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Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)

Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)

Titel: Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Townsend
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mir leid.« Was macht ein Mann dann?

9
    Nachdem Brian an jenem Abend von der Arbeit zurückgekommen war, erschien er in der Tür zu Evas Schlafzimmer mit einem Becher Tee mit Milch und zwei Vollkornkeksen. Seufzend stellte er den kleinen Teller auf den Nachttisch. Der Tee schwappte über die Kekse, doch er schien gar nicht zu bemerkten, dass sie sofort zu Brei wurden.
    Eva betrachtete ihn mit neuen Augen und versuchte sich ihn mit einer fremden Frau namens Titania im Bett vorzustellen. Ob er dieselbe Technik anwendete wie ein Mal wöchentlich mit Eva – ein bisschen Rückenstreicheln und Nippelzwirbeln? Ob er Titanias innere Schamlippen mit ihrer Klitoris verwechselte, wie bei Eva? Ob er wenige Sekunden, bevor er ejakulierte, »Komm zu Papa!« rief, wie er es bei ihr immer tat?
    Eva dachte: »Danke, Titania. Ich bin dir wirklich dankbar, dass ich diese wöchentliche Tortur nie wieder über mich ergehen lassen muss.«
    »Warum gehst du rückwärts, Brian?«, lachte sie. »Du siehst aus, als hättest du gerade einen Kranz vor dem Kriegerdenkmal abgelegt.«
    Die Antwort auf Evas Frage war, dass Brian nicht mehr wagte, ihr den Rücken zuzukehren. Sie war nicht mehr die fügsame Frau, die er geheiratet hatte, und er fürchtete ihren Spott – den Finger, den sie ihm hinter seinem Rücken zeigte. Das konnte er nicht zulassen, schon gar nicht nach seiner jüngsten Demütigung bei der Arbeit, als Mrs. Hordern, die Putzfrau, Titania und ihn beim Liebesakt erwischt hatte, in den ein Modell des großen Hadronen-Speicherrings verwickelt war.
    Brian sagte: »Freut mich, dass du es amüsant findest. Ist dir nicht aufgefallen, dass meine Gesundheit leidet? Nicht genug, dass meine Abhandlung über Olympus Mons von Professor Liechtenstein in Verruf gebracht worden ist. Ich bin mit den Nerven am Ende, Eva.«
    »Auf mich wirkst du ganz gesund. Vital, viril … vor Testosteron strotzend.«
    Brian sah seine Frau an. »Viril? Ich bin ausgelaugt. Warum nimmt der Haushalt so viel Zeit in Anspruch?«
    Eva sagte: »Es ist nicht der Haushalt, der dich auslaugt.«
    Sie starrten sich an.
    Schließlich senkte Brian den Blick und sagte: »Ich war fast gar nicht im Schuppen.« Aggressiv fuhr er fort: »Aber jetzt gehe ich. Die Bügelwäsche kann warten.« Er stapfte die Treppen hinunter und verschwand durch die Hintertür.
    Das Haus hatte einen ungewöhnlich großen Garten. Der ursprüngliche Besitzer, ein Mr. Tobias Harold Eddison, hatte die finanziellen Engpässe seiner unmittelbaren Nachbarn nach dem Ersten Weltkrieg ausgenutzt und sie dazu bewogen, ihm nach und nach Land zu verkaufen – bis es für einen kleinen Obstgarten reichte, einen großen Zierfischteich und, für die Zeit ungewöhnlich, ein Baumhaus.
    Brians Schuppen befand sich ganz am Ende des Gartens, verborgen hinter einer Reihe Stechpalmen, die in den Wintermonaten eine üppige Ernte roter Beeren trugen.
    Im Lauf der Jahre hatte Brian im ursprünglichen Schuppen ein Modell des Sonnensystems gebaut – mit verstärkten Trinkstrohhalmen, Tischtennisbällen und allerlei anderen kugelförmigen Objekten, wie das Obst, das er auf dem Markt in Leicester gekauft und mit so vielen Lackschichten überzogen hatte, dass es steinhart war. Jupiter war ein Problem gewesen – andererseits waren Jupiters riesige Dimensionen immer ein Problem. Er hatte versucht, einen abgewandelten Hüpfball zu verwenden, indem er die Griffe abschnitt und die Löcher mit immer stärkerem Kleber flickte, doch Jupiter verlor immer weiter Atmosphärendruck – oder wie normale Menschen es nannten: Luft.
    Brians dreidimensionale Interpretation war allmählich durch ein System aus Computern und Projektionswänden ersetzt worden, die das sichtbare Universum abbilden sollten, doch oft dachte er wehmütig an die Nächte zurück, in denen er seine Planeten bepinselt und dabei Radio 4 gehört hatte.
    Im Space Center gehörte er zu den Gebietern der Armee von Großrechnern und der verschlüsselten Informationen, die sie enthielten. Doch sein Herz gehörte seinem Schuppen. Wie das bekannte Universum sich ausdehnte, so tat es auch Brians Mutterschuppen, der jetzt mit drei unwesentlich kleineren Schuppen verbunden war. Brian hatte Durchgänge und Korridore gebaut und vom Haus ein Stromkabel gelegt. Und vor vier Jahren, als Titania über Rückenschmerzen vom Sex auf einem Computertisch klagte, hatte Brian zwei dicke Sitzkissen angeschafft – rosa für sie, blau für ihn. Diese waren auch ersetzt worden, und zwar von einem

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