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Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)

Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)

Titel: Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Townsend
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schockiert nach Luft, außer Brian. Seine Körpermasse schnellte vom Stuhl hoch, als wäre er aus einer Kanone abgeschossen worden. Er landete an Titanias Seite, während die Bodenbalken noch unter seinem Gewicht ächzten. Hektisch versuchte er, sie aus der Küche zu schieben, doch Titania hielt stand.
    Stanley Crossley, der aufgestanden war, als Titania die Küche betreten hatte, sagte: »Madam, Sie wirken aufgebracht. Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«
    Brian brüllte: »Das ist mein Haus! Ich entscheide, wer hier trinkt!«
    Titania verschränkte die Arme und rührte sich nicht von der Stelle. Sie sagte: »Ich hätte gern einen doppelten Wodka mit Tonic light, eine Zitronenscheibe und eine halbe Handvoll zerstoßenes Eis mit einem rosa Strohhalm, falls Sie einen haben. Danke.«
    Ruby erkundigte sich: »Wer ist diese Person eigentlich?«
    Titania sagte: »Alte Dame, ich bin seit vielen Jahren Dr. Brian Bibers Geliebte.«
    »Geliebte?«, sagte Ruby. Brian gehörte, ebenso wie die Queen, zu den Menschen, die Ruby mit keiner Art von Sexualität in Verbindung bringen konnte.
    Brian blickte sich in seiner Küche um.
    Was war mit seiner Welt passiert? Es schien niemanden mehr darin zu geben, den er mochte. Da waren ein Mann mit verbranntem Gesicht, der Titania – eine Frau, die er einst begehrt hatte – einen Drink mixte, ein kleiner Junge im Ballettröckchen und ein siebenjähriges Mädchen, das seine eigene utilitaristische Philosophie zu praktizieren schien, zwei alte Frauen, die ins Mittelalter gehörten (oder in die fünfziger Jahre), seine Zwillinge, die schlauer waren als er und seiner Geliebten demonstrativ Stühle und Rücken zugewandt hatten, und ein enervierend gebildeter Schwarzer, dessen Haar fast bis zur Taille reichte. Und zum Schluss war da noch eine Ehefrau, die nachdenken musste und sich dabei alle Zeit der Welt ließ.
    War er der einzige normale Homo sapiens, der übrig war? Erwartete das ignorante Volk wirklich, dass es am anderen Ende des Kosmos Wesen wie sich selbst vorfand? Es war höchst unwahrscheinlich, dass irgendein Alien Zettel an den Milchmann schrieb oder Haustierversicherungen abschloss. Kapierten diese Ignoranten denn nicht, dass die Menschen die eigentlichen Aliens waren?
    Er dachte an seine Kindheit zurück, als es um 7.30 Uhr Frühstück gab, um 12.45 Mittagessen und Punkt 18.00 Uhr Abendbrot. Schlafenszeit war um 19.15 Uhr, bis er zwölf war, und um 20.00 Uhr, bis er dreizehn war, danach eine halbe Stunde später. Damals gab es keine Computer, die ihn ablenkten – obwohl er schon davon gelesen hatte. Seine Mutter war mit ihm den ersten Computer in Leicester ansehen gegangen, der in den Büroräumen einer Strumpffabrik stand und zweimal so groß war wie sein Zimmer. Einmal mehr beklagte er die Tatsache, dass er in fünfzig Jahren mit Sicherheit tot war und nicht mehr erleben würde, wie sich Nanotechnologie, Quantenrechner oder das daraus resultierende globale Bewusstsein durchsetzten. Bei seinem hohen Blutdruck konnte er froh sein, wenn er die Marslandung noch erlebte.
    Yvonne sagte mit schneidender Stimme: »Brian!«
    »Ja?«
    »Du tust es schon wieder.«
    »Was denn?«
    »Dieses Stöhnen, das du als Kind gemacht hast, wenn du in den Himmel geguckt hast.«
    Brian räusperte sich hartnäckig, als steckte ihm etwas im Hals.
    Ruby sagte: »Ich weiß, ich bin ein wenig altmodisch, aber bin ich die Einzige, die die ganze Situation skandalös findet?« Sie beäugte Titania. »Zu meiner Zeit, Brian, wärst du vom Ehemann dieser Frau vermöbelt worden. Du hättest froh sein können, wenn er dir nicht die Kniescheiben zertrümmert hätte. Du solltest dich was schämen.«
    Titania sagte energisch: »Brian ist seit Jahren unglücklich in seiner Ehe.« Dann an ihn gewandt: »Ich gehe nach oben und rede mit deiner Frau, Brian.«
    Thomas fragte: »Kann ich mitkommen?«
    Titania gab einen ihrer bellenden Lacher von sich und sagte: »Warum nicht, Bübchen? Du bist nicht zu jung, um mitzukriegen, dass dein Geschlecht per se dumm und grausam ist.«
    Alexander sagte: »Thomas, setz dich hin.«
    Ihren Wodka in der Hand stolzierte Titania aus der Küche und rief: »Eva!«
    »Hier oben!«
    Evas erster Gedanke beim Anblick von Titania war, dass sie in ihrem schwarzen Rock und ihrer weißen Bluse aussah wie eine Bestattungsunternehmerin. Die Haut um ihre Augen war so aufgedunsen, dass sie entweder eine schlimme Allergie haben musste, oder die arme Frau hatte sehr viel geweint.
    Titania sagte:

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