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Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)

Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)

Titel: Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Townsend
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besuchen durfte, erkannte sie Jill erst nicht wieder. Sie saß auf einem Plastikstuhl in einem nichtssagenden Raum und wiegte sich leicht vor und zurück. Die anderen Patienten machten Eva Angst. Die Lautstärke des Fernsehers war unerträglich.
    »Das ist ein Irrenhaus«, dachte sie. »Das ist wirklich ein Irrenhaus.« Während sie über das Anstaltsgelände ging, dachte sie: »Ich wäre lieber tot, als an einem Ort wie diesem eingesperrt.«
    Jahre später hatte sie eine Amateurproduktion der Fakultät von Marat/Sade gesehen. Brian hatte einen sehr überzeugenden Irren abgegeben. Noch Wochen danach hatte sie der Gedanke verfolgt, dass der Wahnsinn hinter jeder Ecke lauerte und nur darauf wartete, im Schlaf in deinen Kopf zu kriechen und dich zu verschlingen.
    Eva schlief ein Weilchen. Als sie aufwachte, sah sie zu ihrer Überraschung Julie, ihre Nachbarin, auf dem Sessel sitzen.
    Julie sagte: »Ich habe dir beim Schlafen zugesehen, du hast geschnarcht. Ich wollte dir ein frohes, neues Jahr wünschen – und ich wollte aus dem Irrenhaus da drüben rauskommen. Sie haben jeden Respekt vor mir verloren. Wir haben ein Vermögen für ihre Weihnachtsgeschenke ausgegeben. Steve hat jedem der großen Jungs eine Playstation gekauft, und Scott einen Fernseher, damit er vor dem Einschlafen seine Cartoons sehen kann. Sie haben alle einen großen Sack vom Weihnachtsmann bekommen, voll mit Spielsachen, und die Hälfte davon ist schon kaputt. Steve kann es kaum erwarten, wieder zur Arbeit zu gehen, und ich auch nicht.«
    Eva, die der Hunger gereizt machte, sagte: »Um Himmels willen, Julie, wenn sie nerven, konfiszierst du einfach ihre blöden Playstations! Schließ sie weg, bis sie gelernt haben, sich zu benehmen. Und erinnere Steve daran, dass er erwachsen ist. Dieser bettelnde Tonfall funktioniert bei Kindern nicht. Kann er überhaupt laut werden?«
    »Nur wenn er im Fernsehen Fußball sieht.«
    Eva sagte: »Du und Steve, ihr habt Angst, sie zu erziehen, weil ihr glaubt, dass sie euch dann nicht mehr lieb haben.« Dann brüllte sie: »Ihr irrt euch!«
    Julie sprang auf und wedelte mit ihrer Hand vor ihrem Gesicht herum, als müsse sie sich Luft zufächeln.
    Es tat Eva leid, dass sie so laut geschrien hatte, und keiner der beiden, wusste, was er als Nächstes sagen sollte.
    Julie warf einen kritischen Blick auf Evas Haar. »Soll ich dir die Spitzen schneiden und den Ansatz nachfärben?«
    »Wenn die Jungs wieder in der Schule sind, ja? Tut mir leid, dass ich dich angeschrien habe, Julie, aber ich bin so hungrig. Könntest du mir bitte etwas zu essen holen? Die vergessen ständig, dass ich hier bin.«
    »Entweder das, oder sie versuchen, dich auszuhungern«, sagte Julie.
    Nachdem Julie in ihren anarchischen Haushalt zurückgekehrt war, verspürte Eva einen Anflug von Selbstmitleid und wünschte fast, sie wäre unten am Buffet. Sie hörte Brian rufen: »›Brown Sugar‹! Na los, Titania.«
    Als die Musik begann, stellte sie sich vor, wie sie in der Küche zu den Rolling Stones tanzten und laut mitsangen.

39
    Es war Neujahr. Brian und Titania hatten fast den ganzen Nachmittag im Bett verbracht. Brian hatte um 14.15 Uhr Viagra eingenommen und war unermüdlich.
    Hin und wieder stöhnte Titania: »OMG!« Doch in Wahrheit hatte sie genug. Brian hatte die meisten ihrer Körperöffnungen gründlich erforscht, und sie freute sich, dass er sich zu amüsieren schien, aber sie hatte noch jede Menge zu tun, jede Menge Leute zu besuchen. Gedankenverloren trommelte sie mit den Fingern auf seinem Rücken. Doch das spornte ihn nur an, und ehe sie sich’s versah, hatte er sie auf den Kopf gestellt, so dass sie fast in den Entendaunenkissen erstickt wäre. Sie rang nach Luft. »OMG!«, schrie sie. »Willst du mich umbringen?«
    Brian hielt inne, um für einige Augenblicke Atem zu schöpfen, und sagte: »Hör mal, Titania, kannst du nicht wie früher ›Omeingott!‹ sagen? OMG törnt mich nicht an.«
    Titania, noch immer kopfüber, die Beine an der Wand, sagte: »Wir sind wie zwei aneinandergekettete Wasserbüffel, die im Kreis laufen. Wie viel Viagra hast du genommen?«
    »Zwei«, sagte Brian.
    »Eine hätte gereicht«, beschwerte sich Titania. »Ich hätte schon längst mit dem Bügeln fertig sein können.«
    Mit schier übermenschlicher Anstrengung beschwor Brian Bilder herauf, die ihm stets gute Dienste geleistet hatten: der Ausschnitt von Miss Fox, die ihn am Kardinal-Wolsey-Gymnasium in Physik unterrichtet hatte; Französinnen, die oben

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