchen Büroklammern, und er fragte sich, wo ein zufriedensteilender Platz dafür sei. Er kippte sie aus und begann, die Büroklammern in Zehnerlinien zu ordnen.
Poppy kroch neben ihn, schlang die Arme um seine Beine und fing an zu weinen. »I loved you the moment I saw your face.«
Brian junior hatte eine Büroklammer übrig. Das war übel. Eine einzige Büroklammer durfte nicht sein. Sie fügte sich nicht ein. Sie zog alle Aufmerksamkeit auf sich – sie war egoistisch, dachte nur an sich selbst. Brian junior betrachtete sein Gesicht im Spiegel über dem Schreibtisch. Er wusste, er sah ungewöhnlich gut aus. Was äußerst lästig war. Er wusste auch, dass Poppy ihre Liebeserklärung aus einem Song von Roberta Flack geklaut und falsch zitiert hatte. Es war eines der Lieblingslieder seiner Mutter. Sie hatte es ihm und Brianne vorgesungen, als sie klein waren.
Er blickte auf Poppy herab und sagte: »Ewan Mac-Coll hat es 1957 komponiert. Roberta Flack nahm es 1972 auf. Coldcut verwendete die A-Capella-Version von Joanna Law für 70 Minutes of Madness. Gemixt mit Luke Slater und Harold Budd.«
Poppy fragte sich, wann er endlich aufhören würde, über die blöde Platte zu reden.
Wieder blickte er auf sie herab und sagte: »Es ist das beste Mixtape aller Zeiten.«
Schließlich hob sie den Kopf, nahm seine Hand und platzierte sie auf ihrer linken Brust. Sie sah ihm ins Gesicht und sagte: »My love, it’s like the beating throat of a caged bird.«
Brian junior zog angewidert seine Hand zurück. Eine ihrer Haarsträhnen klebte am
Weitere Kostenlose Bücher