Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)
serienmäßigen Doppelbett, das er in die Schuppenanlage geschmuggelt hatte, als Eva bei der Arbeit war.
Der ursprüngliche Schuppen hatte ein Schiebedach, was ihm erlaubte, mit seinem selbstgebauten Teleskop den Nachthimmel abzusuchen. Es hatte Beschwerden von den Nachbarn gegeben – das knarzende Geräusch beim Öffnen und Schließen des Daches konnte »lästig« sein, hatte Brian eingeräumt, ebenso wie das Knirschen des Getriebes, wenn die Instrumente über den Himmel schwenkten. Aber kapierten es »diese geistigen Pygmäen« denn nicht? Sie hatten es mit Dr. Brian Biber zu tun, einem echten Weltraumforscher. Auf der Erde gab es nichts mehr zu entdecken – nicht, seit entlegene Stämme in Südamerika Marlboro Lights rauchten.
Brian wollte, dass etwas nach ihm benannt wurde, und irgendein x-beliebiger Stern reichte ihm nicht. Schließlich konnte man schon für £50 einen benennen und die Urkunde seiner Frau zu Weihnachten schenken. So eine Urkunde hatte Brian Eva zu ihrem vierzigsten Geburtstag geschenkt. Ihre Reaktion fiel weniger begeistert aus als erwartet – vor allem, als er ihr erzählte, dass Eva Biber, der Stern, eigentlich bekannt als SAO 101276 vor 380 Millionen Jahren erloschen war und es nur sein geisterhaftes Licht war, das man von der Erde aus sehen konnte.
Nein, Brian wollte, dass etwas wirklich Beachtliches seinen Namen trug, etwas, das ihm den Respekt der weltweiten astronomischen Community einbringen würde. Als kleiner Junge von zehn Jahren hatte er mit seiner Mutter einen Ausschnitt der Nobelpreisverleihung gesehen.
Sie hatte gesagt: »Wenn du dich anstrengst, Brian, kannst du vielleicht den Nobelpreis gewinnen. Das würde Mami sehr glücklich machen.«
Brian hatte sich selbst beigebracht, auf Schwedisch zu sagen: »Ohne die Unterstützung meiner Mutter Yvonne Biber, hätte ich den … nie entdeckt.«
Schwedisch war eine sehr schwere Sprache. Bei der Aussprache war er sich nicht sicher, und es gab niemanden, den er fragen konnte.
Brian war in der Schule so strebsam gewesen, dass er sich von seinen Mitschülern entfremdet hatte, dafür war er an der Uni ein Überflieger. Jetzt, in seiner Lebensmitte, war er unsanft gelandet und zu der grausamen Erkenntnis gelangt, dass er nur einer von vielen schlauen Wissenschaftlern war, deren Namen die Öffentlichkeit nie erfahren würde, und dass er nie eine Chance gehabt hatte, den Nobelpreis zu gewinnen.
Jeden Abend um halb neun und am Wochenende jeden Nachmittag ging er in seinen Schuppen.
Brianne hatte einmal zu Eva gesagt: »Jahrelang dachte ich, Dad fährt in eine Stadt namens ›Innschuppen‹.«
Erst kürzlich hatte Brian – ohne Evas Wissen – zwei der kleineren Schuppen verbunden, ein neues, äußerst bequemes, extragroßes Bett, zwei Sessel, einen Kühlschrank und einen kleinen Esstisch hineingestellt und so eine kompakte, aber stilvolle Gartenwohnung geschaffen.
Titania, die auf Zehenspitzen durch die Gartenpforte über den Pfad hinter dem Haus zum Schuppen schlich, leistete ihm oft Gesellschaft. Die Zwillinge und Eva wussten, dass sie ihn nicht stören durften, wenn das rote Licht über der Tür des Mutterschuppens brannte und er »arbeitete«.
Jetzt lag Eva im Dunkeln wach.
»Von wegen arbeiten«, sagte sie zu sich selbst. »All die Stunden, all die Jahre, und er hat es vorgezogen, sie mit einer fremden Frau namens Titania zu verbringen.«
10
Brian junior wartete mit den anderen Studenten vor dem Seminarraum auf Professor Nikitanova.
Brianne hatte gerade gesagt: »Sei ein Mann, Bruderherz. Versprich mir, dass du nicht wegläufst, wenn ich gehe.«
Brian junior sagte: »Bruderherz? Warum redest du wie die Schauspieler in Coronation Street? «
Brianne senkte die Stimme und wandte den anderen Studenten den Rücken zu. »Bri, wir müssen uns normalisieren. Ein bisschen mehr Umgangssprache benutzen. Verstehst du? Wörter wie cool, krass, chillen, Alter, geil, krank, Hammer …«
Brian junior nickte.
Als Brianne zu ihrem eigenen Tutorentreffen gehen wollte, packte er den Lederärmel ihrer Jacke und sagte: »Brianne, bleib hier, meine Hände und Füße sind ganz taub. Ich glaube, mein Nervensystem ist überfordert, ich könnte bleibende neurologische Schäden davontragen.«
Brianne war Brian juniors Panikattacken im Angesicht neuer Erfahrungen gewohnt. Sie sagte: »Mach deine Primzahlen, Brian, und versuch dich zu entspannen.«
Es gab ein Gewirr aus Lärm und Leuten am Ende des Korridors. Professor Nikitanova schritt in
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