Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)
Enttäuschung zu sehen, wenn sie begreifen, in was für einer Welt sie leben.«
Alexander sagte: »So ist das Leben, aber die Welt ist trotzdem fantastisch. Wenn du heute Morgen gesehen hättest, wie die Sonne auf den Schnee schien … und die Bäume, von denen das Eis tropfte wie silberner Regen …«
Eva sagte: »Tut mir leid.«
»Darf ich mich neben dich legen?«
»Auf die Decke.«
Er zog seine nassen Stiefel aus und stellte sie auf die Heizung. Dann legte er sich neben sie.
Das Licht war aus, und die Sonne war untergegangen, doch der leuchtende Schnee draußen erhellte die Umrisse des Zimmers. Sie hielten sich an den Händen und blickten an die Decke. Sie redeten über verflossene Liebhaber, über seine verstorbene Ehefrau und ihren aktuellen Ehemann. Das Zimmer war warm und das Licht gedämpft, und schon bald lagen sie schlafend nebeneinander wie zwei Marmorstatuen.
Als Brianne, nachdem sie ihren Geschenkgutschein für ein gebundenes Skizzenbuch für Alexander eingelöst hatte, zurückkehrte, stieß sie Evas Tür auf und sah, dass ihre Mutter auf der Bettdecke eingeschlafen war.
Auf dem Kissen lag ein Zettel. Sie nahm ihn mit auf den Flur, um ihn zu lesen. Er war von Alexander. Darauf stand:
Liebste Eva ,
heute war einer der schönsten Tage meines Lebens. Der Schnee war märchenhaft, und als ich heute Nachmittag neben dir lag, war ich so glücklich wie seit vielen Jahren nicht.
Wir lieben uns, das weiß ich genau. Aber ich werde dich in Ruhe lassen.
Warum tut Liebe immer so weh?
Alex
Brianne nahm den Zettel mit in ihr Zimmer, zerriss ihn in kleine Schnipsel und versteckte die Fragmente in einer leeren Chipstüte, die sie aus dem Papierkorb fischte.
40
Brian und Titania nahmen nach einer langen Sternengucker-Session ein spätes Abendbrot zu sich. Die Bedingungen waren perfekt, und sie hatten Wunder über Wunder im kalten wolkenlosen Himmel entdeckt. Sie waren immer noch jedes Mal ergriffen von der Realität dessen, was man durch ein echtes Teleskop sah. Die Computerbildschirme im Institut wurden der wahren Schönheit des Universums nicht gerecht.
Auf einem kalten Lammkotelett kauend sagte Brian: »Du warst heute Abend ganz wundervoll, Tit. Du hast meistens den Mund gehalten, und du hast diesen veränderlichen Stern entdeckt, der mit ziemlicher Sicherheit noch nicht erfasst ist.«
Titania pickte mit der Gabel eine Olive aus dem Glas. Sie konnte sich nicht erinnern, je so glücklich gewesen zu sein. Sie wollte, dass Brian vorankam und große Dinge vollbrachte. Er ging vollkommen in seiner Arbeit auf. Titania hatte das Gefühl, dass Eva ihn in der Vergangenheit gebremst hatte, weil sie erwartete, dass er sich an der Kindererziehung beteiligte. Nur wegen Eva hatte der arme Brian sein Buch Erdnahe Objekte nicht beenden können. Hatte Mrs. Churchill etwa darauf bestanden, dass ihr Mann den Tisch deckte, bevor er sich um den Krieg kümmerte?
Sie streckte eine Hand aus.
Brian sagte: »Was?«
Titania flüsterte: »Halt meine Hand.«
Brian ermahnte sie: »Ich sollte dich warnen, Tit, dass ich zur Hälfte immer noch meine Frau liebe.«
Titania zog ihre Hand zurück. »Heißt das, du liebst mich nur zur Hälfte?«
Brian sagte: »Seit über zwanzig Jahren haben sich meine Synapsen an ein Leben mit Eva Biber angepasst. Du musst ihnen eine Chance geben, sich auf dich einzustellen, Tit.«
Titania dachte: »Ich werde dafür sorgen, dass er mich liebt. Ich werde ihm die perfekte Geliebte, Kollegin und Freundin sein. Ich werde ihm sogar seine Scheißhemden bügeln.«
Später, als sie im Bett lagen und über ihre Kindheitserinnerungen sprachen und ihre erste bewusste Wahrnehmung der Sterne, sagte Brian: »Ich war sieben und lag auf dem Rücken im Garten meiner Großmutter in Derbyshire. Es dämmerte und die Sterne erschienen, quasi einer nach dem anderen. Dann wandelte sich der Himmel langsam von dunkelblau zu schwarz, bis die Sterne zu funkeln schienen. Am nächsten Tag in der Schule, fragte ich Mrs. Perkins, was sie am Himmel hielt. Warum fielen sie nicht herunter? Sie hat mir erklärt, es seien alles Sonnen und dass sie etwas namens Schwerkraft oben hielte. Da fing ich zum ersten Mal an zu träumen. Nach Schulschluss gab sie mir ein Buch mit, das Was-ist-was-Buch Die Sterne. Ich hab’s immer noch. Und ich will damit beerdigt werden – im Death Valley in Nevada.«
»Wegen des Seeings?«, fragte Titania. Sie wurde belohnt, indem Brian seinen Arm um ihre kräftigen Schultern legte und ihre rechte Brust
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